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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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nicht in Abrede stellen. Fast immer würden sie nur einen kleinen Theil der
bedeutenden Gewinne zu diesem Zwecke zu opfern haben, welche sie doch ohne
die Mithilfe ihrer Arbeiter nicht zu realisiren vermocht haben würden; und
dieselben nach ausgenutzter Arbeitskraft der öffentlichen Mildthätigkeit in die
Arme werfen, muß in jeder Hinsicht großes Bedenken erregen. In der That
bricht sich auch die Ansicht, daß hier etwas geschehen müsse, unter den Fabrik¬
besitzern mehr und mehr Bahn, und hat schon manche sehr anerkennenswerthe
Anstalten und Einrichtungen in das Leben gerufen. Außer den Rück¬
sichten wahrer Humanität und Gerechtigkeit, welche viele dieser einflußreichen
Männer unleugbar beseelen, wirkt selbst ihr wohlverstandenes Interesse dahin.
Denn daß mit dem sinke" der Arbeiter in ihrem Wohlstande auch ihre phy¬
sischen, intellectuellen und sittlichen Zustände sich verschlimmern, somit ihre
Arbeitsfähigkeit, ihre Redlichkeit, ihr Fleiß abnehmen, kann den Arbeitgebern
am allerwenigsten verborgen bleiben. Wen" also, ihr eignes Geschäft durch
ein solches kümmerliches Loos ihrer Leute leidet, dagegen Tüchtigkeit und
wahres Interesse der letztern für den Vortheil deS Unternehmers mit der Ver¬
besserung ihrer Stellung Hand in Ha"d gehen, so ist nur zu verwundern,
daß diese Wahrheit "och keine allgemeinere" praktischen Früchte getragen hat.
Denn daß ihrerseits die Arbeiter ein solches wohlwollendes Entgegenkommen
ihrer Fabrikherrn zu würdigen wissen, hat.die Erfahrung noch stets be¬
währt. Wahrhaft glänzende Beispiele aus England, dem Vaterlande der
neuer" Industrie, liegen hierüber vor, und gleich rühmlich bestrebt sich eine
Anzahl deutscher Fabrikanten, nicht hinter jenen zurückzubleiben: ein Thema,
was wir uns einmal zur besondern Behandlung vorbehalten.*) Allein wie
viel auch bei uus und anderwärts von dieser Seite sür das Wohl der Ar¬
beiter geschieht, so bleiben diese Bestrebungen doch nicht blos vereinzelt, son¬
dern auch ihrer Quelle nach precär, von dem guten Wille", dem Belieben der
Herren abhängig, welcher letztere Umstand schon allein hindert, davon eine
wirkliche Hebung deS Arbeiterstandes zu erwarten. So lange die Arbeiter
auf solche außerordentliche Zuwendungen und Opfer der Arbeitsgeber kein
Recht haben, behalten diese den Charakter einer milden Spende, und was
der jetzige Fabrikherr mit Liebe pflegte, mag der Nachfolger jeden Augenblick



*) Man vergleiche die Berichte über die große Kerzen-und Nachtlichterfabrik Price 6-, Como.
in Bcliuoul bei London mil it)"" Arbeitern, darunter 16"0 Kiuder; über die Wvllenwaareu-
fabrik des Hr. satt in Saltaine (Uvrkshirc) in Hubers Neisebricfe ans Belgien, Frankreich
und England. 2. Bände Hamburg -t8so. Bd. II. Brief i--6. und Br. 17.; ein Werk, welches
wir alte", die sich über das vorliegende Feld gründlich unterrichte" wollen, nicht geung ">"-
vfehlcn können. I" De"tschla"d aber verweise" wir auf die weltbekannte Glasfabrik der
Gebrüder MiUlensiefe" in Crcugcldanz bei Mitten in Westphaleu, wo durch die Fürsorge der
Inhaber jeder der länger beschäftigten Art'eiter einen kleinen Gruudbesip erhält, um sich an¬
zubauen, und in jeder Hinsicht wahrhaft mustergiltige Einrichtungen getroffen sind.

