Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.selber kein großes Gewicht zu legen. -- Es wird von Interesse sein zu hören, Einmal wird man auf den ungeheuern Abstand aufmerksam, der zwischen selber kein großes Gewicht zu legen. — Es wird von Interesse sein zu hören, Einmal wird man auf den ungeheuern Abstand aufmerksam, der zwischen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0478" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105213"/> <p xml:id="ID_1283" prev="#ID_1282"> selber kein großes Gewicht zu legen. — Es wird von Interesse sein zu hören,<lb/> wie einer seiner Glaubens- und Geistesverwandten von ihm urtheilt. Nach<lb/> Baaders Tod hat Görres ein ausführliches Gutachten über ihn' abgegeben,<lb/> in dem Folgendes vorkommt: „Er hat einmal eine Schrift geschrieben, der<lb/> Blitz der Vater des Lichts, und hat darin seinen und all seines Specu-<lb/> lirenS innersten Kern ausgesprochen. Das Licht muß auch in ihm die Vater¬<lb/> schaft des Blitzes anerkennen, denn er ist ein eigentliches elektrisches Blitzgenie;<lb/> aus seinem geistig physischen, chemischen Proceß entwickelt sich in ihm dies Blitzen<lb/> und in dem jenes zuckende, durchdringende, hellaufleuchtende, brillante Licht<lb/> und das schlagende Wort; weit umher wird die Umgegend erhellt von diesem<lb/> Feuer; dann wirds wieder dunkel, und der nächste bricht vielleicht eine halbe<lb/> Meile vom vorigen aus. Der Blitz hat es auch an sich, baß er nur um sei¬<lb/> netwillen da ist und einschlägt, nicht auf gemeinsamem, sondern auf eigenem<lb/> Wege, also in Kirchen und in andere Häuser, auch wol dicht neben dem Blitz¬<lb/> ableiter. Nie ist eS einem eingefallen, sich in die Disciplin zu geben, und so<lb/> hat anch Baader sie unnöthig für sich befunden." Junge Leute dürfen ihn<lb/> daher nur mit Vorsicht benutzen, und sich über jeden bedenklichen Punkt bei<lb/> der Kirche Raths erholen. „Uebrigens habe ich an der Methode vorzüglich<lb/> die Einmischung erotischer Bilder in die höchsten Geheimnisse zu tadeln; die<lb/> Schrift ziert sich niemals gegen diese Dinge, aber sie ziert sich auch nicht mit<lb/> ihnen, sie gebraucht sich ihrer, wo sie zufällig ihr begegnen, aber nie, um das<lb/> Höhere an ihnen zu demonstriren." — Görres hätte sich mit denselben Wor¬<lb/> ten selbst charakteristren können. Für uns ergibt sich aus der Betrachtung<lb/> dieser Schriften zweierlei.</p><lb/> <p xml:id="ID_1284" next="#ID_1285"> Einmal wird man auf den ungeheuern Abstand aufmerksam, der zwischen<lb/> der Naturphilosophie und den Systemen des Idealismus stattfindet. Wir<lb/> haben vor einiger Zeit einen Kritiker besprochen, der in Hegel das Mystische<lb/> d. h. das Unklare, Verworrene, Unwissenschaftliche nachweist. Aber diese My¬<lb/> stik war bei Hegel nur in der Form seines Ausdrucks: es ist ihm nicht ge¬<lb/> lungen, die Versöhnung zwischen unserer aus dem Alterthum hervorgegangenen<lb/> Bildung und unserm Glaubensbedürfniß, das wir dem Christenthum verdan¬<lb/> ken, so durchzuführen, daß unser Verstand und unser Gewissen dadurch voll¬<lb/> ständig befriedigt wird. Aber er hat nicht blos das Problem richtig gestellt,<lb/> er zeigt auch in der Behandlung desselben in sofern einen richtigen Jnstinct,<lb/> als er auf beiden Seiten das Große, Gute, Erhabene, Verständige hervor¬<lb/> sticht. Hier ist in der That der Ort, wo man eine Versöhnung suchen muß.<lb/> Die Naturphilosophen dagegen, die dasselbe Problem behandeln, gehen ohne<lb/> Ausnahme von dem entgegengesetzten Bestrebe» aus; sie suchen in der Antike<lb/> wie im Christenthum nicht das Reine und Schöne, sondern das Trübe und<lb/> Verworrene, das Romantische und Dämonische; sie suchen den Aberglauben</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0478]
