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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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als die in ihnen angehäuften Summen dem Kleinverkehr verloren gehn, und
nur gegen ganz sichere Hypothek ausgeliehen zu werden pflegen.

Daß natürlich, um die Zinsen ver Vercinöglaubiger und Verwaltungs¬
kosten zu decken, und noch einen Überschuß zur Dividende zu behalten, die
Vorschußempfänger angemessene Zinsen und. Provision zahlen müssen, versteht
sich von selbst, und ist beides im Durchschnitt zusammen auf 8--10 Procent auf
das Jahr normirt. Da die Vorschüsse, des raschen Umsatzes halber, der im
Kleinverkehr die Regel bildet, meist nur auf Monate genommen werde", so^
findet niemand diesen Zinsfuß lästig, der etwa dem des Bankiers entspricht,
welcher bei kürzern Anlehen auch 6 Proceni jährlichen Zins und bis '/"
Procent Provision pro Monat zu berechnen pflegt. Jedenfalls ist er unend¬
lich niedriger als der Zins, welchen die unbemittelten Gewerbtreibenden, wenn
sie überhaupt Geld erhielten, bei denen, die hieraus ein Geschäft machten,
zahlen mußten, wo Schulze Fälle aufzählt von Darlehnen auf kurze Frist, für
welche der Zins, auf daS Jahr gerechnet, mehre hundert Procent betrug, und
40--30 Procent (z. B. -I Thaler von 20 Thaler Capital auf den Monat)
als höchst billig galten. Dagegen haben vie Mitglieder obiger Vereine nur
20--23 Silbergroschen monatlich für 100 Thaler Capital an Zins und Pro¬
vision zusammen zu zahlen und erhalten obenein alles, was davon nach Deckung
der unvermeivlichen Geschäftsunkosten übrig bleibt, in Gestalt der Dividende wie¬
der zurück. Wer es aber weiß, welchen Werth es für den Gewerbtreibenden
hat, jeden Augenblick die benöthigte Baarschaft erhalten zu können; welchen
Nutzen er sich mit 30--100 Thalern zur rechten Zeit schaffen kann, der wird
obigen Zinssatz in keiner Weise zu hoch finden.

Die Höhe der Vorschüsse richtet sich nach den Mitteln der Kasse
und dem localen Bedürfnisse und ist bei den einzelnen Vereinen ver¬
schieden. Doch wird in den kleinern Landstädten gegenwärtig meist bis zu
300, ja 300 Thaler, in den Mittelstädten und größern Orten schon bis zu
1000 Thaler auf einmal creditirt, was das Bedürfniß des Kleingewerbes
eigentlich schon übersteigt, und daher kommt, daß auch wohlhabendere Gewerb-
treibeude den Vereinen beizutreten anfangen. Darin aber stimmen alle Be¬
richte überein, daß wegen Mangel an Baarschaft wol noch nie ein sonst an¬
nehmbares Vorschußgesuch abgewiesen zu werden brauchte, indem die meisten
Vereine bereits im Stande waren, wegen mehr als ausreichenden Geldofferten
sich ihren vollen Bedarf gegen 4 oder höchstens i-Vs Procent Zinsen zu ver¬
schaffen.

Die Sicherheit der Vorschüsse endlich konnte, der Natur der Sache nach,
nur eine persönliche sein, wollten die Institute nicht ihren Hauptzweck, dem
Kleingewerbe aufzuhelfen, verfehlen. Moralische und geschäftliche Tüchtigkeit
und Solidität sind zumeist die Eigenschaften, auf welche man sieht, und um


als die in ihnen angehäuften Summen dem Kleinverkehr verloren gehn, und
nur gegen ganz sichere Hypothek ausgeliehen zu werden pflegen.

Daß natürlich, um die Zinsen ver Vercinöglaubiger und Verwaltungs¬
kosten zu decken, und noch einen Überschuß zur Dividende zu behalten, die
Vorschußempfänger angemessene Zinsen und. Provision zahlen müssen, versteht
sich von selbst, und ist beides im Durchschnitt zusammen auf 8—10 Procent auf
das Jahr normirt. Da die Vorschüsse, des raschen Umsatzes halber, der im
Kleinverkehr die Regel bildet, meist nur auf Monate genommen werde», so^
findet niemand diesen Zinsfuß lästig, der etwa dem des Bankiers entspricht,
welcher bei kürzern Anlehen auch 6 Proceni jährlichen Zins und bis '/»
Procent Provision pro Monat zu berechnen pflegt. Jedenfalls ist er unend¬
lich niedriger als der Zins, welchen die unbemittelten Gewerbtreibenden, wenn
sie überhaupt Geld erhielten, bei denen, die hieraus ein Geschäft machten,
zahlen mußten, wo Schulze Fälle aufzählt von Darlehnen auf kurze Frist, für
welche der Zins, auf daS Jahr gerechnet, mehre hundert Procent betrug, und
40—30 Procent (z. B. -I Thaler von 20 Thaler Capital auf den Monat)
als höchst billig galten. Dagegen haben vie Mitglieder obiger Vereine nur
20—23 Silbergroschen monatlich für 100 Thaler Capital an Zins und Pro¬
vision zusammen zu zahlen und erhalten obenein alles, was davon nach Deckung
der unvermeivlichen Geschäftsunkosten übrig bleibt, in Gestalt der Dividende wie¬
der zurück. Wer es aber weiß, welchen Werth es für den Gewerbtreibenden
hat, jeden Augenblick die benöthigte Baarschaft erhalten zu können; welchen
Nutzen er sich mit 30—100 Thalern zur rechten Zeit schaffen kann, der wird
obigen Zinssatz in keiner Weise zu hoch finden.

Die Höhe der Vorschüsse richtet sich nach den Mitteln der Kasse
und dem localen Bedürfnisse und ist bei den einzelnen Vereinen ver¬
schieden. Doch wird in den kleinern Landstädten gegenwärtig meist bis zu
300, ja 300 Thaler, in den Mittelstädten und größern Orten schon bis zu
1000 Thaler auf einmal creditirt, was das Bedürfniß des Kleingewerbes
eigentlich schon übersteigt, und daher kommt, daß auch wohlhabendere Gewerb-
treibeude den Vereinen beizutreten anfangen. Darin aber stimmen alle Be¬
richte überein, daß wegen Mangel an Baarschaft wol noch nie ein sonst an¬
nehmbares Vorschußgesuch abgewiesen zu werden brauchte, indem die meisten
Vereine bereits im Stande waren, wegen mehr als ausreichenden Geldofferten
sich ihren vollen Bedarf gegen 4 oder höchstens i-Vs Procent Zinsen zu ver¬
schaffen.

Die Sicherheit der Vorschüsse endlich konnte, der Natur der Sache nach,
nur eine persönliche sein, wollten die Institute nicht ihren Hauptzweck, dem
Kleingewerbe aufzuhelfen, verfehlen. Moralische und geschäftliche Tüchtigkeit
und Solidität sind zumeist die Eigenschaften, auf welche man sieht, und um


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/135>, abgerufen am 23.07.2024.