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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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Lohn, nach Befriedigung der laufenden Bedürfnisse für sich und seine Familie,
verbleibenden Ueberschuß zu solche" Steuern verwenden, und daß bei der
Masse der Arbeiter im Ganzen ein solcher Ueberschuß vorhanden sei, aus
welchem der bei Einzelnen durch dauernde oder zeitweise Vernichtung ihrer
Arbeitskraft entstehende Lohuausfall' gedeckt werde" könne, ist grade eine der
nothwendigsten Voraussetzungen zum Bestehen der ganzen Institute, an welcher
,eS bisher thatsächlich gebricht. Denn selbst wenn wir den Lohn der Fabrik-
und sonstigen Tagarbeiter durchschnittlich auf -- 1?Vs Ngr. --, also auf
3V- Thlr. die Woche, Jahr aus Jahr ein annehmen -- was eher zu hoch als
zu niedrig ist -- so wird damit der Haushalt einer nur auf das Nothwendige
beschränkten Arbeiterfamilie, bestehend aus Mann, Frau und 2--3 Kindern,
kaum gedeckt, obschon wir nur folgende ungefähre, bei den jetzigen Preisen nicht
ausreichende Sätze ans daS Jahr annehmen:

16 Thlr. für Wohnung,
10" Heizung und Beleuchtung,
^" Steuern und Schulgeld,
18 "" Kleidung, Schuhwerk, Wäsche, Betten ze.
8 .." Haus- und Küchengeräth, Meubles, Reparaturen :c. :c.
,." Beköstigung (>no Tag -- 1t) Sgr. --)
2 ..unvorhergesehene Ausgaben, Vergnügen :c.
182'/z Ti-ir.auf das Jahr ^- 3'/- Thlr. auf die Woche.

wobei der wichtige Ansatz für die Kost offenbar unzureichend ist. Darnach
bleibt einem so gestellten Arbeiter zu den erforderlichen Beiträgen eigentlich gar
nichts übrig, und es.ist nicht daran zu denken, daß er so viel steuern könnte
als das Jastitut beoars, wenn es seinen Zweck nicht verfehlen soll. Nur
in einigen Gewerbszweigen verdienen einzelne fähige und besonders tüchtige
Arbeiter dauernd mehr, z. B, beim Maschinenbau, in den Glashütten u. a,, welche
dann aber auch in der Negel andere Ansprüche für ihren Haushalt machen,
als die bei obiger Berechnung zu Grunde gelegten. Für die große Menge der
Arbeiter aber, auf die es uns ankommt, beschränkt sich eine weitere Lohn¬
steigerung nur auf vorübergehende besonders glückliche Conjunctnren, denen ans
der andern Seite wiederum fast regelmäßig Slane Perioden folgen, wo, wegen
mangelndem Absatz, die Fabrikunternehmer den Arbeitern bei ^halber Beschäf¬
tigung auch nur den halben Lohn zu gewähren im Stande sind. Und wenn
wir gegenwärtig eine fast allgemeine Steigerung aller Arbeitslöhne erleben,
welche mit der Belebung des Unternehmungsgeistes, dem Zuströmen deS
Capitals zur Industrie, wodurch sich die Nachfrage nach Arbeitern vermehrt,
unleugbar zusammenhängt, so dürfen wir dabei nicht außer Anschlag lassen,
daß diese Lohnerhöhung theilweis eine blos scheinbare ist, weil "der Werth des
Geldes seit einigen Jahrzehnten nicht unbeträchtlich gesunken ist, und eine


Lohn, nach Befriedigung der laufenden Bedürfnisse für sich und seine Familie,
verbleibenden Ueberschuß zu solche» Steuern verwenden, und daß bei der
Masse der Arbeiter im Ganzen ein solcher Ueberschuß vorhanden sei, aus
welchem der bei Einzelnen durch dauernde oder zeitweise Vernichtung ihrer
Arbeitskraft entstehende Lohuausfall' gedeckt werde» könne, ist grade eine der
nothwendigsten Voraussetzungen zum Bestehen der ganzen Institute, an welcher
,eS bisher thatsächlich gebricht. Denn selbst wenn wir den Lohn der Fabrik-
und sonstigen Tagarbeiter durchschnittlich auf — 1?Vs Ngr. —, also auf
3V- Thlr. die Woche, Jahr aus Jahr ein annehmen — was eher zu hoch als
zu niedrig ist — so wird damit der Haushalt einer nur auf das Nothwendige
beschränkten Arbeiterfamilie, bestehend aus Mann, Frau und 2—3 Kindern,
kaum gedeckt, obschon wir nur folgende ungefähre, bei den jetzigen Preisen nicht
ausreichende Sätze ans daS Jahr annehmen:

16 Thlr. für Wohnung,
10„ Heizung und Beleuchtung,
^„ Steuern und Schulgeld,
18 „„ Kleidung, Schuhwerk, Wäsche, Betten ze.
8 ..„ Haus- und Küchengeräth, Meubles, Reparaturen :c. :c.
,.„ Beköstigung (>no Tag — 1t) Sgr. —)
2 ..unvorhergesehene Ausgaben, Vergnügen :c.
182'/z Ti-ir.auf das Jahr ^- 3'/- Thlr. auf die Woche.

