Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.lebendig geworden war. Sie trug zugleich allen großen und mannhaften Der Bau von Königsberg dauert jetzt nahezu 15 Jahre, und seine Es ist hier der Ort, wo auch der Befestigung von Lötzen gedacht werden Aus dem bis dahin Gesagten erhellt, daß Preußen große Anstrengungen lebendig geworden war. Sie trug zugleich allen großen und mannhaften Der Bau von Königsberg dauert jetzt nahezu 15 Jahre, und seine Es ist hier der Ort, wo auch der Befestigung von Lötzen gedacht werden Aus dem bis dahin Gesagten erhellt, daß Preußen große Anstrengungen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0272" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105549"/> <p xml:id="ID_720" prev="#ID_719"> lebendig geworden war. Sie trug zugleich allen großen und mannhaften<lb/> Plänen der Zukunft Rechnung, schuf für einen etwaigen Offensivkrieg wider<lb/> Rußland, der selbstredend nicht von Posen her eingeleitet werden kann, wenn<lb/> man große Resultate in der ersten einleitenden Periode erstrebt, die best¬<lb/> gelegene Ausgangsbasis, und deutete an, daß Preußen nicht nur des Pregels eben¬<lb/> so gewiß sei wie der Warthe, sondern zugleich, daß es auf einen Widerstand<lb/> längs dem Riemen ebensowenig verzichten werde, wie auf den an der<lb/> Weichsel. Mit andern Worten die strategische Sphäre Preußens im Osten wurde<lb/> durch den Bau von Königsberg, wie mittelst eines überraschenden Vorgriffs<lb/> mindestens um die Hälfte erweitert. Zugleich hatte die Anlage die Bedeutung<lb/> eines wohlberechneten Contrecoups wider die großen fortificatorischen Arbeiten<lb/> Rußlands im Königreich Polen, wodurch es seit Niederwerfung des polnischen<lb/> Aufstandes im Jahre 1831 die Mittelwcichsel zu einer großen gegen Preußen<lb/> gewendeten Angriffsbasis einzurichten begonnen hatte. In dieser Hinsicht<lb/> bedeutete Königsberg als Festung so viel als, daß Preußen unter Umständen<lb/> von, den Möglichkeiten der strategischen Lage seiner Ostprovinz Nutzen ziehen,<lb/> und dem wider es aufgerichteten Drohniß dadurch Macht und Bedeutung<lb/> nehmen werde, daß es dasselbe in den Rücken fasse.</p><lb/> <p xml:id="ID_721"> Der Bau von Königsberg dauert jetzt nahezu 15 Jahre, und seine<lb/> Kosten wurden auf Grund eines allgemeinen Voranschlages, der von dem ge¬<lb/> wissenhaften und gewandten General von Prese herrührt, auf 10 Millionen<lb/> Thaler festgestellt.</p><lb/> <p xml:id="ID_722"> Es ist hier der Ort, wo auch der Befestigung von Lötzen gedacht werden<lb/> muß, einer Art strategisch-fortisicatorischen Schraube, die ihren Urheber in dem<lb/> verstorbenen, sonst sehr hoch zu schützenden Kriegsminister Boyen her. Da<lb/> keine bedeutende Straße den Punkt schneidet, oder auch nur in seiner Nähe<lb/> vorübergeht, außerdem kein anderweitiger Umstand ihn wichtig macht, so ist<lb/> nicht zu errathen, was die Anlage bezweckt, es sei denn daß man sie für den<lb/> Fall ausführte, um dereinst, zwischen den großen'Seen'manöorirend, dem<lb/> Feind im Bewegungskriege durch Verschluß eines Desilees in seinem Rücken<lb/> eine große und vernichtende Katastrophe zu bereiten. Ich trete hier nicht mit<lb/> dem Anspruch auf, meine Meinung in diesen Dingen für unantastbar zu halten,<lb/> aber wenn ich behaupte, daß es für Preußen unendlich vortheilhafter wäre,<lb/> wenn die Bastionen von Lötzen anstatt in der Einöde an den masurischen<lb/> Seen bei Wehlau oder Jnsterburg