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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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Westens wohnen Stämme, die sich von den eigentlichen Chinesen in Sprache,
Sitte und Tracht wesentlich unterscheiden, auch bisweilen durch räuberische
Einfälle die Ruhe derselben stören. Meadows erklärt ,es aber für einen Irr¬
thum, wenn daraus, daß in der Provinz Kwangsi, von wo die Revolution
ausging, die meisten dieser Gebirgsbewohner sich finden, die Meinung abgelei¬
tet worden ist, der jetzige Bürgerkrieg sei nur ein Kampf zwischen dem nicht-
chinesischen Bergvolke und den Chinesen der Ebene.

Die Provinzen zerfallen wieder in kleinere und größere Abtheilungen.
Die kleinsten, die wir Kreise nennen wollen, und von denen jede Provinz etwa
80 umfaßt, werden von untergeordneten Mandarinen verwaltet, welche in sich
das Amt eines PolizeidirectorS, eines Steuereinnehmers und eines Richters
erster Instanz vereinigen, und denen andere Mandarinen als Aufseher der
Gefängnisse und als Eraminatoren beim ersten Eramen der Staatsdiener mit
einem ganzen Heer niederer Beamten zur Seite stehen. Die nächste admini¬
strative Territorialabtheilung bilden die Fu*), Bezirke, die aus zwei bis zwölf
und noch mehren Kreisen bestehen, und denen ein höherer Mandarin vorgesetzt
ist, an den man vom KreiSmandarin appelliren kann. Mehre Fu, gewöhnlich
drei, bilden wieder eine größere Abtheilung, der ein Manvarin noch höherer
Classe vorsteht. Dann folgt die Obeibehörde der ganzen Provinz, deren Vor¬
stand den Titel Gouverneur, auch Generalgouvemeur (Tsung Tus) führt. Die¬
ser ist Oberbefehlshaber der bewaffneten Macht der Provinz und zugleich erster
Civilbeamter derselben; ihm allein steht das Recht zu, direct mit dem Kaiser
in Peking zu correspondiren, er kann jeden ihm untergebenen Mandarin suS-
Pcndiren, er darf in flagranten Fällen selbst Todesurtheile aussprechen und
vollziehen lassen. Unter ihm stehen zunächst ein Obersteuereinnehmer, ein Ober¬
richter und ein oberster, Examinator der Provinz.

Jede Provinz hat ferner ihr eignes Heer, dessen Stärke in der kleinsten
nur 8000, in der größten (Kanton), welche eine ausgedehnte Seeküste hat und
>"> Westen von Einbrüchen jener Bergbewohner bedroht ist, os,000 Mann
beträgt. Nimmt man den Durchschnitt aller 18 Provinzen, so beläuft sich die
Militärmacht in jeder einzelnen auf ungefähr 34,300 ^Mann. Commandeur en
Chef ist, wie bemerkt, der Gouverneur. Unter ihm befehligen dann Offiziere,
die man mit unsern Generallieutnants und Generalmajors vergleichen kann, und
die in Stationen von strategischer Wichtigkeit durch die Provinz vertheilt sind.
Jede Districtsstadt hat ihre Garnison, so daß von der gesammten Armee deS
Reichs 320,900 Mann zu den Besatzungötruppcn gehören, während 19i,800
Aann die mobile Infanterie bilden und 87,000 auf die Cavalerie kommen.
Außer dem Oberbefehl über sämmtliche Truppen seiner Provinz hat jeder Gou-



Alle Städte, deren Namen auf der Karte mit Fu zusammengehabt sind, sind Haupt-
°rde solcher Bezirke.
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Westens wohnen Stämme, die sich von den eigentlichen Chinesen in Sprache,
Sitte und Tracht wesentlich unterscheiden, auch bisweilen durch räuberische
Einfälle die Ruhe derselben stören. Meadows erklärt ,es aber für einen Irr¬
thum, wenn daraus, daß in der Provinz Kwangsi, von wo die Revolution
ausging, die meisten dieser Gebirgsbewohner sich finden, die Meinung abgelei¬
tet worden ist, der jetzige Bürgerkrieg sei nur ein Kampf zwischen dem nicht-
chinesischen Bergvolke und den Chinesen der Ebene.

Die Provinzen zerfallen wieder in kleinere und größere Abtheilungen.
Die kleinsten, die wir Kreise nennen wollen, und von denen jede Provinz etwa
80 umfaßt, werden von untergeordneten Mandarinen verwaltet, welche in sich
das Amt eines PolizeidirectorS, eines Steuereinnehmers und eines Richters
erster Instanz vereinigen, und denen andere Mandarinen als Aufseher der
Gefängnisse und als Eraminatoren beim ersten Eramen der Staatsdiener mit
einem ganzen Heer niederer Beamten zur Seite stehen. Die nächste admini¬
strative Territorialabtheilung bilden die Fu*), Bezirke, die aus zwei bis zwölf
und noch mehren Kreisen bestehen, und denen ein höherer Mandarin vorgesetzt
ist, an den man vom KreiSmandarin appelliren kann. Mehre Fu, gewöhnlich
drei, bilden wieder eine größere Abtheilung, der ein Manvarin noch höherer
Classe vorsteht. Dann folgt die Obeibehörde der ganzen Provinz, deren Vor¬
stand den Titel Gouverneur, auch Generalgouvemeur (Tsung Tus) führt. Die¬
ser ist Oberbefehlshaber der bewaffneten Macht der Provinz und zugleich erster
Civilbeamter derselben; ihm allein steht das Recht zu, direct mit dem Kaiser
in Peking zu correspondiren, er kann jeden ihm untergebenen Mandarin suS-
Pcndiren, er darf in flagranten Fällen selbst Todesurtheile aussprechen und
vollziehen lassen. Unter ihm stehen zunächst ein Obersteuereinnehmer, ein Ober¬
richter und ein oberster, Examinator der Provinz.

