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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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Hof vor dein jungen Paare vorbei, das vom ersten Stock aus zuschaute; erst
um 5 Uhr war die Procession beendet. Am Abend entfaltete sich eine glän¬
zende Illumination, wie Berlin sie seit langer Zeit nicht gesehen hat,
leider war, theils wol durch den Wind, die Beleuchtung des Friedrichdenkmals
ebenso sehr verfehlt, als die elektrische Verklärung des brandenburger Thores,
wo grade die Victoria ganz im Dunkel blieb, ein Dutzend bengalische Flam¬
men hätten besser gewirkt. Sonst aber strahlten die Linden und die Wilhelm¬
straße in reichem Glänze, die Hütels der französischen, sächsischen, östreichi¬
schen, und namentlich der englischen und türkischen Gesandtschaft, das Marine¬
ministerium, das Rathhaus, und vorzüglich die Hoflieferanten hatten sich
selbst überboten. Unter letztern zeigten der Hoftapezier Hiltl und der neu¬
ernannte Hofjuwelier der Prinzeß Friedrich Wilhelm eine, süperbe Geschmack¬
losigkeit; letzterer hatte, um seine Dankbarkeit zur Schau zu stellen, seine ganze
Fayade mit rosa Kattun drapirt. Gegen 10 Uhr machte das prinzliche Paar
eine Rundfahrt durch die Stadt, die Erleuchtung in Augenschein zu nehmen.
Wir erwähnen von diesem ersten Tage nur noch, daß an der königlichen Tafel
im weißen Saale der Prinz von Preußen zwei Toaste ausbrachte, den ersten
auf die Majestäten von England und Preußen, den zweiten auf das hohe
neuvermählte Paar, und auf die glückliche Allianz zwischen Preußen
und Großbritannien.

Am Dienstag, den 9. Febr., fand im Schlosse die Beglückwünschung der
Stadt und die Uebergabe ihrer Geschenke statt. Nach alter Sitte sollten weih¬
gekleidete Jungfrauen das fürstliche Paar mit eurem Gedichte beim Einzug
begrüßen, aber in Rücksicht ans die Ungunst der Jahreszeit hatte der Prinz
Friedrich Wilhelm selbst gebeten, diese Begrüßung in das Schloß zu verlegen,
die Schar der Jungfrauen, geleitet von Ehrenmüttern und Cavalieren, erschien
demnach um 11 Uhr vor dem jungen Paare, gleichzeitig eine Deputation der
Stadt aus Mitgliedern des Magistrats und der Stadtverordneten bestehend;
nachdem Fräulein Krausnick mit einigen Versen das kalligraphisch und male¬
risch prächtig verzierte Festgedicht übergeben und Fräulein Naunyn eine poetische
Ansprache an den Prinzen gehalten, welche schloß:


Und alles sage dir dies eine Wort:
Laß reisen, Herr, was deine Väter sa'den;

führte der Oberbürgermeister Krausnick das Festpaar zu den Geschenken, welche im
Hintergrunde des Saales aufgestellt waren, und, man muß es gestehen, einer gro¬
ßen Residenzstadt würdig sind. Das Mittelstück bildet eine Vase mit Plateau auf
einem Tische, an beiden Seiten steht ein großer Kandelaber, das Ganze ist aus
gediegnem Silber im reichen Renaissancestil gearbeitet. Das Untergestell des
Tisches, "4 Zoll hoch, bietet das Motiv des antiken Dreifußes mit prächtigen und


Hof vor dein jungen Paare vorbei, das vom ersten Stock aus zuschaute; erst
um 5 Uhr war die Procession beendet. Am Abend entfaltete sich eine glän¬
zende Illumination, wie Berlin sie seit langer Zeit nicht gesehen hat,
leider war, theils wol durch den Wind, die Beleuchtung des Friedrichdenkmals
ebenso sehr verfehlt, als die elektrische Verklärung des brandenburger Thores,
wo grade die Victoria ganz im Dunkel blieb, ein Dutzend bengalische Flam¬
men hätten besser gewirkt. Sonst aber strahlten die Linden und die Wilhelm¬
straße in reichem Glänze, die Hütels der französischen, sächsischen, östreichi¬
schen, und namentlich der englischen und türkischen Gesandtschaft, das Marine¬
ministerium, das Rathhaus, und vorzüglich die Hoflieferanten hatten sich
selbst überboten. Unter letztern zeigten der Hoftapezier Hiltl und der neu¬
ernannte Hofjuwelier der Prinzeß Friedrich Wilhelm eine, süperbe Geschmack¬
losigkeit; letzterer hatte, um seine Dankbarkeit zur Schau zu stellen, seine ganze
Fayade mit rosa Kattun drapirt. Gegen 10 Uhr machte das prinzliche Paar
eine Rundfahrt durch die Stadt, die Erleuchtung in Augenschein zu nehmen.
Wir erwähnen von diesem ersten Tage nur noch, daß an der königlichen Tafel
im weißen Saale der Prinz von Preußen zwei Toaste ausbrachte, den ersten
auf die Majestäten von England und Preußen, den zweiten auf das hohe
neuvermählte Paar, und auf die glückliche Allianz zwischen Preußen
und Großbritannien.