selber kein großes Gewicht zu legen. — Es wird von Interesse sein zu hören,
wie einer seiner Glaubens- und Geistesverwandten von ihm urtheilt. Nach
Baaders Tod hat Görres ein ausführliches Gutachten über ihn' abgegeben,
in dem Folgendes vorkommt: „Er hat einmal eine Schrift geschrieben, der
Blitz der Vater des Lichts, und hat darin seinen und all seines Specu-
lirenS innersten Kern ausgesprochen. Das Licht muß auch in ihm die Vater¬
schaft des Blitzes anerkennen, denn er ist ein eigentliches elektrisches Blitzgenie;
aus seinem geistig physischen, chemischen Proceß entwickelt sich in ihm dies Blitzen
und in dem jenes zuckende, durchdringende, hellaufleuchtende, brillante Licht
und das schlagende Wort; weit umher wird die Umgegend erhellt von diesem
Feuer; dann wirds wieder dunkel, und der nächste bricht vielleicht eine halbe
Meile vom vorigen aus. Der Blitz hat es auch an sich, baß er nur um sei¬
netwillen da ist und einschlägt, nicht auf gemeinsamem, sondern auf eigenem
Wege, also in Kirchen und in andere Häuser, auch wol dicht neben dem Blitz¬
ableiter. Nie ist eS einem eingefallen, sich in die Disciplin zu geben, und so
hat anch Baader sie unnöthig für sich befunden." Junge Leute dürfen ihn
daher nur mit Vorsicht benutzen, und sich über jeden bedenklichen Punkt bei
der Kirche Raths erholen. „Uebrigens habe ich an der Methode vorzüglich
die Einmischung erotischer Bilder in die höchsten Geheimnisse zu tadeln; die
Schrift ziert sich niemals gegen diese Dinge, aber sie ziert sich auch nicht mit
ihnen, sie gebraucht sich ihrer, wo sie zufällig ihr begegnen, aber nie, um das
Höhere an ihnen zu demonstriren." — Görres hätte sich mit denselben Wor¬
ten selbst charakteristren können. Für uns ergibt sich aus der Betrachtung
dieser Schriften zweierlei.
Einmal wird man auf den ungeheuern Abstand aufmerksam, der zwischen
der Naturphilosophie und den Systemen des Idealismus stattfindet. Wir
haben vor einiger Zeit einen Kritiker besprochen, der in Hegel das Mystische
d. h. das Unklare, Verworrene, Unwissenschaftliche nachweist. Aber diese My¬
stik war bei Hegel nur in der Form seines Ausdrucks: es ist ihm nicht ge¬
lungen, die Versöhnung zwischen unserer aus dem Alterthum hervorgegangenen
Bildung und unserm Glaubensbedürfniß, das wir dem Christenthum verdan¬
ken, so durchzuführen, daß unser Verstand und unser Gewissen dadurch voll¬
ständig befriedigt wird. Aber er hat nicht blos das Problem richtig gestellt,
er zeigt auch in der Behandlung desselben in sofern einen richtigen Jnstinct,
als er auf beiden Seiten das Große, Gute, Erhabene, Verständige hervor¬
sticht. Hier ist in der That der Ort, wo man eine Versöhnung suchen muß.
Die Naturphilosophen dagegen, die dasselbe Problem behandeln, gehen ohne
Ausnahme von dem entgegengesetzten Bestrebe» aus; sie suchen in der Antike
wie im Christenthum nicht das Reine und Schöne, sondern das Trübe und
Verworrene, das Romantische und Dämonische; sie suchen den Aberglauben
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