Jede Provinz hat ferner ihr eignes Heer, dessen Stärke in der kleinsten
nur 8000, in der größten (Kanton), welche eine ausgedehnte Seeküste hat und
>»> Westen von Einbrüchen jener Bergbewohner bedroht ist, os,000 Mann
beträgt. Nimmt man den Durchschnitt aller 18 Provinzen, so beläuft sich die
Militärmacht in jeder einzelnen auf ungefähr 34,300 ^Mann. Commandeur en
Chef ist, wie bemerkt, der Gouverneur. Unter ihm befehligen dann Offiziere,
die man mit unsern Generallieutnants und Generalmajors vergleichen kann, und
die in Stationen von strategischer Wichtigkeit durch die Provinz vertheilt sind.
Jede Districtsstadt hat ihre Garnison, so daß von der gesammten Armee deS
Reichs 320,900 Mann zu den Besatzungötruppcn gehören, während 19i,800
Aann die mobile Infanterie bilden und 87,000 auf die Cavalerie kommen.
Außer dem Oberbefehl über sämmtliche Truppen seiner Provinz hat jeder Gou-



Alle Städte, deren Namen auf der Karte mit Fu zusammengehabt sind, sind Haupt-
°rde solcher Bezirke.
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[0171] Westens wohnen Stämme, die sich von den eigentlichen Chinesen in Sprache, Sitte und Tracht wesentlich unterscheiden, auch bisweilen durch räuberische Einfälle die Ruhe derselben stören. Meadows erklärt ,es aber für einen Irr¬ thum, wenn daraus, daß in der Provinz Kwangsi, von wo die Revolution ausging, die meisten dieser Gebirgsbewohner sich finden, die Meinung abgelei¬ tet worden ist, der jetzige Bürgerkrieg sei nur ein Kampf zwischen dem nicht- chinesischen Bergvolke und den Chinesen der Ebene. Die Provinzen zerfallen wieder in kleinere und größere Abtheilungen. Die kleinsten, die wir Kreise nennen wollen, und von denen jede Provinz etwa 80 umfaßt, werden von untergeordneten Mandarinen verwaltet, welche in sich das Amt eines PolizeidirectorS, eines Steuereinnehmers und eines Richters erster Instanz vereinigen, und denen andere Mandarinen als Aufseher der Gefängnisse und als Eraminatoren beim ersten Eramen der Staatsdiener mit einem ganzen Heer niederer Beamten zur Seite stehen. Die nächste admini¬ strative Territorialabtheilung bilden die Fu*), Bezirke, die aus zwei bis zwölf und noch mehren Kreisen bestehen, und denen ein höherer Mandarin vorgesetzt ist, an den man vom KreiSmandarin appelliren kann. Mehre Fu, gewöhnlich drei, bilden wieder eine größere Abtheilung, der ein Manvarin noch höherer Classe vorsteht. Dann folgt die Obeibehörde der ganzen Provinz, deren Vor¬ stand den Titel Gouverneur, auch Generalgouvemeur (Tsung Tus) führt. Die¬ ser ist Oberbefehlshaber der bewaffneten Macht der Provinz und zugleich erster Civilbeamter derselben; ihm allein steht das Recht zu, direct mit dem Kaiser in Peking zu correspondiren, er kann jeden ihm untergebenen Mandarin suS- Pcndiren, er darf in flagranten Fällen selbst Todesurtheile aussprechen und vollziehen lassen. Unter ihm stehen zunächst ein Obersteuereinnehmer, ein Ober¬ richter und ein oberster, Examinator der Provinz. Jede Provinz hat ferner ihr eignes Heer, dessen Stärke in der kleinsten nur 8000, in der größten (Kanton), welche eine ausgedehnte Seeküste hat und >»> Westen von Einbrüchen jener Bergbewohner bedroht ist, os,000 Mann beträgt. Nimmt man den Durchschnitt aller 18 Provinzen, so beläuft sich die Militärmacht in jeder einzelnen auf ungefähr 34,300 ^Mann. Commandeur en Chef ist, wie bemerkt, der Gouverneur. Unter ihm befehligen dann Offiziere, die man mit unsern Generallieutnants und Generalmajors vergleichen kann, und die in Stationen von strategischer Wichtigkeit durch die Provinz vertheilt sind. Jede Districtsstadt hat ihre Garnison, so daß von der gesammten Armee deS Reichs 320,900 Mann zu den Besatzungötruppcn gehören, während 19i,800 Aann die mobile Infanterie bilden und 87,000 auf die Cavalerie kommen. Außer dem Oberbefehl über sämmtliche Truppen seiner Provinz hat jeder Gou- Alle Städte, deren Namen auf der Karte mit Fu zusammengehabt sind, sind Haupt- °rde solcher Bezirke. 21"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/171>, abgerufen am 23.07.2024.