oder am Niemen gelegen wären, so denke<lb/> ich, daß sich dagegen wenig wird einwenden lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_723" next="#ID_724"> Aus dem bis dahin Gesagten erhellt, daß Preußen große Anstrengungen<lb/> gemacht hat, um sich gegen einen überraschenden Einbruch wider die Herz¬<lb/> gegend seiner Staaten zu decken und die weit vorgeschobene transvistulrsche<lb/> Ostprovinz zu schützen, daß aber für den rechten Flügel der Nußland entgegen-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0272]
lebendig geworden war. Sie trug zugleich allen großen und mannhaften
Plänen der Zukunft Rechnung, schuf für einen etwaigen Offensivkrieg wider
Rußland, der selbstredend nicht von Posen her eingeleitet werden kann, wenn
man große Resultate in der ersten einleitenden Periode erstrebt, die best¬
gelegene Ausgangsbasis, und deutete an, daß Preußen nicht nur des Pregels eben¬
so gewiß sei wie der Warthe, sondern zugleich, daß es auf einen Widerstand
längs dem Riemen ebensowenig verzichten werde, wie auf den an der
Weichsel. Mit andern Worten die strategische Sphäre Preußens im Osten wurde
durch den Bau von Königsberg, wie mittelst eines überraschenden Vorgriffs
mindestens um die Hälfte erweitert. Zugleich hatte die Anlage die Bedeutung
eines wohlberechneten Contrecoups wider die großen fortificatorischen Arbeiten
Rußlands im Königreich Polen, wodurch es seit Niederwerfung des polnischen
Aufstandes im Jahre 1831 die Mittelwcichsel zu einer großen gegen Preußen
gewendeten Angriffsbasis einzurichten begonnen hatte. In dieser Hinsicht
bedeutete Königsberg als Festung so viel als, daß Preußen unter Umständen
von, den Möglichkeiten der strategischen Lage seiner Ostprovinz Nutzen ziehen,
und dem wider es aufgerichteten Drohniß dadurch Macht und Bedeutung
nehmen werde, daß es dasselbe in den Rücken fasse.
Der Bau von Königsberg dauert jetzt nahezu 15 Jahre, und seine
Kosten wurden auf Grund eines allgemeinen Voranschlages, der von dem ge¬
wissenhaften und gewandten General von Prese herrührt, auf 10 Millionen
Thaler festgestellt.
Es ist hier der Ort, wo auch der Befestigung von Lötzen gedacht werden
muß, einer Art strategisch-fortisicatorischen Schraube, die ihren Urheber in dem
verstorbenen, sonst sehr hoch zu schützenden Kriegsminister Boyen her. Da
keine bedeutende Straße den Punkt schneidet, oder auch nur in seiner Nähe
vorübergeht, außerdem kein anderweitiger Umstand ihn wichtig macht, so ist
nicht zu errathen, was die Anlage bezweckt, es sei denn daß man sie für den
Fall ausführte, um dereinst, zwischen den großen'Seen'manöorirend, dem
Feind im Bewegungskriege durch Verschluß eines Desilees in seinem Rücken
eine große und vernichtende Katastrophe zu bereiten. Ich trete hier nicht mit
dem Anspruch auf, meine Meinung in diesen Dingen für unantastbar zu halten,
aber wenn ich behaupte, daß es für Preußen unendlich vortheilhafter wäre,
wenn die Bastionen von Lötzen anstatt in der Einöde an den masurischen
Seen bei Wehlau oder Jnsterburg oder am Niemen gelegen wären, so denke
ich, daß sich dagegen wenig wird einwenden lassen.
Aus dem bis dahin Gesagten erhellt, daß Preußen große Anstrengungen
gemacht hat, um sich gegen einen überraschenden Einbruch wider die Herz¬
gegend seiner Staaten zu decken und die weit vorgeschobene transvistulrsche
Ostprovinz zu schützen, daß aber für den rechten Flügel der Nußland entgegen-
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