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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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Obgleich das schwere Geschütz viel früher, wenigstens an einzelnen Orten,
für die Verwendung im freien Felde brauchbar gemacht ward, als das
kleine Gewehr, fo entwickelte sich dies und sein Gebrauch doch viel stetiger,
als jener des schweren Geschützes und machte nicht so viele Rückschritte und
Pausen a>is dieser. Schon darum ward es in seinen Ansängen für die Ge¬
schichte des Kriegswesens wichtiger als das schwere Geschütz,

Den ersten Ansatz zu dem kleinen Gewehr können wir in jenen Hart¬
läufer (e-wons K MSin) erblicken, welche um die Mitte des 13. Jahrhunderts
bestimmt schon im Gebrauch waren. Sie verdienen indessen ihren Namen mit
sehr geringem Rechte; sie waren aus Eisen und 40 bis 6t) Pfund schwer,
konnten also von einem Manne nicht regiert werden. Sie bestanden aus
zwei Stücken, der Kammer und dem Laufe, welche voneinander getrennt
wurden, um zu laden und welche man durch einen Mechanismus irgend einer
Art wieder solid miteinander verband, um zu schießen. Zu ihrem Gebrauch
war ein Gestell nothwendig und dies durfte keineswegs unsolid se-in.
Solcher Art waren, wie wir annehmen können, die "Kanonen", deren in der
Schlacht von Brügge 1382 die Genter 300 hatten, und die sie auf ihren
Wallcrkarren mit sich führten, welche hier zugleich die Sicile der Lafette oder
deS Gestells vertraten.

Die Arkebusen, welche von 1364 ab aus einem Stück geschmiedet
wurden, konnten zwar von einem Manne regiert werben, waren aber äußerst
kurz, hatten nur etwa 1 >/z Fuß Lauflänge; ihre Schußweite war daher sehr
gering und der Schuß unsicher. Gleichzeitig wurde" sogenannte Couleuvrinc"
aus Bronze gegossen, deren kleinste Art von einem Manne zu handhaben,
22 bis 2S Pfund schwer war und Bleikugeln schoß. Die größeren Arten
waren wirkliche Kanonen, eine Mittels orde versah man unterhalb mit
einem Haken oder Ansatz, um den sehr beträchtlichen Rückstoß zu mindern,
indem man sie mit diesem an irgend ein festes Hinderniß stützte. Diese
Hakenschlangen waren, wie sich von selbst versteht, nur in festen Posi¬
tionen, Verschanzungen u. s. w. zu gebrauchen.

Endlich wurden nun zu Anfang des Is. Jahrhunderts auch leichte Läufe
l>us Eisen von größerer Länge als die ursprünglichen Arkebusen, nämlich von
3 bis 4 Fuß, aus einem Stücke geschmiedet und mit Schäften versehen. Dies
waren die eigentlichen Handrohre, sie sind das erste Kleingcwehr, welches
suum Namen verdient. Sie schössen Bleikugeln, 16 bis 20 aufs Pfund, und
wogen dabei nur 10 bis 12 Pfund. Es sind dieselben "Coulcuvrineu",
Von denen Commes den Eidgenossen bei Murten 10,000 Stück gibt. Ent¬
sprechend den Hakenschlangen von Bronze schmiedete man jetzt aber auch
Laufe von größerem Kaliber, 10 bis 12 Kugeln auf das Pfund Blei und
bis t0 Pfund schwer. Diese waren, wie die Hakenschlangen, mit einem


Obgleich das schwere Geschütz viel früher, wenigstens an einzelnen Orten,
für die Verwendung im freien Felde brauchbar gemacht ward, als das
kleine Gewehr, fo entwickelte sich dies und sein Gebrauch doch viel stetiger,
als jener des schweren Geschützes und machte nicht so viele Rückschritte und
Pausen a>is dieser. Schon darum ward es in seinen Ansängen für die Ge¬
schichte des Kriegswesens wichtiger als das schwere Geschütz,

Den ersten Ansatz zu dem kleinen Gewehr können wir in jenen Hart¬
läufer (e-wons K MSin) erblicken, welche um die Mitte des 13. Jahrhunderts
bestimmt schon im Gebrauch waren. Sie verdienen indessen ihren Namen mit
sehr geringem Rechte; sie waren aus Eisen und 40 bis 6t) Pfund schwer,
konnten also von einem Manne nicht regiert werden. Sie bestanden aus
zwei Stücken, der Kammer und dem Laufe, welche voneinander getrennt
wurden, um zu laden und welche man durch einen Mechanismus irgend einer
Art wieder solid miteinander verband, um zu schießen. Zu ihrem Gebrauch
war ein Gestell nothwendig und dies durfte keineswegs unsolid se-in.
Solcher Art waren, wie wir annehmen können, die „Kanonen", deren in der
Schlacht von Brügge 1382 die Genter 300 hatten, und die sie auf ihren
Wallcrkarren mit sich führten, welche hier zugleich die Sicile der Lafette oder
deS Gestells vertraten.

