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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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Beschluß erhoben, aber der hannoversche Antrag, der zu Weiteren hätte führen
können, ist vorläufig bei Seite geschoben, und der herzogliche Bundestags¬
gesandte hat die Beschwerden Lauenburgs für unbegründet erklärt; man sieht
eine Reihe neuer unerquicklicher und unersprießlicher Hin- und Herverhandlungen
voraus, in denen Dänemark nicht nachgeben wird, weil doch die ultirrm ratio,
die nöthigen Zwangsmaßregeln fehlen werden. Dennoch haben die Bundes-
tagssitzungcn, in denen über die Angelegenheit der Herzogthümer berathen
wird, ihre große Bedeutung, sie halten das Interesse sür die Sache wach oder
tragen doch wenigstens dazu bei, und sie gewöhnen das Ausland daran, die
Frage als rein deutsche von der obersten deutschen Behörde behandelt zu sehen.
Außerdem, wenn die Erklärungen des Bundestages auch Dänemarks Trotz
nicht brechen, so vermehren sie doch seine Verlegenheiten in hohem Grade,
je mehr der Bund in seinen Aeußerungen eine übergroße Milde und Sanft¬
muth zeigt, desto weniger Vorwand findet das kopenhagner Cabinet, die Ein¬
mischung nichtdeutscher Großmächte anzurufen. Hat man doch sogar das
Erstaunliche gesehen, daß die officielle Petersburger Zeitung viel weiter in
ihren Vorwürfen gegen Dänemark ging als das Organ der deutschen Nation,
und während letzteres ängstlich vermied, den Namen Schleswigs auszusprechen,
den Dänen ernstlich die Ungesetzlichkeit der Versuche, dies Herzogthum einzu¬
verleiben, vorhielt. Das russische Cabinet hat durch den merkwürdigen
Art. dieses Blattes vom 29. Januar Deutschland den Weg gezeigt, den es
vorläufig einschlagen kann, ohne ein"; Einmischung des Auslandes zu befürchten,
und dieser Weg geht über das bisher in Frankfurt verfolgte Ziel hinaus.
Nachdem die Petersburger Zeitung anerkannt hat, daß das londoner Protokoll
nur die Erbfolge und damit lediglich das personelle Verhältniß des Regenten¬
hauses zu den Herzogthümern. ohne die Realverhältnisse zu berühren, festgesetzt
habe, zeigt sie, daß obwol die administrative und gerichtliche Vereinigung
Schleswigs und Holsteins aufgehört habe, die beiden Lande nichts desto
weniger gemeinsame Beziehungen erhalten und ihre Selbstständigkeit und
Gleichberechtigung mit den andern Theilen der Monarchie auch durch die
neuesten Verträge unangetastet geblieben ist. Der Zusammenhang der beiden
Herzogthümer findet aber vorläufig seinen wesentlichen positiven Ausdruck in
gewissen gemeinsamen, nichtpolitischen Institutionen wovon, die kieler Universität
die bedeutendste ist. Die Gerechtsame desselben aber sind von Dünemark gröb¬
lich verletzt, diese Privilegien wurden, wie das russische Blatt hervorhebt, völker¬
rechtlich festgesetzt durch den Vertrag vom 11. (23.) April 1767 zwischen der
kaiserlich russischen Krone einerseits und der königlich dänischen Krone andrer¬
seits, betreffend die Abtretung des vormals großfürstlichen Antheils von Hol¬
stein. Darin verpflichtet sich die dänische Regierung "die Akademie zu Kiel
zu conserviren, auch bei ihren habenden xrivilvZiis zu schützen." Zu diesen


Beschluß erhoben, aber der hannoversche Antrag, der zu Weiteren hätte führen
können, ist vorläufig bei Seite geschoben, und der herzogliche Bundestags¬
gesandte hat die Beschwerden Lauenburgs für unbegründet erklärt; man sieht
eine Reihe neuer unerquicklicher und unersprießlicher Hin- und Herverhandlungen
voraus, in denen Dänemark nicht nachgeben wird, weil doch die ultirrm ratio,
die nöthigen Zwangsmaßregeln fehlen werden. Dennoch haben die Bundes-
tagssitzungcn, in denen über die Angelegenheit der Herzogthümer berathen
wird, ihre große Bedeutung, sie halten das Interesse sür die Sache wach oder
tragen doch wenigstens dazu bei, und sie gewöhnen das Ausland daran, die
Frage als rein deutsche von der obersten deutschen Behörde behandelt zu sehen.
Außerdem, wenn die Erklärungen des Bundestages auch Dänemarks Trotz
nicht brechen, so vermehren sie doch seine Verlegenheiten in hohem Grade,
je mehr der Bund in seinen Aeußerungen eine übergroße Milde und Sanft¬
muth zeigt, desto weniger Vorwand findet das kopenhagner Cabinet, die Ein¬
mischung nichtdeutscher Großmächte anzurufen. Hat man doch sogar das
Erstaunliche gesehen, daß die officielle Petersburger Zeitung viel weiter in
ihren Vorwürfen gegen Dänemark ging als das Organ der deutschen Nation,
und während letzteres ängstlich vermied, den Namen Schleswigs auszusprechen,
den Dänen ernstlich die Ungesetzlichkeit der Versuche, dies Herzogthum einzu¬
verleiben, vorhielt. Das russische Cabinet hat durch den merkwürdigen
Art. dieses Blattes vom 29. Januar Deutschland den Weg gezeigt, den es
vorläufig einschlagen kann, ohne ein«; Einmischung des Auslandes zu befürchten,
und dieser Weg geht über das bisher in Frankfurt verfolgte Ziel hinaus.
