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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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und Hebung der eignen Kraft, auf die Selbsthilfe der Beteiligten gegrün¬
det sein, wenn die Aufgabe ernstlich der Lösung zugeführt werden soll.

Von allen bisher praktisch in Anwendung gebrachten Mitteln gibt es nun
blos ein einziges, welches die vorstehenden Requisite in sich vereinigt und
den Widerspruch löst, in dem wir uns zu befinden scheinen, wenn wir einer¬
seits nur dem Großbetriebe eine gewerbliche Zukunft vindicirten, andrerseits das
Vorhandensein der Bedingungen dazu bei den Arbeitern bestritten. Faßt man
freilich die Aufgabe so, daß jeder einzelne Handwerker oder Arbeiter in einen
großen Unternehmer umgewandelt werden solle, so fehlt es bei der großen Mehr¬
zahl dieser Leute an nicht weniger als allen Erfordernissen dazu, das ist sicher.
Allein diese Sachlage ändert sich sofort, sobald sich die Leute entschließen, die
Vereinzelung aufzugeben, welche sie den großen Etablissements gegenüber zu
solcher Ohnmacht herabdrückt. Und dies geschieht mittelst der Association, der
Vergesellschaftung im Erwerb. "Mehre kleine Kräfte vereint bilden eine große,
und was man nicht allein durchsetzen kann, dazu soll man sich mit andern ver¬
binden" dies der einfache, uralte Satz, auf welchem sie beruht, dessen Anwen¬
dung wir, seitdem es eine Geschichte gibt, überall, wo Menschen austreten, eine
Menge der großartigsten Schöpfungen verdanken. Und dieser Weg ist es auch
allein, der die Handwerker und Arbeiter in den Stand setzt, zur Selbstständig-
keit in geschäftlicher Beziehung zu gelangen und die Schranken der Dienst¬
barkeit, wenn sie allzuhart werden, zu durchbrechen. Denn das, woran eS
den Einzelnen unter ihnen, wie wir sahen, hierzu gebricht, das erforderliche
Maß von Intelligenz und Capital, wird durch ihren Zusammentritt zu einer
engverbündeten Gesammtheit alsbald ergänzt. Zunächst findet sich unter der
Menge meist einer oder der andere, welcher die nöthige Kenntniß und Umsicht
besitzt, dem Ganzen oder einzelnen Geschäftsbranchen vorzustehn. schlimmsten¬
falls kann man aber, beim Mangel solcher Persönlichkeiten, andere im kauf¬
männischen oder Fabrikfache selbst gebildete Männer entweder als Theilnehmer
gewinnen, oder gegen angemessenes Honorar engagiren, sobald nur das nöthige
Bctriebscapital vorhanden ist. Die Erreichung dieses ersten und letzten Re¬
quisits für jede derartige Unternehmung ermöglicht aber die Association den Hand¬
werkern und Arbeitern in so genügender, wahrhaft überraschender Weise, wie
kein anderer der bisher eingeschlagenen Wege. Erst sie macht die Arbeiter
eigentlich creditfähig, ein Punkt, bei dem wi'r seiner großen Wichtigkeit halber,
da er den Haupthebel bildet, welchem die Arbeiterassociation ihre Erfolge ver¬
dankt, ein wenig verweilen müssen. In seiner Vereinzelung erhält der mittel¬
lose Arbeiter seine sociale Bedeutung, seinen wirthschaftlichen Werth so zu sagen,
nur durch seine Arbeitskraft, welche allein ihm selbst die Existenz, der Gesellschaft
die Erfüllung seiner Verpflichtungen garantirt. Nun ist aber die Verwerthung
dieser Arbeitskraft mittelst lohnender Beschäftigung! theils von mancherlei per-


und Hebung der eignen Kraft, auf die Selbsthilfe der Beteiligten gegrün¬
det sein, wenn die Aufgabe ernstlich der Lösung zugeführt werden soll.

