Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.in England scheint man damit verhältnißmäßig zufrieden-, richtig ist es gewiß, wenn 20*
in England scheint man damit verhältnißmäßig zufrieden-, richtig ist es gewiß, wenn 20*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0163" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105440"/> <p xml:id="ID_368" prev="#ID_367" next="#ID_369"> in England scheint man damit verhältnißmäßig zufrieden-, richtig ist es gewiß, wenn<lb/> gesagt wird, daß, wo zwei Staaten den wichtigsten Artikel eines abgeschlossenen Ver¬<lb/> trages in ganz entgegengesetztem Sinne auffassen, es das Beste ist den Vertrag füllen<lb/> zu lassen und einen neuen zu unterhandeln. Die Geschichte der Differenzen, welche<lb/> recapitulirt wird, wollen wir unsern Lesern ersparen, Buchanan sagt schließlich, daß<lb/> neue Eröffnungen in einem versöhnlichen Geiste von England gemacht seien, schweigt<lb/> aber darüber worin sie bestehen. Wir verdanken es einem günstigen Zufalle davon<lb/> unterrichtet zu sein, England hat die Alternative gestellt, entweder die Differenzen<lb/> der schiedsrichterlichen Entscheidung einer dritten Macht, selbst wenn das Nußland<lb/> wäre, zu unterwerfen, oder einen neue» Vertrag abzuschließen, durch den die<lb/> amerikanische Interpretation des Claytvn-Bulwer - Vertrages mit geringen Mo¬<lb/> difikationen angenommen würde. Letzteres ist selbstverständlich nicht direct aus¬<lb/> gesprochen, aber angedeutet, — Die Bemerkungen des Präsidenten über die Be¬<lb/> ziehungen zu Spanien und seine Beschwerden gegen dieselbe Macht gewinnen<lb/> noch an Bedeutung durch die Stellung, die ihnen unmittelbar nach den freund¬<lb/> lichen Bemerkungen über Frankreich und Nußland gegeben ist und werden wol<lb/> nicht mit Unrecht als Hinweisung auf die künftige Politik in der Cubasrage ge¬<lb/> deutet. Daß die vorige Regierung die Beilegung alter Differenzen mit Spanien<lb/> überall nicht wollte und letzteres gegen die ganze Welt und so anch gegen die<lb/> Vereinigten Staaten durch Saumseligkeit und wunderbares Benehmen fortwährend<lb/> grobe Verstöße begeht, ist nur zu gewiß. Die Sympathien für das madrider Ca-<lb/> binet sind daher, wenn man auch ganz von seiner sonstigen Wirthschaft absieht,<lb/> bei den übrigen Staaten gering/ — Noch wichtiger als der Passus über Spanien<lb/> sind einige sehr unschuldig klingende Zeilen, wodurch der Kongreß ersucht wird, dem<lb/> Präsidenten die Autorisation zu ertheilen, die Land- und Seemacht der Vereinigten<lb/> Staaten zur Sicherung der Transitroutcn durch Centralameril'a zu verwenden,<lb/> Früh'er hatten die amerikauischcir Staatsmänner die Ueberzeugung gehegt, daß<lb/> ein solches bewaffnetes Auftreten gleich zu einem bewaffneten Conflict mit Eng¬<lb/> land und Frankreich führe» werde, Rum ist am 1l>, November 1857 ein<lb/> Vertrag mit Nicaragua abgeschlossen, welcher der amerikanischen Regierung<lb/> das unerhörte Recht gibt, unaufgefordert Truppen zum Schutz der Tran¬<lb/> sitroutcn nach Nicaragua zu senden und dort zu lassen, so oft und so lange sie<lb/> es für nöthig befindet. Wenn nicht den Worten, so widerspricht dieser Vertrag<lb/> doch gewiß der Absicht der Claytvn-Bulwer-Convention, und sollten die Differenzen<lb/> mit England nicht bald beigelegt werden und die Nachrichten aus Indien ferner<lb/> gut lauten, so könne» wir vielleicht das interessante Schauspiel erleben, daß Lord<lb/> Palmerston, einerlei, ob er inzwischen einen ähnlichen Vertrag mit Nicaragua hat<lb/> abschließen lassen oder nicht, gleichfalls Truppen dort landen läßt, wenn die amerika¬<lb/> nische Regierung das thut. Wir würden eine solche Even.tnalität beklagen und<lb/> hoffen, daß sie nicht eintritt, aber die ccntralamcrikanische Frage ist durch die ver¬<lb/> schleppte« Unterhandlungen, durch deu Vertrag vom 16, November, die Kriegserklärung<lb/> Nikaraguas gegen Costa-Rica und die walkcrschc Expedition so verwickelt geworden,<lb/> daß man allerlei wunderbare Dinge dabei erleben kann. Vielleicht als Gegengewicht<lb/> der Truppenscndnng hält Buchanan ein strenges Gericht über die Flibustier, und<lb/> adoptirt die freilich sonnenklare Argumentation, daß man nicht leiden dürfe, wenn</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 20*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0163]
