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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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Rechnungswesen vereinfacht, ihnen eine tägliche Einnahme sichert und die AuS-
theilungSkosten erspart. Indessen deckt, wie gesagt, der tägliche Verkauf und
das Abonnement kaum die Herstellungskosten: ihren Gewinn ziehen die Zei¬
tungen uns den Annoncen. Die Annoncen sind daher die Hauptsache für die
amerikanischen Blätter. Sie haben in der That in Amerika eine unglaubliche
Ausdehnung gewonnen. Während sämmtliche englische Zeitungen jährlich
2 Millionen Annoncen veröffentlichen, wird die Zahl der Annoncen in den
amerikanischen Blättern auf mindestens 10 Millionen veranschlagt. Die Zei¬
tungen zu 2 Cents geben vier Seiten Tert und vier Seiten Annoncen, die
Zeitungen zu -I Cent geben eine Seite Tert und drei Seiten Annoncen. Je
Weiler man sich von der Küste des atlantischen Oceans entfernt, deren Bewoh¬
ner noch die meisten literarischen Bedürfnisse haben, desto mehr steigt die Zahl
der Annoncen. Die Hauptstadt des Staates Missouri, Se. Louis mit
8i,000 Einwohnern, hat eine Zeitung, welche in größerem Formate als die
londoner TtmcS erscheint und mit engerer und feinerer Schrift gedruckt wird, und
die mit Ausnahme von vier Spalten Tert nichts als Annoncen enthält. Diese
fabelhafte Menge der Annoncen hat ihren Grund darin, weil es kein anderes
Mittel zur Bekanntmachung gibt und weil die Annoncen sehr wohlfeil sind.
Eine von i Zeilen kostet das erste Mal 26 Cents (-11 Silbergroschen) und
kann für -12 Cents so oft als man will wiederholt werden. Dazu kommen
besondere Verträge zwischen den Einsendern und den Zeitungen. Letztere ver-
miethen häufig auf das ganze Jahr einen bestimmten Raum in ihrer Zeitung,
über welchen dann der Miether nach Belieben verfügen kann. Im Westen
von Amerika werben auch die Jnsertionökostcn häufig durch Naturallieferungen
bezahlt.

Wenn die eigentlichen Nedaclionökosten für die amerikanischen Zeitungen
verhältnißmäßig unerheblich sind, so sind die anderweitigen Kosten dagegen Um
so bedeutender. Eine Hauptausgabe verursachen ihnen die zahlreichen telegra¬
phischen Depeschen, obgleich die Telegraphentarife in Amerika bei weitem nie¬
driger sind als in Europa. Die fünf Zweicentszeilungen NeuyorkS haben
sich vereinigt, um einen Auszug aus den Debatten des Washingtoner Kon¬
gresses, einen Bericht über die Sitzungen der Legislatur in Albany und über
die Resultate der Wahlen gemeinschaftlich durch den Telegraphen zu beziehen
und diese Ausgabe beträgt jährlich -100,000 Dollars (-140,000 Thaler). Dazu
kommen noch die besondern Depeschen, welche jede Zeitung durch ihre Corre-
spondenten bezieht. Jede bedeutende Zeitung Nordamerikas unterhält in Hali-
sar einen Korrespondenten, welcher sofort nach der Ankunft der aus Europa
kommenden Packetboote, die europäischen Nachrichten ihr telegraphirt.

Demnächst kommen die Ausgaben für die Korrespondenzen, die nicht allein
aus den verschiedenen Staaten Nordamerikas, sondern auch aus den bedeutend-


Rechnungswesen vereinfacht, ihnen eine tägliche Einnahme sichert und die AuS-
theilungSkosten erspart. Indessen deckt, wie gesagt, der tägliche Verkauf und
das Abonnement kaum die Herstellungskosten: ihren Gewinn ziehen die Zei¬
tungen uns den Annoncen. Die Annoncen sind daher die Hauptsache für die
amerikanischen Blätter. Sie haben in der That in Amerika eine unglaubliche
Ausdehnung gewonnen. Während sämmtliche englische Zeitungen jährlich
2 Millionen Annoncen veröffentlichen, wird die Zahl der Annoncen in den
amerikanischen Blättern auf mindestens 10 Millionen veranschlagt. Die Zei¬
tungen zu 2 Cents geben vier Seiten Tert und vier Seiten Annoncen, die
Zeitungen zu -I Cent geben eine Seite Tert und drei Seiten Annoncen. Je
Weiler man sich von der Küste des atlantischen Oceans entfernt, deren Bewoh¬
ner noch die meisten literarischen Bedürfnisse haben, desto mehr steigt die Zahl
der Annoncen. Die Hauptstadt des Staates Missouri, Se. Louis mit
8i,000 Einwohnern, hat eine Zeitung, welche in größerem Formate als die
londoner TtmcS erscheint und mit engerer und feinerer Schrift gedruckt wird, und
die mit Ausnahme von vier Spalten Tert nichts als Annoncen enthält. Diese
fabelhafte Menge der Annoncen hat ihren Grund darin, weil es kein anderes
Mittel zur Bekanntmachung gibt und weil die Annoncen sehr wohlfeil sind.
Eine von i Zeilen kostet das erste Mal 26 Cents (-11 Silbergroschen) und
kann für -12 Cents so oft als man will wiederholt werden. Dazu kommen
besondere Verträge zwischen den Einsendern und den Zeitungen. Letztere ver-
miethen häufig auf das ganze Jahr einen bestimmten Raum in ihrer Zeitung,
über welchen dann der Miether nach Belieben verfügen kann. Im Westen
von Amerika werben auch die Jnsertionökostcn häufig durch Naturallieferungen
bezahlt.

