Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.thode nachgewiesen wurde. Es war ein Fehdehandschuh gegen die katholische Der Geist deS 18. Jahrhunderts hatte zu seiner Grundlage das Mi߬ thode nachgewiesen wurde. Es war ein Fehdehandschuh gegen die katholische Der Geist deS 18. Jahrhunderts hatte zu seiner Grundlage das Mi߬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0445" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104646"/> <p xml:id="ID_1165" prev="#ID_1164"> thode nachgewiesen wurde. Es war ein Fehdehandschuh gegen die katholische<lb/> Reaction, der ihm von Seiten seiner Lehrer, Royer Collard und Cousin, die<lb/> heftigsten Vorwürfe zuzog. Die Abhandlung wurde -1823 im Globe abgedruckt,<lb/> eine Zeitschrift, die zur Verbreitung der neuen philosophischen, religiösen und<lb/> ästhetischen Ideen von Dubois und Lerour gegen daS Ende des Jahres <8Z4<lb/> gegründet war. Die Zeitschrift recrutirte sich theils aus den abgesetzten Pro¬<lb/> fessoren, theils aus den politischen Journalisten. In den Nuance» wichen die<lb/> Mitarbeiter vielfach voneinander ab; sie alle aber betrachteten als ihre Haupt¬<lb/> aufgabe den Cvmprvmiß zwischen der Aufklärring und dem Idealismus. Du¬<lb/> bois war der leidenschaftliche Vorkämpfer der eklektischen Schule. An ihn<lb/> schlössen sich am nächsten Jouffroy und Damiron an, mit mehr Besonnenheit,<lb/> aber doch mit dem vollen Eifer der Jugend. Aus einem andern Kreise traten<lb/> Nsmusat, Trognvn, Patin und Farcy hinzu; weiterhin Ampere, Lerminier,<lb/> Magnin und etwas später Sie. Buve. Endlich gaben die Politiker Duver-<lb/> gier de Hauranne, DuchiUcl und Vitet der Zeitschrift eine größere Mannigfal¬<lb/> tigkeit. Die Wirkung des Globe war nach allen Seiten hin eine außerordent¬<lb/> liche. Er hat die speculaiiven Ideen, die vom Katheder aus nur auf eine<lb/> geringere Anzahl wirken konnten, auf alle Zweige deS Lebens angewendet<lb/> und die Masse der Gebildeten dafür gewonnen. Er hat die poetische und<lb/> künstlerische Reform angebahnt, die alle bisherigen Begriffe der classischen<lb/> Schule über den Haufen wars. Er hat dem gemäßigten Liberalismus einen<lb/> bestimmten Hall gegeben. Zugleich nahm er im Gegensatz gegen den bishe¬<lb/> rigen engherzigen Patriotismus die von Goethe angeregte Idee des Weltbür-<lb/> gerthums auf. Es ist bekannt, mit welcher Aufmerksamkeit Goethe sämmtliche<lb/> Artikel einer Zeitschrift verfolgte, die das Werk der Frau von Statzl fortsetzte<lb/> und den Franzosen den Zugang zur deutschen Literatur eröffnete. Innerhalb<lb/> dieser allgemeinen Bewegung begreiü man die wahre Bedeutung des Eklekti¬<lb/> cismus, der in der Geschichte der Wissenschaft nur eine vorübergehende, in der<lb/> französischen Cultureniwickelung aber eine sehr bedeutende und bleibende<lb/> Rolle spielt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1166" next="#ID_1167"> Der Geist deS 18. Jahrhunderts hatte zu seiner Grundlage das Mi߬<lb/> trauen. Seine Aufgabe war die Kritik. Man focht jede Art der Autorität<lb/> an, gleichviel wo sie sich Herschi ich, oder was ihre Wirkung war, und ver¬<lb/> warf alles, was man nicht beweisen konnte. Man mißtraute seinem Herzen<lb/> und ging von einem unbedingten Glauben an die Analyse aus. Die Philo¬<lb/> sophie entfernte aus dem Reich der Begriffe alles Dunkle und Unbestimmte,<lb/> und faßte das, was übrig blieb, in mathematischer Form zusammen, so daß<lb/> der Geist ebenso der Berechnung unterworfen war, wie die Natur. Diese Be¬<lb/> wegung, die in den Encyklopädisten ihren Höhepunkt erreichte, mußte endlich<lb/> aufhören, denn die Analyse vernichtet mehr und mehr den Stoff, von dem sie</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0445]
