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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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so allgemeine Verbindung politisch gefährlich schien, und so zerfiel das Ganze
schon 1849 dergestalt, daß es nirgend zu dauernden Gestaltungen und blei¬
benden Resultaten kam.

Aber grade in dem beiderseitigen Mißlingen der zwiespältigen Bewegung
fand sich für dieselbe ein Einigungspunkt, an welchen sich mit praktischen Or¬
ganisationen anknüpfen ließ. Indem ein Theil der Handwerker zu der Einsicht
gelangte, das; die Rückkehr zum Alten und der Schutz des Staats im Gewerbe¬
betriebe von Tage zu Tage immer unmöglicher werde, näherte er sich dem leiten¬
den Gedanken der übrigen Arbeiter, der Selbsthilfe, während wiederum die
letztern von jenen zu vagen und weitaussehenden Unternehmungen sich zur
Wahrnehmung ihrer unmittelbaren und nächsten Interessen hingedrängt fühl¬
ten. So wurde der Boden erst für die localen Genossenschaften zu speciellen
Zwecken, die wirthschaftlichen und gewerkschaftlichen Associationen vorbereitet,
und es bedürfte nur eines Anstoßes, um die allgemeine, in der Hauptströmung
liegende Disposition der arbeitenden Classen dahin zu lenken. Daß dieser An¬
stoß von einer Anzahl nicht bedeutender Landstädte der preußischen Provinz
Sachsen, namentlich der Stadt Delitzsch ausging, lag in dem rein zufälligen
Umstände, daß sich hier der frühere Deputirte der preußischen Nationalversamm¬
lung, der mit Leitung der für die Handwerkerverhältnisse eingesetzten Fachcom-
mission betraut gewesene Obcrgerichtsassessor Schulze der Sache mit Wort und
That annahm und nicht nur die ersten Organisationen selbst leitete, sondern
auch, insbesondere seit seinem Austritt aus dem Staatsdienst, die Förderung
des Associationöwesens in der Presse und sonst auf jede Weise als seine Lebens¬
aufgabe beharrlich verfolgte, so daß noch gegenwärtig die in diesem Ort und
den Nachbarstädten blühenden Associationen als Muster gelten und ihre An¬
regung nach weit hin durch das gemeinsame Vaterland verbreiten. Doch ist
die ganze Bewegung insofern noch in den ersten Stadien, als sie sich bisher
noch nicht bis zum Gewerbebetrieb für gemeinsame Rechnung erhoben hat,
obschon man dies Seitens der leitenden Personen selbst als das eigentliche
Ziel anerkennt. Vielmehr hat man sich bisher auf die eigentlich wirthschaftlichen
Associationen beschränkt, und es mit den Verbänden zu gewerblichen Zwecken meist
bei der gemeinsamen Beziehung der Rohstoffe so wie Beschaffung baarer Geld¬
mittel bewenden lassen. Doch haben diese Associationen im Gegensatz zu den
englischen und französischen vieles Eigenthümliche, wie sie denn von Haus
aus ganz selbstständig und gleichzeitig mir jenen, im Sommer 1849 begannen,
wo man die Einrichtung und die Resultate jener in Deutschland noch so gut
wie gar nicht kannte. Um dies darzuthun, lassen wir hier zunächst den GriMy
gebauten der ganzen Organisation, wie ihn die schulzeschcn Schriften",wehM
beinahe ausschließlich das betreffende Material enthalten, insbesondere Kfls,,
Associationöbuch für deutsche Handwerker und Arbeiter. LeWg, MMM!


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so allgemeine Verbindung politisch gefährlich schien, und so zerfiel das Ganze
schon 1849 dergestalt, daß es nirgend zu dauernden Gestaltungen und blei¬
benden Resultaten kam.

Aber grade in dem beiderseitigen Mißlingen der zwiespältigen Bewegung
fand sich für dieselbe ein Einigungspunkt, an welchen sich mit praktischen Or¬
ganisationen anknüpfen ließ. Indem ein Theil der Handwerker zu der Einsicht
gelangte, das; die Rückkehr zum Alten und der Schutz des Staats im Gewerbe¬
betriebe von Tage zu Tage immer unmöglicher werde, näherte er sich dem leiten¬
den Gedanken der übrigen Arbeiter, der Selbsthilfe, während wiederum die
letztern von jenen zu vagen und weitaussehenden Unternehmungen sich zur
Wahrnehmung ihrer unmittelbaren und nächsten Interessen hingedrängt fühl¬
ten. So wurde der Boden erst für die localen Genossenschaften zu speciellen
Zwecken, die wirthschaftlichen und gewerkschaftlichen Associationen vorbereitet,
und es bedürfte nur eines Anstoßes, um die allgemeine, in der Hauptströmung
liegende Disposition der arbeitenden Classen dahin zu lenken. Daß dieser An¬
stoß von einer Anzahl nicht bedeutender Landstädte der preußischen Provinz
Sachsen, namentlich der Stadt Delitzsch ausging, lag in dem rein zufälligen
Umstände, daß sich hier der frühere Deputirte der preußischen Nationalversamm¬
lung, der mit Leitung der für die Handwerkerverhältnisse eingesetzten Fachcom-
mission betraut gewesene Obcrgerichtsassessor Schulze der Sache mit Wort und
That annahm und nicht nur die ersten Organisationen selbst leitete, sondern
auch, insbesondere seit seinem Austritt aus dem Staatsdienst, die Förderung
des Associationöwesens in der Presse und sonst auf jede Weise als seine Lebens¬
aufgabe beharrlich verfolgte, so daß noch gegenwärtig die in diesem Ort und
den Nachbarstädten blühenden Associationen als Muster gelten und ihre An¬
regung nach weit hin durch das gemeinsame Vaterland verbreiten. Doch ist
die ganze Bewegung insofern noch in den ersten Stadien, als sie sich bisher
noch nicht bis zum Gewerbebetrieb für gemeinsame Rechnung erhoben hat,
obschon man dies Seitens der leitenden Personen selbst als das eigentliche
Ziel anerkennt. Vielmehr hat man sich bisher auf die eigentlich wirthschaftlichen
Associationen beschränkt, und es mit den Verbänden zu gewerblichen Zwecken meist
bei der gemeinsamen Beziehung der Rohstoffe so wie Beschaffung baarer Geld¬
mittel bewenden lassen. Doch haben diese Associationen im Gegensatz zu den
englischen und französischen vieles Eigenthümliche, wie sie denn von Haus
aus ganz selbstständig und gleichzeitig mir jenen, im Sommer 1849 begannen,
wo man die Einrichtung und die Resultate jener in Deutschland noch so gut
wie gar nicht kannte. Um dies darzuthun, lassen wir hier zunächst den GriMy
gebauten der ganzen Organisation, wie ihn die schulzeschcn Schriften„,wehM
beinahe ausschließlich das betreffende Material enthalten, insbesondere Kfls,,
Associationöbuch für deutsche Handwerker und Arbeiter. LeWg, MMM!


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/131>, abgerufen am 18.06.2024.