Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.praktische Bedürfnisse des deutschen Schülers und Geschäftsmanns geschrieben Man sehe sich einmal die thatsächlichen Verhältnisse an, welche bei Ver¬ praktische Bedürfnisse des deutschen Schülers und Geschäftsmanns geschrieben Man sehe sich einmal die thatsächlichen Verhältnisse an, welche bei Ver¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0381" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105658"/> <p xml:id="ID_994" prev="#ID_993"> praktische Bedürfnisse des deutschen Schülers und Geschäftsmanns geschrieben<lb/> — und eine Seenation sind wir Deutsche noch immer nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_995" next="#ID_996"> Man sehe sich einmal die thatsächlichen Verhältnisse an, welche bei Ver¬<lb/> sicherung eines Schiffs in Betracht kämmen müssen. Natürlich denkt man zu¬<lb/> nächst dabei an die Gefahren, welchen ein beladenes Schiff auf der hohen<lb/> See durch Wind und Wetter ausgesetzt ist. Allerdings ist dies die haupt¬<lb/> sächlichste Gefahr, aber sie tritt nicht immer in derselben Gestalt auf und ist<lb/> auch nicht die einzige. Die Heimath eines Seeschiffes ist das große Meer,<lb/> Länder aller Zonen und der verschiedensten Stämme bespülend. Alle Kunst<lb/> des Schiffers, die auf Erreichung eines bestimmten Hafens gerichtet ist, ver¬<lb/> mag ihn unter Umständen nicht davor zu bewahren, daß er einen andern Platz,<lb/> den sogenannten Nothhafen aufsuche» und dort mehr oder minder lange Zeit<lb/> verweilen muß, je nachdem sein Schiff der Reparaturen bedarf. Ueberhaupt,<lb/> und das ist der größte Gegensatz zu den Landversicherungen, Schiff und Schiffer<lb/> haben es zugleich mit verschiedenen Völkern und verschiedenen Gesetzgebungen<lb/> zu thun, und wie sehr diese letztern auch i» ihren allgemeinen Grundzügen<lb/> übereinstimmen mögen, was bei den Völkern europäischer Bildung allerdings<lb/> der Fall ist, so machen sich doch in vielen Einzelheiten mehr als billig das<lb/> Interesse und üble Angewohnheiten geltend.. Wenn ein Haus abbrennt, wenn<lb/> Hagel ein Feld vernichtet, so wußte der Uebernehmer der Gefahr (der Ver¬<lb/> hinderer) ganz genan vorher, mit welchen Behörden er zu thun haben wird,<lb/> und nicht minder genau der Versicherte, welche Gesetze ihn in seinen Ansprüchen<lb/> schützen, wenigstens kann dies als die Regel augesehen werden; anders aber<lb/> bei einem Seeschaden der Schiffer und dessen Verhinderer, da sich ja eben<lb/> der Ort des Unfalls und der auszusuchende Hafen nicht vorher bestimmen<lb/> läßt. Nach einer bestimmten Beziehung gereicht dieser Umstand sogar zum<lb/> besondern Nachtheil des Versicherers. Ein zu dessen Lasten fallender Unglücks-<lb/> fall auf dem Lande ist nach Art und Umfang meist rasch und genau genug<lb/> festzustellen, und gewähren Agenten und Ortsbehbrden stets die nöthige Unter¬<lb/> stützung; auf der See dagegen ist bei jedem außerordentlichen Ereignis; nnr<lb/> Schiffer und Schiffsvolk gegenwärtig und jede außerordentliche Maßregel kaun<lb/> nur von ihnen, hauptsächlich vom Schiffer ergriffen werden, So ist es min¬<lb/> destens heutzutage; vor Zeiten schiffte sich der Cargadenr, der Befrachter,<lb/> oder ein Bevollmächtigter in dessen Namen mit ein, um die kostbaren Güter,<lb/> die er verladen, womöglich nirgend aus seinen Augen zu verlieren; aber grade<lb/> seitdem die Versicherungen so allgemein geworden sind, seitdem aber auch der<lb/> Handel mehr und mehr den Charakter des Abenteuernden verloren, hat<lb/> diese auch in mancher andern Beziehung etwas bedenkliche Einrichtung meist<lb/> aufgehört. Und wenn nun der Schiffer in einen fremden, namentlich in einen<lb/> Nothhafen einläuft, dann drängen sich in Sphären, wohin die Macht, der</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0381]
praktische Bedürfnisse des deutschen Schülers und Geschäftsmanns geschrieben
— und eine Seenation sind wir Deutsche noch immer nicht.
