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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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So hatten seine Leute den Vortheil, baß sie beim Zusammenstöße den Feind
beschädigen konnten, ehe sie selbst noch beschädigt wurden. Der Sieg aber
erschien um so rühmlicher, da in den Reihen der Feinde auch 800 Deutsche
gekämpft hatten, seit <t9S der Schrecken und Popanz der italienischen Infanterie.

Zur Zeit, da Macchiavell feine sieben Bücher vom Kriege schrieb, war vel
Spieß bereits auf 18 Fuß oder 9 Ellen Länge angewachsen. Daiüber
hinaus kam man dann nicht, obwol man nicht geringe Lust dazu hatte;
diese Länge des Spießes erhielt sich bis in das 47. Jahrhundert hinein;
man verlangte, daß derselbe eine gute Spitze habe, wo möglich von Eschen¬
holz, nicht allzudünn und an der Spitze auf 4 bis 6 Spannen Länge mit
eisernen Schienen beschlagen sei.

Die Spanier, als sie nach Italien hinüber käme", führten noch ziemlich
dünne und kurze Piken, die sogenannten Gtannetten, welcher sich auch die
leichte Reiterei der Spanier, wenigstens in frühern Zeiten, bediente. Noch
bis 1512 führte dieselbe davon den Namen der Gianneltaren. Obgleich nun
die spanische Infanterie bei ihrer Gewandtheit und Behendigkeit bei dieser
Bewaffnung gegen die langen Piken ihrer Feinde nicht allzuschlccht wegkam,
entledigte doch auch sie sich bald der Giannetten und nahm die längern
Spieße an; doch übertrieben die Spanier die Länge der Piken nie und gaben
den ersten Anstoß, dieselbe wiedertim zu ermäßige".

Die Degen wurden von allen Waffengattungen deö Fußvolkes geführt,
wie wir eS schon erwähnten. Diejenigen der deutschen und schweizerischen
Knechte und insbesondere der Pikeniere waren kurz und eher stumpf als spitz,
weil sich dieselben wesentlich auf ihre Spieße verließen; anders bei den
Spaniern, die sehr bedeutend auf den Degen rechneten und neben dem
langen Degen dann noch für das allerdichleste Handgemenge Dolche führten.
DaS Beispiel der Spanier fand wenigstens in Bezug auf die Verlängerung
der Degen Nachahmung, insbesondere ward dies auch dadurch begünstigt, daß
die mit Feuergewehren bewaffneten Schützen sich immer vermehrten und daß
diese einer guten und handlichen blanken Waffe, die sie jedoch im Gebrauch
des Feuergewehrs nicht hinderte, nicht entbehren konnten. Der Degen sollte
nicht zu lang sein, namentlich um den Musketieren im Laufen beim Schar¬
mutziren nicht störend zu werden, indessen fand man immerhin eine Länge von
drei Fuß statthaft.

Man trifft zu Anfang des 16. Jahrhunderts fast keinen Schriftsteller,
der nicht mit wahrem Abscheu von der Erfindung deö Feuergewehres redete;
dies hinderte aber gar nicht, daß sich alles diese Pest und ihre Vortheile
anzueignen suchte, sobald sich dieselbe nutzbar entwickelt hat-e, sobald man auf¬
hörte, daS Feuergewehr grndczu zu verachten, wie Macchiavell das selbst
noch in einem hohen Grade thut.


So hatten seine Leute den Vortheil, baß sie beim Zusammenstöße den Feind
beschädigen konnten, ehe sie selbst noch beschädigt wurden. Der Sieg aber
erschien um so rühmlicher, da in den Reihen der Feinde auch 800 Deutsche
gekämpft hatten, seit <t9S der Schrecken und Popanz der italienischen Infanterie.

Zur Zeit, da Macchiavell feine sieben Bücher vom Kriege schrieb, war vel
Spieß bereits auf 18 Fuß oder 9 Ellen Länge angewachsen. Daiüber
hinaus kam man dann nicht, obwol man nicht geringe Lust dazu hatte;
diese Länge des Spießes erhielt sich bis in das 47. Jahrhundert hinein;
man verlangte, daß derselbe eine gute Spitze habe, wo möglich von Eschen¬
holz, nicht allzudünn und an der Spitze auf 4 bis 6 Spannen Länge mit
eisernen Schienen beschlagen sei.

Die Spanier, als sie nach Italien hinüber käme«, führten noch ziemlich
dünne und kurze Piken, die sogenannten Gtannetten, welcher sich auch die
leichte Reiterei der Spanier, wenigstens in frühern Zeiten, bediente. Noch
bis 1512 führte dieselbe davon den Namen der Gianneltaren. Obgleich nun
die spanische Infanterie bei ihrer Gewandtheit und Behendigkeit bei dieser
Bewaffnung gegen die langen Piken ihrer Feinde nicht allzuschlccht wegkam,
entledigte doch auch sie sich bald der Giannetten und nahm die längern
Spieße an; doch übertrieben die Spanier die Länge der Piken nie und gaben
den ersten Anstoß, dieselbe wiedertim zu ermäßige».