Wenn die eigentlichen Nedaclionökosten für die amerikanischen Zeitungen
verhältnißmäßig unerheblich sind, so sind die anderweitigen Kosten dagegen Um
so bedeutender. Eine Hauptausgabe verursachen ihnen die zahlreichen telegra¬
phischen Depeschen, obgleich die Telegraphentarife in Amerika bei weitem nie¬
driger sind als in Europa. Die fünf Zweicentszeilungen NeuyorkS haben
sich vereinigt, um einen Auszug aus den Debatten des Washingtoner Kon¬
gresses, einen Bericht über die Sitzungen der Legislatur in Albany und über
die Resultate der Wahlen gemeinschaftlich durch den Telegraphen zu beziehen
und diese Ausgabe beträgt jährlich -100,000 Dollars (-140,000 Thaler). Dazu
kommen noch die besondern Depeschen, welche jede Zeitung durch ihre Corre-
spondenten bezieht. Jede bedeutende Zeitung Nordamerikas unterhält in Hali-
sar einen Korrespondenten, welcher sofort nach der Ankunft der aus Europa
kommenden Packetboote, die europäischen Nachrichten ihr telegraphirt.

Demnächst kommen die Ausgaben für die Korrespondenzen, die nicht allein
aus den verschiedenen Staaten Nordamerikas, sondern auch aus den bedeutend-


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[0165] Rechnungswesen vereinfacht, ihnen eine tägliche Einnahme sichert und die AuS- theilungSkosten erspart. Indessen deckt, wie gesagt, der tägliche Verkauf und das Abonnement kaum die Herstellungskosten: ihren Gewinn ziehen die Zei¬ tungen uns den Annoncen. Die Annoncen sind daher die Hauptsache für die amerikanischen Blätter. Sie haben in der That in Amerika eine unglaubliche Ausdehnung gewonnen. Während sämmtliche englische Zeitungen jährlich 2 Millionen Annoncen veröffentlichen, wird die Zahl der Annoncen in den amerikanischen Blättern auf mindestens 10 Millionen veranschlagt. Die Zei¬ tungen zu 2 Cents geben vier Seiten Tert und vier Seiten Annoncen, die Zeitungen zu -I Cent geben eine Seite Tert und drei Seiten Annoncen. Je Weiler man sich von der Küste des atlantischen Oceans entfernt, deren Bewoh¬ ner noch die meisten literarischen Bedürfnisse haben, desto mehr steigt die Zahl der Annoncen. Die Hauptstadt des Staates Missouri, Se. Louis mit 8i,000 Einwohnern, hat eine Zeitung, welche in größerem Formate als die londoner TtmcS erscheint und mit engerer und feinerer Schrift gedruckt wird, und die mit Ausnahme von vier Spalten Tert nichts als Annoncen enthält. Diese fabelhafte Menge der Annoncen hat ihren Grund darin, weil es kein anderes Mittel zur Bekanntmachung gibt und weil die Annoncen sehr wohlfeil sind. Eine von i Zeilen kostet das erste Mal 26 Cents (-11 Silbergroschen) und kann für -12 Cents so oft als man will wiederholt werden. Dazu kommen besondere Verträge zwischen den Einsendern und den Zeitungen. Letztere ver- miethen häufig auf das ganze Jahr einen bestimmten Raum in ihrer Zeitung, über welchen dann der Miether nach Belieben verfügen kann. Im Westen von Amerika werben auch die Jnsertionökostcn häufig durch Naturallieferungen bezahlt. Wenn die eigentlichen Nedaclionökosten für die amerikanischen Zeitungen verhältnißmäßig unerheblich sind, so sind die anderweitigen Kosten dagegen Um so bedeutender. Eine Hauptausgabe verursachen ihnen die zahlreichen telegra¬ phischen Depeschen, obgleich die Telegraphentarife in Amerika bei weitem nie¬ driger sind als in Europa. Die fünf Zweicentszeilungen NeuyorkS haben sich vereinigt, um einen Auszug aus den Debatten des Washingtoner Kon¬ gresses, einen Bericht über die Sitzungen der Legislatur in Albany und über die Resultate der Wahlen gemeinschaftlich durch den Telegraphen zu beziehen und diese Ausgabe beträgt jährlich -100,000 Dollars (-140,000 Thaler). Dazu kommen noch die besondern Depeschen, welche jede Zeitung durch ihre Corre- spondenten bezieht. Jede bedeutende Zeitung Nordamerikas unterhält in Hali- sar einen Korrespondenten, welcher sofort nach der Ankunft der aus Europa kommenden Packetboote, die europäischen Nachrichten ihr telegraphirt. Demnächst kommen die Ausgaben für die Korrespondenzen, die nicht allein aus den verschiedenen Staaten Nordamerikas, sondern auch aus den bedeutend-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/165>, abgerufen am 23.07.2024.