Nachdem die Petersburger Zeitung anerkannt hat, daß das londoner Protokoll
nur die Erbfolge und damit lediglich das personelle Verhältniß des Regenten¬
hauses zu den Herzogthümern. ohne die Realverhältnisse zu berühren, festgesetzt
habe, zeigt sie, daß obwol die administrative und gerichtliche Vereinigung
Schleswigs und Holsteins aufgehört habe, die beiden Lande nichts desto
weniger gemeinsame Beziehungen erhalten und ihre Selbstständigkeit und
Gleichberechtigung mit den andern Theilen der Monarchie auch durch die
neuesten Verträge unangetastet geblieben ist. Der Zusammenhang der beiden
Herzogthümer findet aber vorläufig seinen wesentlichen positiven Ausdruck in
gewissen gemeinsamen, nichtpolitischen Institutionen wovon, die kieler Universität
die bedeutendste ist. Die Gerechtsame desselben aber sind von Dünemark gröb¬
lich verletzt, diese Privilegien wurden, wie das russische Blatt hervorhebt, völker¬
rechtlich festgesetzt durch den Vertrag vom 11. (23.) April 1767 zwischen der
kaiserlich russischen Krone einerseits und der königlich dänischen Krone andrer¬
seits, betreffend die Abtretung des vormals großfürstlichen Antheils von Hol¬
stein. Darin verpflichtet sich die dänische Regierung „die Akademie zu Kiel
zu conserviren, auch bei ihren habenden xrivilvZiis zu schützen." Zu diesen


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[0338] Beschluß erhoben, aber der hannoversche Antrag, der zu Weiteren hätte führen können, ist vorläufig bei Seite geschoben, und der herzogliche Bundestags¬ gesandte hat die Beschwerden Lauenburgs für unbegründet erklärt; man sieht eine Reihe neuer unerquicklicher und unersprießlicher Hin- und Herverhandlungen voraus, in denen Dänemark nicht nachgeben wird, weil doch die ultirrm ratio, die nöthigen Zwangsmaßregeln fehlen werden. Dennoch haben die Bundes- tagssitzungcn, in denen über die Angelegenheit der Herzogthümer berathen wird, ihre große Bedeutung, sie halten das Interesse sür die Sache wach oder tragen doch wenigstens dazu bei, und sie gewöhnen das Ausland daran, die Frage als rein deutsche von der obersten deutschen Behörde behandelt zu sehen. Außerdem, wenn die Erklärungen des Bundestages auch Dänemarks Trotz nicht brechen, so vermehren sie doch seine Verlegenheiten in hohem Grade, je mehr der Bund in seinen Aeußerungen eine übergroße Milde und Sanft¬ muth zeigt, desto weniger Vorwand findet das kopenhagner Cabinet, die Ein¬ mischung nichtdeutscher Großmächte anzurufen. Hat man doch sogar das Erstaunliche gesehen, daß die officielle Petersburger Zeitung viel weiter in ihren Vorwürfen gegen Dänemark ging als das Organ der deutschen Nation, und während letzteres ängstlich vermied, den Namen Schleswigs auszusprechen, den Dänen ernstlich die Ungesetzlichkeit der Versuche, dies Herzogthum einzu¬ verleiben, vorhielt. Das russische Cabinet hat durch den merkwürdigen Art. dieses Blattes vom 29. Januar Deutschland den Weg gezeigt, den es vorläufig einschlagen kann, ohne ein«; Einmischung des Auslandes zu befürchten, und dieser Weg geht über das bisher in Frankfurt verfolgte Ziel hinaus. Nachdem die Petersburger Zeitung anerkannt hat, daß das londoner Protokoll nur die Erbfolge und damit lediglich das personelle Verhältniß des Regenten¬ hauses zu den Herzogthümern. ohne die Realverhältnisse zu berühren, festgesetzt habe, zeigt sie, daß obwol die administrative und gerichtliche Vereinigung Schleswigs und Holsteins aufgehört habe, die beiden Lande nichts desto weniger gemeinsame Beziehungen erhalten und ihre Selbstständigkeit und Gleichberechtigung mit den andern Theilen der Monarchie auch durch die neuesten Verträge unangetastet geblieben ist. Der Zusammenhang der beiden Herzogthümer findet aber vorläufig seinen wesentlichen positiven Ausdruck in gewissen gemeinsamen, nichtpolitischen Institutionen wovon, die kieler Universität die bedeutendste ist. Die Gerechtsame desselben aber sind von Dünemark gröb¬ lich verletzt, diese Privilegien wurden, wie das russische Blatt hervorhebt, völker¬ rechtlich festgesetzt durch den Vertrag vom 11. (23.) April 1767 zwischen der kaiserlich russischen Krone einerseits und der königlich dänischen Krone andrer¬ seits, betreffend die Abtretung des vormals großfürstlichen Antheils von Hol¬ stein. Darin verpflichtet sich die dänische Regierung „die Akademie zu Kiel zu conserviren, auch bei ihren habenden xrivilvZiis zu schützen." Zu diesen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/338>, abgerufen am 22.12.2024.