Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.dischen Suprematie Oestreichs unterwerfen kann, und der Jnbel darüber ist nicht Weil aber Preuße" nach der ganzen Beschaffenheit der industriellen, commer- dischen Suprematie Oestreichs unterwerfen kann, und der Jnbel darüber ist nicht Weil aber Preuße» nach der ganzen Beschaffenheit der industriellen, commer- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0524" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104725"/> <p xml:id="ID_1375" prev="#ID_1374"> dischen Suprematie Oestreichs unterwerfen kann, und der Jnbel darüber ist nicht<lb/> gering gewesen. Uns scheint es jedoch, als ob unsere College» am Leck und an<lb/> der Donau ihr Siegeslied viel zu früh anstimmten. Daß die regsamen und tüch¬<lb/> tigen Kaufleute und Industriellen des Rheinlands eine Erweiterung ihres Marktes<lb/> dnrch den Wegfall der östreichische» Zollschranken willkommen heißen würde», finde»<lb/> wir ganz natürlich; jeder Geschäftsmann wünscht sein Geschäft so weit als möglich<lb/> auszudehnen, und es ist z» verzeihe», wen» er dabei die politischen Rücksichten ans<lb/> dem Ange verliert, die der Erfüllung seiner Wünsche in den Weg treten. Das<lb/> Verschwinden der Zollschranken zwischen Frankreich n»d Deutschland würde der<lb/> rheinische» Industrie einen viel größeren und wichtigeren Markt eröffnen, und ihr des¬<lb/> halb nicht minder wünschenswert!) sein; es fällt aber gar niemandem ein, den<lb/> Wunsch auszusprechen, da die Unmöglichkeit der Erfüllung desselben sogleich in die<lb/> Ange» springt. Die El»ign»g Deutschlands und Gcsammtöstrcichs zu einem Han-<lb/> delsstaat ist aber kaum minder unmögliche und nur das staatsrechtliche Band, wel¬<lb/> ches Oestreich a» Da»that,la»d kettet, läßt sür Augenblicke den tiefen Zwiespalt<lb/> zwischen de» handelspolitische» Interessen des Zollvereins und des Kaiserstaats<lb/> vergessen. Die Stellung, welche Preuße» als führende Macht im Zollverein ein¬<lb/> nimmt, hat ihre natürlichen materiellen Grundlagen. Der Schwerpunkt der In¬<lb/> dustrie Mitteleuropas liegt in Norddeutschland, nicht in Süddentschland und noch<lb/> weniger i» Oestreich, und Preußen ist nebst Sachsen der Hauptsitz derselben; ihre<lb/> vornehmsten Märkte befinden sich im Norden und Nordosten von Europa, so wie jenseit<lb/> des Weltmeeres in dem mächtig aufblühenden u»d viel co»s»aire»den Amerika,<lb/> nicht in dem verkommende» und verarmten Orient; nud wie Norddeutschland der<lb/> Hauptprodnceut und größte Exporteur i» Mitteleuropa ist, so ist es auch der<lb/> Hauptmarkt für ausländische Nohproducte und Judnstrieerzeugnisse zum eignen<lb/> Cousum und zu weiterer Versendung. Theils die geographische Lage und der<lb/> Reichthum seines Bodens an Kohle und Eisen, theils der industrielle Fleiß und<lb/> die kaufmännische Energie seiner Bewohner habe» es dazu gemacht, und der natür¬<lb/> liche Vertreter dieser hochwichtigen Interessen dem Auslande gegenüber ist Preußen, als<lb/> der einzige Großstaat in dieser Gruppe. Weil es mehr amerikanische Producte<lb/> und englische Erzeugnisse verzehrt als Oestreich, kann es naturgemäß seinen handels¬<lb/> politischen Wünschen bei diese» beiden großen Handelsstaate» mehr Nachdruck geben<lb/> als Oestreich, welches handelspolitisch zu verpflichten beide Staaten nnr geringes<lb/> Interesse haben. Die wichtige» Märkte Skandinaviens kann Oestreich noch weit<lb/> weniger beeinflussen. Spielt es doch sogar ans dem Terrain, das es in der Presse<lb/> immer als seine Domäne, als die Dentschland bei der Zvlleinignng zugedachte<lb/> Morgcngabe darstellt, im Orient, eine sehr dürftige Rolle, und wenn die deutsche<lb/> Industrie auf östreichische Unterstützung hätte warte» sollen, so hätten ihre Erzeug¬<lb/> nisse in den Donaufürstenthümern und i» der Türkei gewiß heute noch keinen<lb/> Markt, den sie sich durch ihre eigne Thätigkeit erworben haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1376" next="#ID_1377"> Weil aber Preuße» nach der ganzen Beschaffenheit der industriellen, commer-<lb/> ziellen und politischen Verhältnisse der natürliche Vertreter des Zollvereins ist, und<lb/> deshalb immer die erste Rolle i» demselben spielen muß, wenn er gedeihen soll,<lb/> so könnte Oestreich »ur als zweite Macht eintreten, und das wird es nicht wolle»,<lb/> und kann es nicht einmal. Bei ihm ist die, Handelspolitik überhaupt nur Magd</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0524]