Die Degen wurden von allen Waffengattungen deö Fußvolkes geführt,
wie wir eS schon erwähnten. Diejenigen der deutschen und schweizerischen
Knechte und insbesondere der Pikeniere waren kurz und eher stumpf als spitz,
weil sich dieselben wesentlich auf ihre Spieße verließen; anders bei den
Spaniern, die sehr bedeutend auf den Degen rechneten und neben dem
langen Degen dann noch für das allerdichleste Handgemenge Dolche führten.
DaS Beispiel der Spanier fand wenigstens in Bezug auf die Verlängerung
der Degen Nachahmung, insbesondere ward dies auch dadurch begünstigt, daß
die mit Feuergewehren bewaffneten Schützen sich immer vermehrten und daß
diese einer guten und handlichen blanken Waffe, die sie jedoch im Gebrauch
des Feuergewehrs nicht hinderte, nicht entbehren konnten. Der Degen sollte
nicht zu lang sein, namentlich um den Musketieren im Laufen beim Schar¬
mutziren nicht störend zu werden, indessen fand man immerhin eine Länge von
drei Fuß statthaft.

Man trifft zu Anfang des 16. Jahrhunderts fast keinen Schriftsteller,
der nicht mit wahrem Abscheu von der Erfindung deö Feuergewehres redete;
dies hinderte aber gar nicht, daß sich alles diese Pest und ihre Vortheile
anzueignen suchte, sobald sich dieselbe nutzbar entwickelt hat-e, sobald man auf¬
hörte, daS Feuergewehr grndczu zu verachten, wie Macchiavell das selbst
noch in einem hohen Grade thut.


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[0196] So hatten seine Leute den Vortheil, baß sie beim Zusammenstöße den Feind beschädigen konnten, ehe sie selbst noch beschädigt wurden. Der Sieg aber erschien um so rühmlicher, da in den Reihen der Feinde auch 800 Deutsche gekämpft hatten, seit <t9S der Schrecken und Popanz der italienischen Infanterie. Zur Zeit, da Macchiavell feine sieben Bücher vom Kriege schrieb, war vel Spieß bereits auf 18 Fuß oder 9 Ellen Länge angewachsen. Daiüber hinaus kam man dann nicht, obwol man nicht geringe Lust dazu hatte; diese Länge des Spießes erhielt sich bis in das 47. Jahrhundert hinein; man verlangte, daß derselbe eine gute Spitze habe, wo möglich von Eschen¬ holz, nicht allzudünn und an der Spitze auf 4 bis 6 Spannen Länge mit eisernen Schienen beschlagen sei. Die Spanier, als sie nach Italien hinüber käme«, führten noch ziemlich dünne und kurze Piken, die sogenannten Gtannetten, welcher sich auch die leichte Reiterei der Spanier, wenigstens in frühern Zeiten, bediente. Noch bis 1512 führte dieselbe davon den Namen der Gianneltaren. Obgleich nun die spanische Infanterie bei ihrer Gewandtheit und Behendigkeit bei dieser Bewaffnung gegen die langen Piken ihrer Feinde nicht allzuschlccht wegkam, entledigte doch auch sie sich bald der Giannetten und nahm die längern Spieße an; doch übertrieben die Spanier die Länge der Piken nie und gaben den ersten Anstoß, dieselbe wiedertim zu ermäßige». Die Degen wurden von allen Waffengattungen deö Fußvolkes geführt, wie wir eS schon erwähnten. Diejenigen der deutschen und schweizerischen Knechte und insbesondere der Pikeniere waren kurz und eher stumpf als spitz, weil sich dieselben wesentlich auf ihre Spieße verließen; anders bei den Spaniern, die sehr bedeutend auf den Degen rechneten und neben dem langen Degen dann noch für das allerdichleste Handgemenge Dolche führten. DaS Beispiel der Spanier fand wenigstens in Bezug auf die Verlängerung der Degen Nachahmung, insbesondere ward dies auch dadurch begünstigt, daß die mit Feuergewehren bewaffneten Schützen sich immer vermehrten und daß diese einer guten und handlichen blanken Waffe, die sie jedoch im Gebrauch des Feuergewehrs nicht hinderte, nicht entbehren konnten. Der Degen sollte nicht zu lang sein, namentlich um den Musketieren im Laufen beim Schar¬ mutziren nicht störend zu werden, indessen fand man immerhin eine Länge von drei Fuß statthaft. Man trifft zu Anfang des 16. Jahrhunderts fast keinen Schriftsteller, der nicht mit wahrem Abscheu von der Erfindung deö Feuergewehres redete; dies hinderte aber gar nicht, daß sich alles diese Pest und ihre Vortheile anzueignen suchte, sobald sich dieselbe nutzbar entwickelt hat-e, sobald man auf¬ hörte, daS Feuergewehr grndczu zu verachten, wie Macchiavell das selbst noch in einem hohen Grade thut.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/196>, abgerufen am 23.07.2024.