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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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wie ihre politische Richtung zusammentraf, schienen sie nebeneinander bestehen
zu können. Der Kompaß verdankte seinen^specifisch hamburgischen Theil die
größere Verbreitung hier am Ort; "das Jahrhundert" erstrebt eine weitere Ver¬
breitung, es will, wie es im Heft vom i. SIpril dieses Jahres im Artikel "die
Stellung des Jahrhunderts" erklärt, nationales Organ der Volkspartei, d. h.
der demokratischen, sein. ES erkennt im naturwissenschaftlichen Studium ein
besonderes geistiges Befreiungsmittel für- die Deutschen, und hat sich deshalb
die Verbreitung sogenannter positiver Ergebnisse der Naturwissenschaft und
der auf dieser beruhenden sogenannten philosophischen Weltanschauung zur
besondern Aufgabe gemacht. Die bekannten Namen der Mitarbeiter Kolat-
scheck, M. Hartmann, Rüge, Ludw. Simon, Temme, G. F. Kolb, E. Meyen,
Büchner, Roßmäßler, Professor Karsten, Czolbe geben hinreichend Auskunft
über den innern Charakter dieser Zeitschrift.

Dieser Zug nach größerer Freiheit der Presse, der hier einer allerdings
nur beschränkten Ausnahme dieser Zeitschrift entgegenkam, offenbart sich mehr
"och in der öffentlichen Besprechung vaterstädtischcr Angelegenheiten. Ich rede
hier nicht von der geistigen Bewegung in unseren Verfassungskämpfen; wer sich
über sie unterrichte" will, lese nur den von einem leider schon verstorbenen
Hamburger geschriebenen vortrefflichen Aufsatz "Hamburgs BersassungSkämpfe"
im 9. Bande der Gegenwart. Aus ihm erkennt man den Grund unserer poli¬
tischen Stille. Dies Schweigen über die Grundfragen unseres politischen
Lebens ist allerdings eine Schlaffheit; aber daß dennoch der lebendige Gemein-
sinn nicht ganz ausstarb, erkennt man, so oft einmal eine el"zelne öffentliche
Frage zur Sprache kommt. Freilich offenbart sich dann auch nicht selten in
der Erörterung viel Ungeschick, Plumpheit und eine bedauernswerthe gehässige
Verdächtigungssucht; allein eS zeigt sich doch Bewegung, die wol zu Besserem
führen könnte, wenn nur die guten Elemente nicht gar zu oft und leicht daran
verzagten, die stets in einer Republik zu beachtenden heterogenen Elemente
einem gemeinsamen Ziele zuzuführen.

Sieben seinen Bibliotheken hat Hamburg noch andere der Wissenschaft
gewidmete Institute und bietet Manches, waS ohne diese Bestimmung doch
zur Förderung wissenschaftlicher Einsicht beitragen kann. Nicht leicht wird el"
Botaniker sonst irgendwo in Deutschland so reiche Schätze, tropischer Pflanzen
beisammen finden, als in den großen Handels- und Privatgärten Hamburgs.
Die Treibhäuser des weit bekannten Handelsgärtner Booth besuchen zur Som¬
merszeit die meisten Fremden, die einen Ausflug an den mit Landhäusern ge'
zierten Elbstrand machen. Freunde tropischer Pflanzenpracht sollten ebenso¬
wenig versäumen, die in.der Nähe gelegenen Treibhäuser des verstorbenen
Senator Jenisch und die in der That großartige Orchideensammlung deS Kaut-
mannü Schiller aufzusuchen. Schon früh im 17. Jahrhundert zeigte sich be>


wie ihre politische Richtung zusammentraf, schienen sie nebeneinander bestehen
zu können. Der Kompaß verdankte seinen^specifisch hamburgischen Theil die
größere Verbreitung hier am Ort; „das Jahrhundert" erstrebt eine weitere Ver¬
breitung, es will, wie es im Heft vom i. SIpril dieses Jahres im Artikel „die
Stellung des Jahrhunderts" erklärt, nationales Organ der Volkspartei, d. h.
der demokratischen, sein. ES erkennt im naturwissenschaftlichen Studium ein
besonderes geistiges Befreiungsmittel für- die Deutschen, und hat sich deshalb
die Verbreitung sogenannter positiver Ergebnisse der Naturwissenschaft und
der auf dieser beruhenden sogenannten philosophischen Weltanschauung zur
besondern Aufgabe gemacht. Die bekannten Namen der Mitarbeiter Kolat-
scheck, M. Hartmann, Rüge, Ludw. Simon, Temme, G. F. Kolb, E. Meyen,
Büchner, Roßmäßler, Professor Karsten, Czolbe geben hinreichend Auskunft
über den innern Charakter dieser Zeitschrift.

Dieser Zug nach größerer Freiheit der Presse, der hier einer allerdings
nur beschränkten Ausnahme dieser Zeitschrift entgegenkam, offenbart sich mehr
»och in der öffentlichen Besprechung vaterstädtischcr Angelegenheiten. Ich rede
hier nicht von der geistigen Bewegung in unseren Verfassungskämpfen; wer sich
über sie unterrichte» will, lese nur den von einem leider schon verstorbenen
Hamburger geschriebenen vortrefflichen Aufsatz „Hamburgs BersassungSkämpfe"
im 9. Bande der Gegenwart. Aus ihm erkennt man den Grund unserer poli¬
tischen Stille. Dies Schweigen über die Grundfragen unseres politischen
Lebens ist allerdings eine Schlaffheit; aber daß dennoch der lebendige Gemein-
sinn nicht ganz ausstarb, erkennt man, so oft einmal eine el»zelne öffentliche
Frage zur Sprache kommt. Freilich offenbart sich dann auch nicht selten in
der Erörterung viel Ungeschick, Plumpheit und eine bedauernswerthe gehässige
Verdächtigungssucht; allein eS zeigt sich doch Bewegung, die wol zu Besserem
führen könnte, wenn nur die guten Elemente nicht gar zu oft und leicht daran
verzagten, die stets in einer Republik zu beachtenden heterogenen Elemente
einem gemeinsamen Ziele zuzuführen.

Sieben seinen Bibliotheken hat Hamburg noch andere der Wissenschaft
gewidmete Institute und bietet Manches, waS ohne diese Bestimmung doch
zur Förderung wissenschaftlicher Einsicht beitragen kann. Nicht leicht wird el»
Botaniker sonst irgendwo in Deutschland so reiche Schätze, tropischer Pflanzen
beisammen finden, als in den großen Handels- und Privatgärten Hamburgs.
Die Treibhäuser des weit bekannten Handelsgärtner Booth besuchen zur Som¬
merszeit die meisten Fremden, die einen Ausflug an den mit Landhäusern ge'
zierten Elbstrand machen. Freunde tropischer Pflanzenpracht sollten ebenso¬
wenig versäumen, die in.der Nähe gelegenen Treibhäuser des verstorbenen
Senator Jenisch und die in der That großartige Orchideensammlung deS Kaut-
mannü Schiller aufzusuchen. Schon früh im 17. Jahrhundert zeigte sich be>


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/432>, abgerufen am 23.07.2024.