dischen Suprematie Oestreichs unterwerfen kann, und der Jnbel darüber ist nicht
gering gewesen. Uns scheint es jedoch, als ob unsere College» am Leck und an
der Donau ihr Siegeslied viel zu früh anstimmten. Daß die regsamen und tüch¬
tigen Kaufleute und Industriellen des Rheinlands eine Erweiterung ihres Marktes
dnrch den Wegfall der östreichische» Zollschranken willkommen heißen würde», finde»
wir ganz natürlich; jeder Geschäftsmann wünscht sein Geschäft so weit als möglich
auszudehnen, und es ist z» verzeihe», wen» er dabei die politischen Rücksichten ans
dem Ange verliert, die der Erfüllung seiner Wünsche in den Weg treten. Das
Verschwinden der Zollschranken zwischen Frankreich n»d Deutschland würde der
rheinische» Industrie einen viel größeren und wichtigeren Markt eröffnen, und ihr des¬
halb nicht minder wünschenswert!) sein; es fällt aber gar niemandem ein, den
Wunsch auszusprechen, da die Unmöglichkeit der Erfüllung desselben sogleich in die
Ange» springt. Die El»ign»g Deutschlands und Gcsammtöstrcichs zu einem Han-
delsstaat ist aber kaum minder unmögliche und nur das staatsrechtliche Band, wel¬
ches Oestreich a» Da»that,la»d kettet, läßt sür Augenblicke den tiefen Zwiespalt
zwischen de» handelspolitische» Interessen des Zollvereins und des Kaiserstaats
vergessen. Die Stellung, welche Preuße» als führende Macht im Zollverein ein¬
nimmt, hat ihre natürlichen materiellen Grundlagen. Der Schwerpunkt der In¬
dustrie Mitteleuropas liegt in Norddeutschland, nicht in Süddentschland und noch
weniger i» Oestreich, und Preußen ist nebst Sachsen der Hauptsitz derselben; ihre
vornehmsten Märkte befinden sich im Norden und Nordosten von Europa, so wie jenseit
des Weltmeeres in dem mächtig aufblühenden u»d viel co»s»aire»den Amerika,
nicht in dem verkommende» und verarmten Orient; nud wie Norddeutschland der
Hauptprodnceut und größte Exporteur i» Mitteleuropa ist, so ist es auch der
Hauptmarkt für ausländische Nohproducte und Judnstrieerzeugnisse zum eignen
Cousum und zu weiterer Versendung. Theils die geographische Lage und der
Reichthum seines Bodens an Kohle und Eisen, theils der industrielle Fleiß und
die kaufmännische Energie seiner Bewohner habe» es dazu gemacht, und der natür¬
liche Vertreter dieser hochwichtigen Interessen dem Auslande gegenüber ist Preußen, als
der einzige Großstaat in dieser Gruppe. Weil es mehr amerikanische Producte
und englische Erzeugnisse verzehrt als Oestreich, kann es naturgemäß seinen handels¬
politischen Wünschen bei diese» beiden großen Handelsstaate» mehr Nachdruck geben
als Oestreich, welches handelspolitisch zu verpflichten beide Staaten nnr geringes
Interesse haben. Die wichtige» Märkte Skandinaviens kann Oestreich noch weit
weniger beeinflussen. Spielt es doch sogar ans dem Terrain, das es in der Presse
immer als seine Domäne, als die Dentschland bei der Zvlleinignng zugedachte
Morgcngabe darstellt, im Orient, eine sehr dürftige Rolle, und wenn die deutsche
Industrie auf östreichische Unterstützung hätte warte» sollen, so hätten ihre Erzeug¬
nisse in den Donaufürstenthümern und i» der Türkei gewiß heute noch keinen
Markt, den sie sich durch ihre eigne Thätigkeit erworben haben.
Weil aber Preuße» nach der ganzen Beschaffenheit der industriellen, commer-
ziellen und politischen Verhältnisse der natürliche Vertreter des Zollvereins ist, und
deshalb immer die erste Rolle i» demselben spielen muß, wenn er gedeihen soll,
so könnte Oestreich »ur als zweite Macht eintreten, und das wird es nicht wolle»,
und kann es nicht einmal. Bei ihm ist die, Handelspolitik überhaupt nur Magd
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