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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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unter welche auch iFrcgatten nach amerikanischem System sich einreihen können.
Stärke ist hier die Hauptsache. Man zählt bei den Flotten nur die
Kanonen und ihre Schwere, und berechnet darnach den zu erwartenden
Erfolg im Voraus. Wie ganz anders schon ist neben ihnen die Bedeu¬
tung der Geschwader! Da ist Schnelligkeit, Beweglichkeit ebenso viel und zu¬
weilen selbst mehr werth wie Stärke. Die Linienschiffe, aus denen sie sich
zusammensetzen, sind in den meisten Fällen leichter und schwächer, wie die der
Flotten, Zweidecker, ungleich öfter wie Dreidecker, denn diese letzteren sind zu
schwer, allzuoft schlechte Segler und außerdem vermag auch ein Geschwader
die Vortheile nicht auszubeuten, welche eine Flotte allenfalls aus ihren
kolossalen Dimensionen und dreifachen Batterien übereinander (mindestens nach
der alten Theorie) zu ziehen vermag. Stößt ein Geschwader auf eine Flotte,
so wird sein Heil alle Mal auf der Schnelle seiner Kiele beruhen. -- Und
endlich der einzelne Kreuzer! Wie ganz verschieden ist wiederum seine Position,
seine Aufgabe, seine Wirkungssphäre! Die Flotte hat die Tendenz
gegen die feindliche Stärke; -- der einzelne Kreuzer hat die
gegen die feindliche Schwäche. Das ist keine gesuchte Antithese, sondern
ihre Wahrheit liegt auf der Hand. Wollte man Linienschiffe, wie man sie
heute baut, zum Kreuzen bestimmen, so würde man zu hoch greifen und sich
in den meisten Fällen einer Verschwendung der Kräfte schuldig machen. Sich
einer Schiffsclasse unter dem Range der Fregatte dazu bedienen zu wollen,
würde aber im Grunde genommen eine noch ärgere Verschwendung sein, denn
das hieße in der That Schwäche gegen Schwäche kehren, und nicht ohne
Grund würde man fürchten müssen, daß die feindlichen kreuzenden Fregatten
daS Meer rein fegen würden. Letztere Schiffsclasse (Fregatten) ist die eigent¬
lich naturgemäße für den Kreuzerkrieg; denn mit einer ausreichenden Stärke
für die meisten Fälle eines Einzelnkampfes vereinigt sie eine bedeutende Schnellig¬
keit. Ich erwähne nur noch in Betreff der Escadrillen, daß man hierunter
ein Mittelding zwischen dem Geschwader (Escadre) und dem einzelnen Kreuzer,
also eine Fregatten escadre aus wenigen Schiffen zu verstehen hat.

Die Flotille hat den räumlich gesondertsten Wirkungskreis. Sie ist
lediglich zur Vertheidigung und zum Angriff der Küste bestimmt. Der Grund,
weshalb es hierzu anderer Streitmittel bedarf, ist der, daß bis Seetiefe dicht
am Strande die Verwendung großer, also tiefgehender Fahrzeuge nicht gestattet.

Den Flottenkrieg zu führen lag mithin, nach den seitherigen Grundsätzen,
und in Rücksicht auf das bis dahin im Gebrauch gewesene Material, den
schweren Linienschiffen, namentlich den Dreidcckern und großen Zweideckern ob;
der Geschwaderkrieg war Sache der leichteren Zweidecker, und der Escadrillen-
und Kreuzerkrieg Sache der Fregatten. Zwischen den beiden letzteren und den
beiden ersteren Kriegsformen liegt aber außerdem der höchst bedeutungsreiche


unter welche auch iFrcgatten nach amerikanischem System sich einreihen können.
Stärke ist hier die Hauptsache. Man zählt bei den Flotten nur die
Kanonen und ihre Schwere, und berechnet darnach den zu erwartenden
Erfolg im Voraus. Wie ganz anders schon ist neben ihnen die Bedeu¬
tung der Geschwader! Da ist Schnelligkeit, Beweglichkeit ebenso viel und zu¬
weilen selbst mehr werth wie Stärke. Die Linienschiffe, aus denen sie sich
zusammensetzen, sind in den meisten Fällen leichter und schwächer, wie die der
Flotten, Zweidecker, ungleich öfter wie Dreidecker, denn diese letzteren sind zu
schwer, allzuoft schlechte Segler und außerdem vermag auch ein Geschwader
die Vortheile nicht auszubeuten, welche eine Flotte allenfalls aus ihren
kolossalen Dimensionen und dreifachen Batterien übereinander (mindestens nach
der alten Theorie) zu ziehen vermag. Stößt ein Geschwader auf eine Flotte,
so wird sein Heil alle Mal auf der Schnelle seiner Kiele beruhen. — Und
endlich der einzelne Kreuzer! Wie ganz verschieden ist wiederum seine Position,
seine Aufgabe, seine Wirkungssphäre! Die Flotte hat die Tendenz
gegen die feindliche Stärke; — der einzelne Kreuzer hat die
gegen die feindliche Schwäche. Das ist keine gesuchte Antithese, sondern
ihre Wahrheit liegt auf der Hand. Wollte man Linienschiffe, wie man sie
heute baut, zum Kreuzen bestimmen, so würde man zu hoch greifen und sich
in den meisten Fällen einer Verschwendung der Kräfte schuldig machen. Sich
einer Schiffsclasse unter dem Range der Fregatte dazu bedienen zu wollen,
würde aber im Grunde genommen eine noch ärgere Verschwendung sein, denn
das hieße in der That Schwäche gegen Schwäche kehren, und nicht ohne
Grund würde man fürchten müssen, daß die feindlichen kreuzenden Fregatten
daS Meer rein fegen würden. Letztere Schiffsclasse (Fregatten) ist die eigent¬
lich naturgemäße für den Kreuzerkrieg; denn mit einer ausreichenden Stärke
für die meisten Fälle eines Einzelnkampfes vereinigt sie eine bedeutende Schnellig¬
keit. Ich erwähne nur noch in Betreff der Escadrillen, daß man hierunter
ein Mittelding zwischen dem Geschwader (Escadre) und dem einzelnen Kreuzer,
also eine Fregatten escadre aus wenigen Schiffen zu verstehen hat.

Die Flotille hat den räumlich gesondertsten Wirkungskreis. Sie ist
lediglich zur Vertheidigung und zum Angriff der Küste bestimmt. Der Grund,
weshalb es hierzu anderer Streitmittel bedarf, ist der, daß bis Seetiefe dicht
am Strande die Verwendung großer, also tiefgehender Fahrzeuge nicht gestattet.

Den Flottenkrieg zu führen lag mithin, nach den seitherigen Grundsätzen,
und in Rücksicht auf das bis dahin im Gebrauch gewesene Material, den
schweren Linienschiffen, namentlich den Dreidcckern und großen Zweideckern ob;
der Geschwaderkrieg war Sache der leichteren Zweidecker, und der Escadrillen-
und Kreuzerkrieg Sache der Fregatten. Zwischen den beiden letzteren und den
beiden ersteren Kriegsformen liegt aber außerdem der höchst bedeutungsreiche


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/534>, abgerufen am 23.07.2024.