Am Dienstag, den 9. Febr., fand im Schlosse die Beglückwünschung der
Stadt und die Uebergabe ihrer Geschenke statt. Nach alter Sitte sollten weih¬
gekleidete Jungfrauen das fürstliche Paar mit eurem Gedichte beim Einzug
begrüßen, aber in Rücksicht ans die Ungunst der Jahreszeit hatte der Prinz
Friedrich Wilhelm selbst gebeten, diese Begrüßung in das Schloß zu verlegen,
die Schar der Jungfrauen, geleitet von Ehrenmüttern und Cavalieren, erschien
demnach um 11 Uhr vor dem jungen Paare, gleichzeitig eine Deputation der
Stadt aus Mitgliedern des Magistrats und der Stadtverordneten bestehend;
nachdem Fräulein Krausnick mit einigen Versen das kalligraphisch und male¬
risch prächtig verzierte Festgedicht übergeben und Fräulein Naunyn eine poetische
Ansprache an den Prinzen gehalten, welche schloß:


Und alles sage dir dies eine Wort:
Laß reisen, Herr, was deine Väter sa'den;

führte der Oberbürgermeister Krausnick das Festpaar zu den Geschenken, welche im
Hintergrunde des Saales aufgestellt waren, und, man muß es gestehen, einer gro¬
ßen Residenzstadt würdig sind. Das Mittelstück bildet eine Vase mit Plateau auf
einem Tische, an beiden Seiten steht ein großer Kandelaber, das Ganze ist aus
gediegnem Silber im reichen Renaissancestil gearbeitet. Das Untergestell des
Tisches, »4 Zoll hoch, bietet das Motiv des antiken Dreifußes mit prächtigen und


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[0325] Hof vor dein jungen Paare vorbei, das vom ersten Stock aus zuschaute; erst um 5 Uhr war die Procession beendet. Am Abend entfaltete sich eine glän¬ zende Illumination, wie Berlin sie seit langer Zeit nicht gesehen hat, leider war, theils wol durch den Wind, die Beleuchtung des Friedrichdenkmals ebenso sehr verfehlt, als die elektrische Verklärung des brandenburger Thores, wo grade die Victoria ganz im Dunkel blieb, ein Dutzend bengalische Flam¬ men hätten besser gewirkt. Sonst aber strahlten die Linden und die Wilhelm¬ straße in reichem Glänze, die Hütels der französischen, sächsischen, östreichi¬ schen, und namentlich der englischen und türkischen Gesandtschaft, das Marine¬ ministerium, das Rathhaus, und vorzüglich die Hoflieferanten hatten sich selbst überboten. Unter letztern zeigten der Hoftapezier Hiltl und der neu¬ ernannte Hofjuwelier der Prinzeß Friedrich Wilhelm eine, süperbe Geschmack¬ losigkeit; letzterer hatte, um seine Dankbarkeit zur Schau zu stellen, seine ganze Fayade mit rosa Kattun drapirt. Gegen 10 Uhr machte das prinzliche Paar eine Rundfahrt durch die Stadt, die Erleuchtung in Augenschein zu nehmen. Wir erwähnen von diesem ersten Tage nur noch, daß an der königlichen Tafel im weißen Saale der Prinz von Preußen zwei Toaste ausbrachte, den ersten auf die Majestäten von England und Preußen, den zweiten auf das hohe neuvermählte Paar, und auf die glückliche Allianz zwischen Preußen und Großbritannien. Am Dienstag, den 9. Febr., fand im Schlosse die Beglückwünschung der Stadt und die Uebergabe ihrer Geschenke statt. Nach alter Sitte sollten weih¬ gekleidete Jungfrauen das fürstliche Paar mit eurem Gedichte beim Einzug begrüßen, aber in Rücksicht ans die Ungunst der Jahreszeit hatte der Prinz Friedrich Wilhelm selbst gebeten, diese Begrüßung in das Schloß zu verlegen, die Schar der Jungfrauen, geleitet von Ehrenmüttern und Cavalieren, erschien demnach um 11 Uhr vor dem jungen Paare, gleichzeitig eine Deputation der Stadt aus Mitgliedern des Magistrats und der Stadtverordneten bestehend; nachdem Fräulein Krausnick mit einigen Versen das kalligraphisch und male¬ risch prächtig verzierte Festgedicht übergeben und Fräulein Naunyn eine poetische Ansprache an den Prinzen gehalten, welche schloß: Und alles sage dir dies eine Wort: Laß reisen, Herr, was deine Väter sa'den; führte der Oberbürgermeister Krausnick das Festpaar zu den Geschenken, welche im Hintergrunde des Saales aufgestellt waren, und, man muß es gestehen, einer gro¬ ßen Residenzstadt würdig sind. Das Mittelstück bildet eine Vase mit Plateau auf einem Tische, an beiden Seiten steht ein großer Kandelaber, das Ganze ist aus gediegnem Silber im reichen Renaissancestil gearbeitet. Das Untergestell des Tisches, »4 Zoll hoch, bietet das Motiv des antiken Dreifußes mit prächtigen und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/325>, abgerufen am 28.07.2024.