Man sehe sich einmal die thatsächlichen Verhältnisse an, welche bei Ver¬
sicherung eines Schiffs in Betracht kämmen müssen. Natürlich denkt man zu¬
nächst dabei an die Gefahren, welchen ein beladenes Schiff auf der hohen
See durch Wind und Wetter ausgesetzt ist. Allerdings ist dies die haupt¬
sächlichste Gefahr, aber sie tritt nicht immer in derselben Gestalt auf und ist
auch nicht die einzige. Die Heimath eines Seeschiffes ist das große Meer,
Länder aller Zonen und der verschiedensten Stämme bespülend. Alle Kunst
des Schiffers, die auf Erreichung eines bestimmten Hafens gerichtet ist, ver¬
mag ihn unter Umständen nicht davor zu bewahren, daß er einen andern Platz,
den sogenannten Nothhafen aufsuche» und dort mehr oder minder lange Zeit
verweilen muß, je nachdem sein Schiff der Reparaturen bedarf. Ueberhaupt,
und das ist der größte Gegensatz zu den Landversicherungen, Schiff und Schiffer
haben es zugleich mit verschiedenen Völkern und verschiedenen Gesetzgebungen
zu thun, und wie sehr diese letztern auch i» ihren allgemeinen Grundzügen
übereinstimmen mögen, was bei den Völkern europäischer Bildung allerdings
der Fall ist, so machen sich doch in vielen Einzelheiten mehr als billig das
Interesse und üble Angewohnheiten geltend.. Wenn ein Haus abbrennt, wenn
Hagel ein Feld vernichtet, so wußte der Uebernehmer der Gefahr (der Ver¬
hinderer) ganz genan vorher, mit welchen Behörden er zu thun haben wird,
und nicht minder genau der Versicherte, welche Gesetze ihn in seinen Ansprüchen
schützen, wenigstens kann dies als die Regel augesehen werden; anders aber
bei einem Seeschaden der Schiffer und dessen Verhinderer, da sich ja eben
der Ort des Unfalls und der auszusuchende Hafen nicht vorher bestimmen
läßt. Nach einer bestimmten Beziehung gereicht dieser Umstand sogar zum
besondern Nachtheil des Versicherers. Ein zu dessen Lasten fallender Unglücks-
fall auf dem Lande ist nach Art und Umfang meist rasch und genau genug
festzustellen, und gewähren Agenten und Ortsbehbrden stets die nöthige Unter¬
stützung; auf der See dagegen ist bei jedem außerordentlichen Ereignis; nnr
Schiffer und Schiffsvolk gegenwärtig und jede außerordentliche Maßregel kaun
nur von ihnen, hauptsächlich vom Schiffer ergriffen werden, So ist es min¬
destens heutzutage; vor Zeiten schiffte sich der Cargadenr, der Befrachter,
oder ein Bevollmächtigter in dessen Namen mit ein, um die kostbaren Güter,
die er verladen, womöglich nirgend aus seinen Augen zu verlieren; aber grade
seitdem die Versicherungen so allgemein geworden sind, seitdem aber auch der
Handel mehr und mehr den Charakter des Abenteuernden verloren, hat
diese auch in mancher andern Beziehung etwas bedenkliche Einrichtung meist
aufgehört. Und wenn nun der Schiffer in einen fremden, namentlich in einen
Nothhafen einläuft, dann drängen sich in Sphären, wohin die Macht, der
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