thode nachgewiesen wurde. Es war ein Fehdehandschuh gegen die katholische
Reaction, der ihm von Seiten seiner Lehrer, Royer Collard und Cousin, die
heftigsten Vorwürfe zuzog. Die Abhandlung wurde -1823 im Globe abgedruckt,
eine Zeitschrift, die zur Verbreitung der neuen philosophischen, religiösen und
ästhetischen Ideen von Dubois und Lerour gegen daS Ende des Jahres <8Z4
gegründet war. Die Zeitschrift recrutirte sich theils aus den abgesetzten Pro¬
fessoren, theils aus den politischen Journalisten. In den Nuance» wichen die
Mitarbeiter vielfach voneinander ab; sie alle aber betrachteten als ihre Haupt¬
aufgabe den Cvmprvmiß zwischen der Aufklärring und dem Idealismus. Du¬
bois war der leidenschaftliche Vorkämpfer der eklektischen Schule. An ihn
schlössen sich am nächsten Jouffroy und Damiron an, mit mehr Besonnenheit,
aber doch mit dem vollen Eifer der Jugend. Aus einem andern Kreise traten
Nsmusat, Trognvn, Patin und Farcy hinzu; weiterhin Ampere, Lerminier,
Magnin und etwas später Sie. Buve. Endlich gaben die Politiker Duver-
gier de Hauranne, DuchiUcl und Vitet der Zeitschrift eine größere Mannigfal¬
tigkeit. Die Wirkung des Globe war nach allen Seiten hin eine außerordent¬
liche. Er hat die speculaiiven Ideen, die vom Katheder aus nur auf eine
geringere Anzahl wirken konnten, auf alle Zweige deS Lebens angewendet
und die Masse der Gebildeten dafür gewonnen. Er hat die poetische und
künstlerische Reform angebahnt, die alle bisherigen Begriffe der classischen
Schule über den Haufen wars. Er hat dem gemäßigten Liberalismus einen
bestimmten Hall gegeben. Zugleich nahm er im Gegensatz gegen den bishe¬
rigen engherzigen Patriotismus die von Goethe angeregte Idee des Weltbür-
gerthums auf. Es ist bekannt, mit welcher Aufmerksamkeit Goethe sämmtliche
Artikel einer Zeitschrift verfolgte, die das Werk der Frau von Statzl fortsetzte
und den Franzosen den Zugang zur deutschen Literatur eröffnete. Innerhalb
dieser allgemeinen Bewegung begreiü man die wahre Bedeutung des Eklekti¬
cismus, der in der Geschichte der Wissenschaft nur eine vorübergehende, in der
französischen Cultureniwickelung aber eine sehr bedeutende und bleibende
Rolle spielt.
Der Geist deS 18. Jahrhunderts hatte zu seiner Grundlage das Mi߬
trauen. Seine Aufgabe war die Kritik. Man focht jede Art der Autorität
an, gleichviel wo sie sich Herschi ich, oder was ihre Wirkung war, und ver¬
warf alles, was man nicht beweisen konnte. Man mißtraute seinem Herzen
und ging von einem unbedingten Glauben an die Analyse aus. Die Philo¬
sophie entfernte aus dem Reich der Begriffe alles Dunkle und Unbestimmte,
und faßte das, was übrig blieb, in mathematischer Form zusammen, so daß
der Geist ebenso der Berechnung unterworfen war, wie die Natur. Diese Be¬
wegung, die in den Encyklopädisten ihren Höhepunkt erreichte, mußte endlich
aufhören, denn die Analyse vernichtet mehr und mehr den Stoff, von dem sie
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