Die Arkebusen, welche von 1364 ab aus einem Stück geschmiedet
wurden, konnten zwar von einem Manne regiert werben, waren aber äußerst
kurz, hatten nur etwa 1 >/z Fuß Lauflänge; ihre Schußweite war daher sehr
gering und der Schuß unsicher. Gleichzeitig wurde» sogenannte Couleuvrinc»
aus Bronze gegossen, deren kleinste Art von einem Manne zu handhaben,
22 bis 2S Pfund schwer war und Bleikugeln schoß. Die größeren Arten
waren wirkliche Kanonen, eine Mittels orde versah man unterhalb mit
einem Haken oder Ansatz, um den sehr beträchtlichen Rückstoß zu mindern,
indem man sie mit diesem an irgend ein festes Hinderniß stützte. Diese
Hakenschlangen waren, wie sich von selbst versteht, nur in festen Posi¬
tionen, Verschanzungen u. s. w. zu gebrauchen.

Endlich wurden nun zu Anfang des Is. Jahrhunderts auch leichte Läufe
l>us Eisen von größerer Länge als die ursprünglichen Arkebusen, nämlich von
3 bis 4 Fuß, aus einem Stücke geschmiedet und mit Schäften versehen. Dies
waren die eigentlichen Handrohre, sie sind das erste Kleingcwehr, welches
suum Namen verdient. Sie schössen Bleikugeln, 16 bis 20 aufs Pfund, und
wogen dabei nur 10 bis 12 Pfund. Es sind dieselben „Coulcuvrineu",
Von denen Commes den Eidgenossen bei Murten 10,000 Stück gibt. Ent¬
sprechend den Hakenschlangen von Bronze schmiedete man jetzt aber auch
Laufe von größerem Kaliber, 10 bis 12 Kugeln auf das Pfund Blei und
bis t0 Pfund schwer. Diese waren, wie die Hakenschlangen, mit einem


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[0197] Obgleich das schwere Geschütz viel früher, wenigstens an einzelnen Orten, für die Verwendung im freien Felde brauchbar gemacht ward, als das kleine Gewehr, fo entwickelte sich dies und sein Gebrauch doch viel stetiger, als jener des schweren Geschützes und machte nicht so viele Rückschritte und Pausen a>is dieser. Schon darum ward es in seinen Ansängen für die Ge¬ schichte des Kriegswesens wichtiger als das schwere Geschütz, Den ersten Ansatz zu dem kleinen Gewehr können wir in jenen Hart¬ läufer (e-wons K MSin) erblicken, welche um die Mitte des 13. Jahrhunderts bestimmt schon im Gebrauch waren. Sie verdienen indessen ihren Namen mit sehr geringem Rechte; sie waren aus Eisen und 40 bis 6t) Pfund schwer, konnten also von einem Manne nicht regiert werden. Sie bestanden aus zwei Stücken, der Kammer und dem Laufe, welche voneinander getrennt wurden, um zu laden und welche man durch einen Mechanismus irgend einer Art wieder solid miteinander verband, um zu schießen. Zu ihrem Gebrauch war ein Gestell nothwendig und dies durfte keineswegs unsolid se-in. Solcher Art waren, wie wir annehmen können, die „Kanonen", deren in der Schlacht von Brügge 1382 die Genter 300 hatten, und die sie auf ihren Wallcrkarren mit sich führten, welche hier zugleich die Sicile der Lafette oder deS Gestells vertraten. Die Arkebusen, welche von 1364 ab aus einem Stück geschmiedet wurden, konnten zwar von einem Manne regiert werben, waren aber äußerst kurz, hatten nur etwa 1 >/z Fuß Lauflänge; ihre Schußweite war daher sehr gering und der Schuß unsicher. Gleichzeitig wurde» sogenannte Couleuvrinc» aus Bronze gegossen, deren kleinste Art von einem Manne zu handhaben, 22 bis 2S Pfund schwer war und Bleikugeln schoß. Die größeren Arten waren wirkliche Kanonen, eine Mittels orde versah man unterhalb mit einem Haken oder Ansatz, um den sehr beträchtlichen Rückstoß zu mindern, indem man sie mit diesem an irgend ein festes Hinderniß stützte. Diese Hakenschlangen waren, wie sich von selbst versteht, nur in festen Posi¬ tionen, Verschanzungen u. s. w. zu gebrauchen. Endlich wurden nun zu Anfang des Is. Jahrhunderts auch leichte Läufe l>us Eisen von größerer Länge als die ursprünglichen Arkebusen, nämlich von 3 bis 4 Fuß, aus einem Stücke geschmiedet und mit Schäften versehen. Dies waren die eigentlichen Handrohre, sie sind das erste Kleingcwehr, welches suum Namen verdient. Sie schössen Bleikugeln, 16 bis 20 aufs Pfund, und wogen dabei nur 10 bis 12 Pfund. Es sind dieselben „Coulcuvrineu", Von denen Commes den Eidgenossen bei Murten 10,000 Stück gibt. Ent¬ sprechend den Hakenschlangen von Bronze schmiedete man jetzt aber auch Laufe von größerem Kaliber, 10 bis 12 Kugeln auf das Pfund Blei und bis t0 Pfund schwer. Diese waren, wie die Hakenschlangen, mit einem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/197>, abgerufen am 23.07.2024.