Von allen bisher praktisch in Anwendung gebrachten Mitteln gibt es nun
blos ein einziges, welches die vorstehenden Requisite in sich vereinigt und
den Widerspruch löst, in dem wir uns zu befinden scheinen, wenn wir einer¬
seits nur dem Großbetriebe eine gewerbliche Zukunft vindicirten, andrerseits das
Vorhandensein der Bedingungen dazu bei den Arbeitern bestritten. Faßt man
freilich die Aufgabe so, daß jeder einzelne Handwerker oder Arbeiter in einen
großen Unternehmer umgewandelt werden solle, so fehlt es bei der großen Mehr¬
zahl dieser Leute an nicht weniger als allen Erfordernissen dazu, das ist sicher.
Allein diese Sachlage ändert sich sofort, sobald sich die Leute entschließen, die
Vereinzelung aufzugeben, welche sie den großen Etablissements gegenüber zu
solcher Ohnmacht herabdrückt. Und dies geschieht mittelst der Association, der
Vergesellschaftung im Erwerb. „Mehre kleine Kräfte vereint bilden eine große,
und was man nicht allein durchsetzen kann, dazu soll man sich mit andern ver¬
binden" dies der einfache, uralte Satz, auf welchem sie beruht, dessen Anwen¬
dung wir, seitdem es eine Geschichte gibt, überall, wo Menschen austreten, eine
Menge der großartigsten Schöpfungen verdanken. Und dieser Weg ist es auch
allein, der die Handwerker und Arbeiter in den Stand setzt, zur Selbstständig-
keit in geschäftlicher Beziehung zu gelangen und die Schranken der Dienst¬
barkeit, wenn sie allzuhart werden, zu durchbrechen. Denn das, woran eS
den Einzelnen unter ihnen, wie wir sahen, hierzu gebricht, das erforderliche
Maß von Intelligenz und Capital, wird durch ihren Zusammentritt zu einer
engverbündeten Gesammtheit alsbald ergänzt. Zunächst findet sich unter der
Menge meist einer oder der andere, welcher die nöthige Kenntniß und Umsicht
besitzt, dem Ganzen oder einzelnen Geschäftsbranchen vorzustehn. schlimmsten¬
falls kann man aber, beim Mangel solcher Persönlichkeiten, andere im kauf¬
männischen oder Fabrikfache selbst gebildete Männer entweder als Theilnehmer
gewinnen, oder gegen angemessenes Honorar engagiren, sobald nur das nöthige
Bctriebscapital vorhanden ist. Die Erreichung dieses ersten und letzten Re¬
quisits für jede derartige Unternehmung ermöglicht aber die Association den Hand¬
werkern und Arbeitern in so genügender, wahrhaft überraschender Weise, wie
kein anderer der bisher eingeschlagenen Wege. Erst sie macht die Arbeiter
eigentlich creditfähig, ein Punkt, bei dem wi'r seiner großen Wichtigkeit halber,
da er den Haupthebel bildet, welchem die Arbeiterassociation ihre Erfolge ver¬
dankt, ein wenig verweilen müssen. In seiner Vereinzelung erhält der mittel¬
lose Arbeiter seine sociale Bedeutung, seinen wirthschaftlichen Werth so zu sagen,
nur durch seine Arbeitskraft, welche allein ihm selbst die Existenz, der Gesellschaft
die Erfüllung seiner Verpflichtungen garantirt. Nun ist aber die Verwerthung
dieser Arbeitskraft mittelst lohnender Beschäftigung! theils von mancherlei per-


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[0450] und Hebung der eignen Kraft, auf die Selbsthilfe der Beteiligten gegrün¬ det sein, wenn die Aufgabe ernstlich der Lösung zugeführt werden soll. Von allen bisher praktisch in Anwendung gebrachten Mitteln gibt es nun blos ein einziges, welches die vorstehenden Requisite in sich vereinigt und den Widerspruch löst, in dem wir uns zu befinden scheinen, wenn wir einer¬ seits nur dem Großbetriebe eine gewerbliche Zukunft vindicirten, andrerseits das Vorhandensein der Bedingungen dazu bei den Arbeitern bestritten. Faßt man freilich die Aufgabe so, daß jeder einzelne Handwerker oder Arbeiter in einen großen Unternehmer umgewandelt werden solle, so fehlt es bei der großen Mehr¬ zahl dieser Leute an nicht weniger als allen Erfordernissen dazu, das ist sicher. Allein diese Sachlage ändert sich sofort, sobald sich die Leute entschließen, die Vereinzelung aufzugeben, welche sie den großen Etablissements gegenüber zu solcher Ohnmacht herabdrückt. Und dies geschieht mittelst der Association, der Vergesellschaftung im Erwerb. „Mehre kleine Kräfte vereint bilden eine große, und was man nicht allein durchsetzen kann, dazu soll man sich mit andern ver¬ binden" dies der einfache, uralte Satz, auf welchem sie beruht, dessen Anwen¬ dung wir, seitdem es eine Geschichte gibt, überall, wo Menschen austreten, eine Menge der großartigsten Schöpfungen verdanken. Und dieser Weg ist es auch allein, der die Handwerker und Arbeiter in den Stand setzt, zur Selbstständig- keit in geschäftlicher Beziehung zu gelangen und die Schranken der Dienst¬ barkeit, wenn sie allzuhart werden, zu durchbrechen. Denn das, woran eS den Einzelnen unter ihnen, wie wir sahen, hierzu gebricht, das erforderliche Maß von Intelligenz und Capital, wird durch ihren Zusammentritt zu einer engverbündeten Gesammtheit alsbald ergänzt. Zunächst findet sich unter der Menge meist einer oder der andere, welcher die nöthige Kenntniß und Umsicht besitzt, dem Ganzen oder einzelnen Geschäftsbranchen vorzustehn. schlimmsten¬ falls kann man aber, beim Mangel solcher Persönlichkeiten, andere im kauf¬ männischen oder Fabrikfache selbst gebildete Männer entweder als Theilnehmer gewinnen, oder gegen angemessenes Honorar engagiren, sobald nur das nöthige Bctriebscapital vorhanden ist. Die Erreichung dieses ersten und letzten Re¬ quisits für jede derartige Unternehmung ermöglicht aber die Association den Hand¬ werkern und Arbeitern in so genügender, wahrhaft überraschender Weise, wie kein anderer der bisher eingeschlagenen Wege. Erst sie macht die Arbeiter eigentlich creditfähig, ein Punkt, bei dem wi'r seiner großen Wichtigkeit halber, da er den Haupthebel bildet, welchem die Arbeiterassociation ihre Erfolge ver¬ dankt, ein wenig verweilen müssen. In seiner Vereinzelung erhält der mittel¬ lose Arbeiter seine sociale Bedeutung, seinen wirthschaftlichen Werth so zu sagen, nur durch seine Arbeitskraft, welche allein ihm selbst die Existenz, der Gesellschaft die Erfüllung seiner Verpflichtungen garantirt. Nun ist aber die Verwerthung dieser Arbeitskraft mittelst lohnender Beschäftigung! theils von mancherlei per-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/450>, abgerufen am 01.07.2024.