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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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höherem Grade, dann endlich rückt er mit ganzer Macht heran. Er hat be¬
ständig für eine Niederlage zwei Siege." Unter solchen Umständen erklären
sich die raschen Fortschritte der Insurgenten, die damals schwerlich mehr als
13,000 Mann unter den Fahnen hatten, gegenüber von Feinden, welche sicher
doppelt so stark waren.

Im September 1831 sehen wir die Taipings im Besitz der Districtsstadt
Uunggan in Ost-Kwangsi, wo sie bis zum April des nächsten Jahres blieben.
Dann rückten sie nach Koei Lin, der Hauptstadt dieser Provinz ab, welche sie
vier Wochen ohne Erfolg belagerten. Am 19. Mai hoben sie die Belagerung
auf, überstiegen die große südliche Wasserscheide, brachen in die Provinz Hu-
nan ein, und nahmen am 12. Juni die Districtsstadt Tao, im Juli und
August noch zwei andere DistrictSstädte und die Departementsstadt Koei Aang
ein. Hierauf marschirten sie gegen Tschang Schah, die Hauptstadt der genann¬
ten Provinz, welche sie am 11. September zu belagern begannen. Die Be¬
lagerung wurde 80 Tage fortgesetzt. Sie war nicht von Erfolg gekrönt. Aber
die Garnison und daS in der Nachbarschaft stehende kaiserliche Beobachtungs¬
heer erlitt in den Treffen, die vor den Mauern geliefert wurden, beträchtliche
Verluste.

Am 30. November wendeten die Taipings sich von hier nach Norden, und
Zwar begannen sie, da Tschang Schah am Siang, einem schiffbaren Flusse
liegt, diese Fortbewegung in Stromschiffen, eine Art des Operirens, welche
von jetzt an einen Hauptzug ihres weiteren BordringenS bildet. Mitte' De¬
cember hatten sie den Tungtingsee passirt und waren in den Hauptarm des
Uangtsekiang eingelaufen. Bald nachher besetzten sie die Departementsstadt
Han Aang und die benachbarte große Handelsstadt Harlan. Dann setzten
sie über den Strom und schlössen Wutschang, den Sitz deS Gouverneurs der
Provinz Hu Pih ein, welches am 12. Januar 1833 von ihnen erstürmt
wurde. In diesen drei Städten, deren Einwohnerzahl Meadows auf nicht
weniger als vier Millionen schätzt, blieben sie einen Monat, während welcher
Zeit sie die hier gemachte Beute an Geld und Gut auf ihre Schiffe zu brin¬
gen beschäftigt waren. Als sie damit zu Stande waren, setzte sich die Flotte,
welche jetzt das ganze Heer trug, nach dem gegen 100 deutsche Meilen von
hier entfernten Nanking in Bewegung. Ehe wir ihnen dahin folgen, betrach¬
ten wir kurz ihre jetzige Organisation und ihr Verfahren gegen die von ihnen
Besiegten.

Das Gesammtheer der Rebellen war nach einer altchinesischen Regel, dem
sogenannten Zimasystem eingetheilt, welches unter der Tschaudynastie (die bis
236 v. Chr. regierte) eingeführt worden war. Es zerfiel in neun Divisionen,
von denen jede unter dem Kommando eines Generals stand und 13,230 Mann
^site. Die Division wieder war in fünf Brigaden: Vortrab, Nachhut, rend-


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höherem Grade, dann endlich rückt er mit ganzer Macht heran. Er hat be¬
ständig für eine Niederlage zwei Siege." Unter solchen Umständen erklären
sich die raschen Fortschritte der Insurgenten, die damals schwerlich mehr als
13,000 Mann unter den Fahnen hatten, gegenüber von Feinden, welche sicher
doppelt so stark waren.

Im September 1831 sehen wir die Taipings im Besitz der Districtsstadt
Uunggan in Ost-Kwangsi, wo sie bis zum April des nächsten Jahres blieben.
Dann rückten sie nach Koei Lin, der Hauptstadt dieser Provinz ab, welche sie
vier Wochen ohne Erfolg belagerten. Am 19. Mai hoben sie die Belagerung
auf, überstiegen die große südliche Wasserscheide, brachen in die Provinz Hu-
nan ein, und nahmen am 12. Juni die Districtsstadt Tao, im Juli und
August noch zwei andere DistrictSstädte und die Departementsstadt Koei Aang
ein. Hierauf marschirten sie gegen Tschang Schah, die Hauptstadt der genann¬
ten Provinz, welche sie am 11. September zu belagern begannen. Die Be¬
lagerung wurde 80 Tage fortgesetzt. Sie war nicht von Erfolg gekrönt. Aber
die Garnison und daS in der Nachbarschaft stehende kaiserliche Beobachtungs¬
heer erlitt in den Treffen, die vor den Mauern geliefert wurden, beträchtliche
Verluste.

