Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.
Auf der Schule hat Heine in den philologischen Studien nicht viel ge¬
Auf der Schule hat Heine in den philologischen Studien nicht viel ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0046" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104247"/> <quote> <lg xml:id="POEMID_2" type="poem"> <l> Und die Tugend und den Glauben<lb/> Und die Himmelsseligkeit —<lb/> Alles Gute sie uns rauben,<lb/> Geben Sünde uns und Leid. ......<lb/></l> <l> Eignes Leid dem Deutschen lehrt<lb/> Christus sanftes Wort verstehe«!;<lb/> 's zeugt nur Brüder deutsche Erde,<lb/> Nur die Menschlichkeit ist schön.</l> <l> Auch die alte fromme Minne<lb/> Kehrt zurück, die Sängerlust,<lb/> Zierest herrlich, fromme Minne,<lb/> Deutschen Mannes Heldenbrust, u. s. w.</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_118" next="#ID_119"> Auf der Schule hat Heine in den philologischen Studien nicht viel ge¬<lb/> leistet. Ende 1816 kam er nach Hamburg, um in daS Banquiergeschäft seines<lb/> Oheims einzutreten, aber Salomon Heine erkannte bald, daß sein Neffe sich<lb/> für den Kaufmannsstand nicht qualificire, und setzte ihm einen bedeutenden<lb/> Jahrgehalt aus, um die Akademie zu besuchen. In die Zeit seines Aufent¬<lb/> halts in Hamburg, 18-16—1819, fällt eine große Zahl lyrischer Gedichte, die<lb/> zum Theil in Hamburger Zeitschriften veröffentlicht wurden. Ostern 1819 be¬<lb/> gab er sich nach der Universität Bonn. Die juristischen Collegia besuchte er<lb/> sehr unregelmäßig, mit desto regeren Fleiß wohnte er den Vorlesungen in<lb/> denjenigen Fächern bei, welche seine Neigung gewählt hatte; der Besuch der¬<lb/> selben war trotz ihrer großen Zahl unausgesetzt von seiner Seite regelmäßig und<lb/> pünktlich, so daß keiner seiner Kommilitonen hierin ihm Rang und Vorzug<lb/> streitig machen konnte. Geschichte, besonders deutsche Geschichte, so wie alles,<lb/> was sich auf deutsche Literatur bezog, war sein Haupt- und Lieblingsstudium<lb/> während seines akademischen Aufenthaltes auf der Rheinuniversität. Die Vor¬<lb/> lesungen HüllmannS, Radlofs und Schlegels hörte er sämmtlich ohne Aus¬<lb/> nahme; seine Hefte waren vollständig und sauber geschrieben; denn er schrieb<lb/> schnell und schön zugleich — eine KaufmannShand — und revidirte täglich<lb/> seine Aufzeichnungen; denn in seinen Lieblingsstudien war er gewissenhaft wie<lb/> einer. Auf der Universität herrschte damals noch der Gesammtverein der Bur¬<lb/> schenschaft; die Landsmannschaften traten erst allmälig daraus hervor. Der<lb/> Verkehr der Studenten in den Familienkreisen war sehr gering; nur bei Schlegel<lb/> fand sich eine auserwählte Gesellschaft ein. Eine Menge junger Leute, die<lb/> später in den verschiedensten Gattungen sich ausgezeichnet haben, studirten<lb/> damals gemeinschaftlich in Bonn, z. B. Böcking, Dieffenbach, Hengstenberg,<lb/> Hoffmann von Fallersleben, Jarcke, Wolfgang Menzel, Simrock und andere.<lb/> Die Mütze von brennendrother Farbe, weit nach hinten auf den Kopf ge-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0046]
Und die Tugend und den Glauben
Und die Himmelsseligkeit —
Alles Gute sie uns rauben,
Geben Sünde uns und Leid. ......
Eignes Leid dem Deutschen lehrt
Christus sanftes Wort verstehe«!;
's zeugt nur Brüder deutsche Erde,
Nur die Menschlichkeit ist schön. Auch die alte fromme Minne
Kehrt zurück, die Sängerlust,
Zierest herrlich, fromme Minne,
Deutschen Mannes Heldenbrust, u. s. w.
Auf der Schule hat Heine in den philologischen Studien nicht viel ge¬
leistet. Ende 1816 kam er nach Hamburg, um in daS Banquiergeschäft seines
Oheims einzutreten, aber Salomon Heine erkannte bald, daß sein Neffe sich
für den Kaufmannsstand nicht qualificire, und setzte ihm einen bedeutenden
Jahrgehalt aus, um die Akademie zu besuchen. In die Zeit seines Aufent¬
halts in Hamburg, 18-16—1819, fällt eine große Zahl lyrischer Gedichte, die
zum Theil in Hamburger Zeitschriften veröffentlicht wurden. Ostern 1819 be¬
gab er sich nach der Universität Bonn. Die juristischen Collegia besuchte er
sehr unregelmäßig, mit desto regeren Fleiß wohnte er den Vorlesungen in
denjenigen Fächern bei, welche seine Neigung gewählt hatte; der Besuch der¬
selben war trotz ihrer großen Zahl unausgesetzt von seiner Seite regelmäßig und
pünktlich, so daß keiner seiner Kommilitonen hierin ihm Rang und Vorzug
streitig machen konnte. Geschichte, besonders deutsche Geschichte, so wie alles,
was sich auf deutsche Literatur bezog, war sein Haupt- und Lieblingsstudium
während seines akademischen Aufenthaltes auf der Rheinuniversität. Die Vor¬
lesungen HüllmannS, Radlofs und Schlegels hörte er sämmtlich ohne Aus¬
nahme; seine Hefte waren vollständig und sauber geschrieben; denn er schrieb
schnell und schön zugleich — eine KaufmannShand — und revidirte täglich
seine Aufzeichnungen; denn in seinen Lieblingsstudien war er gewissenhaft wie
einer. Auf der Universität herrschte damals noch der Gesammtverein der Bur¬
schenschaft; die Landsmannschaften traten erst allmälig daraus hervor. Der
Verkehr der Studenten in den Familienkreisen war sehr gering; nur bei Schlegel
fand sich eine auserwählte Gesellschaft ein. Eine Menge junger Leute, die
später in den verschiedensten Gattungen sich ausgezeichnet haben, studirten
damals gemeinschaftlich in Bonn, z. B. Böcking, Dieffenbach, Hengstenberg,
Hoffmann von Fallersleben, Jarcke, Wolfgang Menzel, Simrock und andere.
Die Mütze von brennendrother Farbe, weit nach hinten auf den Kopf ge-
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