in England scheint man damit verhältnißmäßig zufrieden-, richtig ist es gewiß, wenn
gesagt wird, daß, wo zwei Staaten den wichtigsten Artikel eines abgeschlossenen Ver¬
trages in ganz entgegengesetztem Sinne auffassen, es das Beste ist den Vertrag füllen
zu lassen und einen neuen zu unterhandeln. Die Geschichte der Differenzen, welche
recapitulirt wird, wollen wir unsern Lesern ersparen, Buchanan sagt schließlich, daß
neue Eröffnungen in einem versöhnlichen Geiste von England gemacht seien, schweigt
aber darüber worin sie bestehen. Wir verdanken es einem günstigen Zufalle davon
unterrichtet zu sein, England hat die Alternative gestellt, entweder die Differenzen
der schiedsrichterlichen Entscheidung einer dritten Macht, selbst wenn das Nußland
wäre, zu unterwerfen, oder einen neue» Vertrag abzuschließen, durch den die
amerikanische Interpretation des Claytvn-Bulwer - Vertrages mit geringen Mo¬
difikationen angenommen würde. Letzteres ist selbstverständlich nicht direct aus¬
gesprochen, aber angedeutet, — Die Bemerkungen des Präsidenten über die Be¬
ziehungen zu Spanien und seine Beschwerden gegen dieselbe Macht gewinnen
noch an Bedeutung durch die Stellung, die ihnen unmittelbar nach den freund¬
lichen Bemerkungen über Frankreich und Nußland gegeben ist und werden wol
nicht mit Unrecht als Hinweisung auf die künftige Politik in der Cubasrage ge¬
deutet. Daß die vorige Regierung die Beilegung alter Differenzen mit Spanien
überall nicht wollte und letzteres gegen die ganze Welt und so anch gegen die
Vereinigten Staaten durch Saumseligkeit und wunderbares Benehmen fortwährend
grobe Verstöße begeht, ist nur zu gewiß. Die Sympathien für das madrider Ca-
binet sind daher, wenn man auch ganz von seiner sonstigen Wirthschaft absieht,
bei den übrigen Staaten gering/ — Noch wichtiger als der Passus über Spanien
sind einige sehr unschuldig klingende Zeilen, wodurch der Kongreß ersucht wird, dem
Präsidenten die Autorisation zu ertheilen, die Land- und Seemacht der Vereinigten
Staaten zur Sicherung der Transitroutcn durch Centralameril'a zu verwenden,
Früh'er hatten die amerikauischcir Staatsmänner die Ueberzeugung gehegt, daß
ein solches bewaffnetes Auftreten gleich zu einem bewaffneten Conflict mit Eng¬
land und Frankreich führe» werde, Rum ist am 1l>, November 1857 ein
Vertrag mit Nicaragua abgeschlossen, welcher der amerikanischen Regierung
das unerhörte Recht gibt, unaufgefordert Truppen zum Schutz der Tran¬
sitroutcn nach Nicaragua zu senden und dort zu lassen, so oft und so lange sie
es für nöthig befindet. Wenn nicht den Worten, so widerspricht dieser Vertrag
doch gewiß der Absicht der Claytvn-Bulwer-Convention, und sollten die Differenzen
mit England nicht bald beigelegt werden und die Nachrichten aus Indien ferner
gut lauten, so könne» wir vielleicht das interessante Schauspiel erleben, daß Lord
Palmerston, einerlei, ob er inzwischen einen ähnlichen Vertrag mit Nicaragua hat
abschließen lassen oder nicht, gleichfalls Truppen dort landen läßt, wenn die amerika¬
nische Regierung das thut. Wir würden eine solche Even.tnalität beklagen und
hoffen, daß sie nicht eintritt, aber die ccntralamcrikanische Frage ist durch die ver¬
schleppte« Unterhandlungen, durch deu Vertrag vom 16, November, die Kriegserklärung
Nikaraguas gegen Costa-Rica und die walkcrschc Expedition so verwickelt geworden,
daß man allerlei wunderbare Dinge dabei erleben kann. Vielleicht als Gegengewicht
der Truppenscndnng hält Buchanan ein strenges Gericht über die Flibustier, und
adoptirt die freilich sonnenklare Argumentation, daß man nicht leiden dürfe, wenn
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