Am 30. November wendeten die Taipings sich von hier nach Norden, und
Zwar begannen sie, da Tschang Schah am Siang, einem schiffbaren Flusse
liegt, diese Fortbewegung in Stromschiffen, eine Art des Operirens, welche
von jetzt an einen Hauptzug ihres weiteren BordringenS bildet. Mitte' De¬
cember hatten sie den Tungtingsee passirt und waren in den Hauptarm des
Uangtsekiang eingelaufen. Bald nachher besetzten sie die Departementsstadt
Han Aang und die benachbarte große Handelsstadt Harlan. Dann setzten
sie über den Strom und schlössen Wutschang, den Sitz deS Gouverneurs der
Provinz Hu Pih ein, welches am 12. Januar 1833 von ihnen erstürmt
wurde. In diesen drei Städten, deren Einwohnerzahl Meadows auf nicht
weniger als vier Millionen schätzt, blieben sie einen Monat, während welcher
Zeit sie die hier gemachte Beute an Geld und Gut auf ihre Schiffe zu brin¬
gen beschäftigt waren. Als sie damit zu Stande waren, setzte sich die Flotte,
welche jetzt das ganze Heer trug, nach dem gegen 100 deutsche Meilen von
hier entfernten Nanking in Bewegung. Ehe wir ihnen dahin folgen, betrach¬
ten wir kurz ihre jetzige Organisation und ihr Verfahren gegen die von ihnen
Besiegten.

Das Gesammtheer der Rebellen war nach einer altchinesischen Regel, dem
sogenannten Zimasystem eingetheilt, welches unter der Tschaudynastie (die bis
236 v. Chr. regierte) eingeführt worden war. Es zerfiel in neun Divisionen,
von denen jede unter dem Kommando eines Generals stand und 13,230 Mann
^site. Die Division wieder war in fünf Brigaden: Vortrab, Nachhut, rend-


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[0227] höherem Grade, dann endlich rückt er mit ganzer Macht heran. Er hat be¬ ständig für eine Niederlage zwei Siege." Unter solchen Umständen erklären sich die raschen Fortschritte der Insurgenten, die damals schwerlich mehr als 13,000 Mann unter den Fahnen hatten, gegenüber von Feinden, welche sicher doppelt so stark waren. Im September 1831 sehen wir die Taipings im Besitz der Districtsstadt Uunggan in Ost-Kwangsi, wo sie bis zum April des nächsten Jahres blieben. Dann rückten sie nach Koei Lin, der Hauptstadt dieser Provinz ab, welche sie vier Wochen ohne Erfolg belagerten. Am 19. Mai hoben sie die Belagerung auf, überstiegen die große südliche Wasserscheide, brachen in die Provinz Hu- nan ein, und nahmen am 12. Juni die Districtsstadt Tao, im Juli und August noch zwei andere DistrictSstädte und die Departementsstadt Koei Aang ein. Hierauf marschirten sie gegen Tschang Schah, die Hauptstadt der genann¬ ten Provinz, welche sie am 11. September zu belagern begannen. Die Be¬ lagerung wurde 80 Tage fortgesetzt. Sie war nicht von Erfolg gekrönt. Aber die Garnison und daS in der Nachbarschaft stehende kaiserliche Beobachtungs¬ heer erlitt in den Treffen, die vor den Mauern geliefert wurden, beträchtliche Verluste. Am 30. November wendeten die Taipings sich von hier nach Norden, und Zwar begannen sie, da Tschang Schah am Siang, einem schiffbaren Flusse liegt, diese Fortbewegung in Stromschiffen, eine Art des Operirens, welche von jetzt an einen Hauptzug ihres weiteren BordringenS bildet. Mitte' De¬ cember hatten sie den Tungtingsee passirt und waren in den Hauptarm des Uangtsekiang eingelaufen. Bald nachher besetzten sie die Departementsstadt Han Aang und die benachbarte große Handelsstadt Harlan. Dann setzten sie über den Strom und schlössen Wutschang, den Sitz deS Gouverneurs der Provinz Hu Pih ein, welches am 12. Januar 1833 von ihnen erstürmt wurde. In diesen drei Städten, deren Einwohnerzahl Meadows auf nicht weniger als vier Millionen schätzt, blieben sie einen Monat, während welcher Zeit sie die hier gemachte Beute an Geld und Gut auf ihre Schiffe zu brin¬ gen beschäftigt waren. Als sie damit zu Stande waren, setzte sich die Flotte, welche jetzt das ganze Heer trug, nach dem gegen 100 deutsche Meilen von hier entfernten Nanking in Bewegung. Ehe wir ihnen dahin folgen, betrach¬ ten wir kurz ihre jetzige Organisation und ihr Verfahren gegen die von ihnen Besiegten. Das Gesammtheer der Rebellen war nach einer altchinesischen Regel, dem sogenannten Zimasystem eingetheilt, welches unter der Tschaudynastie (die bis 236 v. Chr. regierte) eingeführt worden war. Es zerfiel in neun Divisionen, von denen jede unter dem Kommando eines Generals stand und 13,230 Mann ^site. Die Division wieder war in fünf Brigaden: Vortrab, Nachhut, rend- 28*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/227>, abgerufen am 01.07.2024.