nicht in Abrede stellen. Fast immer würden sie nur einen kleinen Theil der
bedeutenden Gewinne zu diesem Zwecke zu opfern haben, welche sie doch ohne
die Mithilfe ihrer Arbeiter nicht zu realisiren vermocht haben würden; und
dieselben nach ausgenutzter Arbeitskraft der öffentlichen Mildthätigkeit in die
Arme werfen, muß in jeder Hinsicht großes Bedenken erregen. In der That
bricht sich auch die Ansicht, daß hier etwas geschehen müsse, unter den Fabrik¬
besitzern mehr und mehr Bahn, und hat schon manche sehr anerkennenswerthe
Anstalten und Einrichtungen in das Leben gerufen. Außer den Rück¬
sichten wahrer Humanität und Gerechtigkeit, welche viele dieser einflußreichen
Männer unleugbar beseelen, wirkt selbst ihr wohlverstandenes Interesse dahin.
Denn daß mit dem sinke» der Arbeiter in ihrem Wohlstande auch ihre phy¬
sischen, intellectuellen und sittlichen Zustände sich verschlimmern, somit ihre
Arbeitsfähigkeit, ihre Redlichkeit, ihr Fleiß abnehmen, kann den Arbeitgebern
am allerwenigsten verborgen bleiben. Wen» also, ihr eignes Geschäft durch
ein solches kümmerliches Loos ihrer Leute leidet, dagegen Tüchtigkeit und
wahres Interesse der letztern für den Vortheil deS Unternehmers mit der Ver¬
besserung ihrer Stellung Hand in Ha»d gehen, so ist nur zu verwundern,
daß diese Wahrheit »och keine allgemeinere» praktischen Früchte getragen hat.
Denn daß ihrerseits die Arbeiter ein solches wohlwollendes Entgegenkommen
ihrer Fabrikherrn zu würdigen wissen, hat.die Erfahrung noch stets be¬
währt. Wahrhaft glänzende Beispiele aus England, dem Vaterlande der
neuer» Industrie, liegen hierüber vor, und gleich rühmlich bestrebt sich eine
Anzahl deutscher Fabrikanten, nicht hinter jenen zurückzubleiben: ein Thema,
was wir uns einmal zur besondern Behandlung vorbehalten.*) Allein wie
viel auch bei uus und anderwärts von dieser Seite sür das Wohl der Ar¬
beiter geschieht, so bleiben diese Bestrebungen doch nicht blos vereinzelt, son¬
dern auch ihrer Quelle nach precär, von dem guten Wille», dem Belieben der
Herren abhängig, welcher letztere Umstand schon allein hindert, davon eine
wirkliche Hebung deS Arbeiterstandes zu erwarten. So lange die Arbeiter
auf solche außerordentliche Zuwendungen und Opfer der Arbeitsgeber kein
Recht haben, behalten diese den Charakter einer milden Spende, und was
der jetzige Fabrikherr mit Liebe pflegte, mag der Nachfolger jeden Augenblick



*) Man vergleiche die Berichte über die große Kerzen-und Nachtlichterfabrik Price 6-, Como.
in Bcliuoul bei London mil it)»» Arbeitern, darunter 16»0 Kiuder; über die Wvllenwaareu-
fabrik des Hr. satt in Saltaine (Uvrkshirc) in Hubers Neisebricfe ans Belgien, Frankreich
und England. 2. Bände Hamburg -t8so. Bd. II. Brief i—6. und Br. 17.; ein Werk, welches
wir alte», die sich über das vorliegende Feld gründlich unterrichte» wollen, nicht geung «>«-
vfehlcn können. I» De»tschla»d aber verweise» wir auf die weltbekannte Glasfabrik der
Gebrüder MiUlensiefe» in Crcugcldanz bei Mitten in Westphaleu, wo durch die Fürsorge der
Inhaber jeder der länger beschäftigten Art'eiter einen kleinen Gruudbesip erhält, um sich an¬
zubauen, und in jeder Hinsicht wahrhaft mustergiltige Einrichtungen getroffen sind.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/416>, abgerufen am 12.12.2024.