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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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den versehen, konnte die Bevölkerung mehr consumiren und dieser Zuwachs an
Wohlstand äußerte sich zwiefach: einmal durch die vermehrte Fabrikation einer
Anzahl von Gegenständen, die für die große Menge nothwendig sind, was der
Arbeit einen neuen Impuls gab und sodann durch die Vermehrung der Ein¬
nahmen aus den Consumtionssteuer". Wenn, wie behauptet worden, das
englische Volk durch die Zollreform der Verpflichtung enthoben wurde, den
zollbeschützten Industrien eine Abgabe von 300 Millionen Thalern zu zahlen,
so ist es nicht zu verwundern, daß durch das Steigen der Konsumtion der
Fiscus eine Mehreinahme von SO Millionen Thalern erhalten hat. Freilich
sind durch jenen Wegfall von 300 Millionen Thalern die zollbeschützten Classen
der Bevölkerung um so viel ärmer geworden; aber da diese Classen, nament¬
lich die Ackerbauer, verständige Anstrengungen gemacht haben, so haben sich
ihre Gewerbe sehr bald vervollkommnet, so daß sie unter den neuen Verkaufs¬
verhältnissen mindestens ebenso viel Vortheil als zuvor ziehen.

Eine Haupteigenschaft, durch welche das gegenwärtige Handelssystem Eng¬
lands sich auszeichnet, ist, daß jede Bedingung der Reciprocität seitens der
auswärtigen Nationen fehlt. Wie die Petition von 1820 ganz richtig hagre,
ist die Reciprocität nicht nothwendig, damit die Zulassung der ausländischen
Producte und die Wirksamkeit der ausländischen Concurrenz dem eignen Lande
nützlich sei. "Weil auswärtige Regierungen bei Reglements verharren, die
ihren Unterthanen unheilvoll sind, deswegen wird das Schutzzollsystem nicht
aufhören, einen bedauerlichen Einfluß auf die gute Wirthschaft und den Fort¬
schritt unsrer Industrien und die Fruchtbarkeit unseres Capitals zu üben" sagt
mit Recht die Petition von 1820. In dieser Beziehung erinnert die ,Mist,c>r?
cet prwöK" an eine denkwürdige Thatsache. Als Lord Clarendon im Jahre
1836 zu dem pariser Congreß sich begab, übersendete ihm die Handelskammer
von Manchester eine Denkschrift, welche den Minister veranlassen sollte, in dem
Congreß die Feststellung des Princips der Handelsfreiheit zu beantragen. Eine
ähnliche Denkschrift wurde in der Industriestadt Sheffield berathen und dem
Vertreter dieser Stadt im Unterhause, Gladstone, zur Begutachtung vorgelegt-
Gladstonc aber erwiederte, daß England jeder Demonstration der Art bei den
auswärtigen Mächten sich enthalten müsse, daß das würdigste und beste Ver¬
fahren für England sei, lediglich das Beispiel zu geben. Die übrigen Reg"-
rungen hätten nur die Augen zu öffnen, um die Ausdehnung des englilclM
Handels unter der Herrschaft der Freiheit und kraft dieses Princips, um den
großen Fortschritt zu erkennen, der durch dasselbe in der Existenz des Volke
herbeigeführt sei. Diese Meinung Gladstones fand allgemeine Zustimmung
in England. So beobachtet dieses Lamp in der Sache der Handelsfreiheit eine
würdige und kraftvolle Haltung; es gibt der Ackerbau- und Manufacturindustr^
der ganzen Welt, so wie den Schissen aller Völker seinen eignen Markt "n


den versehen, konnte die Bevölkerung mehr consumiren und dieser Zuwachs an
Wohlstand äußerte sich zwiefach: einmal durch die vermehrte Fabrikation einer
Anzahl von Gegenständen, die für die große Menge nothwendig sind, was der
Arbeit einen neuen Impuls gab und sodann durch die Vermehrung der Ein¬
nahmen aus den Consumtionssteuer». Wenn, wie behauptet worden, das
englische Volk durch die Zollreform der Verpflichtung enthoben wurde, den
zollbeschützten Industrien eine Abgabe von 300 Millionen Thalern zu zahlen,
so ist es nicht zu verwundern, daß durch das Steigen der Konsumtion der
Fiscus eine Mehreinahme von SO Millionen Thalern erhalten hat. Freilich
sind durch jenen Wegfall von 300 Millionen Thalern die zollbeschützten Classen
der Bevölkerung um so viel ärmer geworden; aber da diese Classen, nament¬
lich die Ackerbauer, verständige Anstrengungen gemacht haben, so haben sich
ihre Gewerbe sehr bald vervollkommnet, so daß sie unter den neuen Verkaufs¬
verhältnissen mindestens ebenso viel Vortheil als zuvor ziehen.

Eine Haupteigenschaft, durch welche das gegenwärtige Handelssystem Eng¬
lands sich auszeichnet, ist, daß jede Bedingung der Reciprocität seitens der
auswärtigen Nationen fehlt. Wie die Petition von 1820 ganz richtig hagre,
ist die Reciprocität nicht nothwendig, damit die Zulassung der ausländischen
Producte und die Wirksamkeit der ausländischen Concurrenz dem eignen Lande
nützlich sei. „Weil auswärtige Regierungen bei Reglements verharren, die
ihren Unterthanen unheilvoll sind, deswegen wird das Schutzzollsystem nicht
aufhören, einen bedauerlichen Einfluß auf die gute Wirthschaft und den Fort¬
schritt unsrer Industrien und die Fruchtbarkeit unseres Capitals zu üben" sagt
mit Recht die Petition von 1820. In dieser Beziehung erinnert die ,Mist,c>r?
cet prwöK" an eine denkwürdige Thatsache. Als Lord Clarendon im Jahre
1836 zu dem pariser Congreß sich begab, übersendete ihm die Handelskammer
von Manchester eine Denkschrift, welche den Minister veranlassen sollte, in dem
Congreß die Feststellung des Princips der Handelsfreiheit zu beantragen. Eine
ähnliche Denkschrift wurde in der Industriestadt Sheffield berathen und dem
Vertreter dieser Stadt im Unterhause, Gladstone, zur Begutachtung vorgelegt-
Gladstonc aber erwiederte, daß England jeder Demonstration der Art bei den
auswärtigen Mächten sich enthalten müsse, daß das würdigste und beste Ver¬
fahren für England sei, lediglich das Beispiel zu geben. Die übrigen Reg"-
rungen hätten nur die Augen zu öffnen, um die Ausdehnung des englilclM
Handels unter der Herrschaft der Freiheit und kraft dieses Princips, um den
großen Fortschritt zu erkennen, der durch dasselbe in der Existenz des Volke
herbeigeführt sei. Diese Meinung Gladstones fand allgemeine Zustimmung
in England. So beobachtet dieses Lamp in der Sache der Handelsfreiheit eine
würdige und kraftvolle Haltung; es gibt der Ackerbau- und Manufacturindustr^
der ganzen Welt, so wie den Schissen aller Völker seinen eignen Markt »n


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/320>, abgerufen am 23.07.2024.