wobei der wichtige Ansatz für die Kost offenbar unzureichend ist. Darnach
bleibt einem so gestellten Arbeiter zu den erforderlichen Beiträgen eigentlich gar
nichts übrig, und es.ist nicht daran zu denken, daß er so viel steuern könnte
als das Jastitut beoars, wenn es seinen Zweck nicht verfehlen soll. Nur
in einigen Gewerbszweigen verdienen einzelne fähige und besonders tüchtige
Arbeiter dauernd mehr, z. B, beim Maschinenbau, in den Glashütten u. a,, welche
dann aber auch in der Negel andere Ansprüche für ihren Haushalt machen,
als die bei obiger Berechnung zu Grunde gelegten. Für die große Menge der
Arbeiter aber, auf die es uns ankommt, beschränkt sich eine weitere Lohn¬
steigerung nur auf vorübergehende besonders glückliche Conjunctnren, denen ans
der andern Seite wiederum fast regelmäßig Slane Perioden folgen, wo, wegen
mangelndem Absatz, die Fabrikunternehmer den Arbeitern bei ^halber Beschäf¬
tigung auch nur den halben Lohn zu gewähren im Stande sind. Und wenn
wir gegenwärtig eine fast allgemeine Steigerung aller Arbeitslöhne erleben,
welche mit der Belebung des Unternehmungsgeistes, dem Zuströmen deS
Capitals zur Industrie, wodurch sich die Nachfrage nach Arbeitern vermehrt,
unleugbar zusammenhängt, so dürfen wir dabei nicht außer Anschlag lassen,
daß diese Lohnerhöhung theilweis eine blos scheinbare ist, weil "der Werth des
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[0412] Lohn, nach Befriedigung der laufenden Bedürfnisse für sich und seine Familie, verbleibenden Ueberschuß zu solche» Steuern verwenden, und daß bei der Masse der Arbeiter im Ganzen ein solcher Ueberschuß vorhanden sei, aus welchem der bei Einzelnen durch dauernde oder zeitweise Vernichtung ihrer Arbeitskraft entstehende Lohuausfall' gedeckt werde» könne, ist grade eine der nothwendigsten Voraussetzungen zum Bestehen der ganzen Institute, an welcher ,eS bisher thatsächlich gebricht. Denn selbst wenn wir den Lohn der Fabrik- und sonstigen Tagarbeiter durchschnittlich auf — 1?Vs Ngr. —, also auf 3V- Thlr. die Woche, Jahr aus Jahr ein annehmen — was eher zu hoch als zu niedrig ist — so wird damit der Haushalt einer nur auf das Nothwendige beschränkten Arbeiterfamilie, bestehend aus Mann, Frau und 2—3 Kindern, kaum gedeckt, obschon wir nur folgende ungefähre, bei den jetzigen Preisen nicht ausreichende Sätze ans daS Jahr annehmen: 16 Thlr. für Wohnung, 10„ Heizung und Beleuchtung, ^„ Steuern und Schulgeld, 18 „„ Kleidung, Schuhwerk, Wäsche, Betten ze. 8 ..„ Haus- und Küchengeräth, Meubles, Reparaturen :c. :c. ,.„ Beköstigung (>no Tag — 1t) Sgr. —) 2 ..unvorhergesehene Ausgaben, Vergnügen :c. 182'/z Ti-ir.auf das Jahr ^- 3'/- Thlr. auf die Woche. wobei der wichtige Ansatz für die Kost offenbar unzureichend ist. Darnach bleibt einem so gestellten Arbeiter zu den erforderlichen Beiträgen eigentlich gar nichts übrig, und es.ist nicht daran zu denken, daß er so viel steuern könnte als das Jastitut beoars, wenn es seinen Zweck nicht verfehlen soll. Nur in einigen Gewerbszweigen verdienen einzelne fähige und besonders tüchtige Arbeiter dauernd mehr, z. B, beim Maschinenbau, in den Glashütten u. a,, welche dann aber auch in der Negel andere Ansprüche für ihren Haushalt machen, als die bei obiger Berechnung zu Grunde gelegten. Für die große Menge der Arbeiter aber, auf die es uns ankommt, beschränkt sich eine weitere Lohn¬ steigerung nur auf vorübergehende besonders glückliche Conjunctnren, denen ans der andern Seite wiederum fast regelmäßig Slane Perioden folgen, wo, wegen mangelndem Absatz, die Fabrikunternehmer den Arbeitern bei ^halber Beschäf¬ tigung auch nur den halben Lohn zu gewähren im Stande sind. Und wenn wir gegenwärtig eine fast allgemeine Steigerung aller Arbeitslöhne erleben, welche mit der Belebung des Unternehmungsgeistes, dem Zuströmen deS Capitals zur Industrie, wodurch sich die Nachfrage nach Arbeitern vermehrt, unleugbar zusammenhängt, so dürfen wir dabei nicht außer Anschlag lassen, daß diese Lohnerhöhung theilweis eine blos scheinbare ist, weil "der Werth des Geldes seit einigen Jahrzehnten nicht unbeträchtlich gesunken ist, und eine

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/412>, abgerufen am 03.07.2024.