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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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herüberstarrt, und den graciösen Palmen und breitwipfeligen, dunkellaubigen
Sykomoren, die hier unten Hunderte von Gärten beschatten, einen ungemein
stattlichen und zugleich anmuthigen Anblick.

Ein bei weitem großartigeres Bild aber breitet sich vor dem aus, der die
Stadt und ihre Umgebung von der Citadelle aus betrachtet. Besonders schön
ist dieses Bild in dem warmen Lichte der Morgenstunden. Unmittelbar unter
sich hat der Beschauer die gelbgrauen Häusermassen der mächtigen Stadt, mit
ihren rosenfarbenen oder weißen Palästen, mit ihren dreihundert Moscheen,
ihren unzähligen bald spitz auslaufenden, bald in eine Zwiebclform endigen¬
den, bald weiß und roth gestreiften, bald einfach sandsteiufarbenen Minarets,
deren Seiten die über den Bergen der Wüste aufgehende Sonne mit ihrer
Glut anhaucht. Rechts stehen, zum Theil in Trümmer gefallen, mit ihren
Kuppeldächern die Grabmoscheen der Mameluckenkönige. Links verläuft sich
die Stadt mit einzelnen kleinen Häusern und Schuppen im Sande. Das.
Ganze faßt, so weit daS Überschwemmungsgebiet des Nil reicht, eine immer¬
grüne Landschaft von Gärten und Getreidefeldern, Palmen, Nilakazien, dun¬
keln Cypressen und lichtgrauen federigen Tamarisken ein, deren Wäldchen von
fern wie aus die Erde gefallene Wolken aussehen. Da und dort erhebt sich
graubraun im Grünen eine kleine Stadt, ein Dorf, oder eine Gruppe von
Windmühlen. Mitten aus Aeckern tauchen grell weiß getünchte Welis, Gräber
von Heiligen auf. Landhäuser von Beis oder Paschas schimmern mit hellen
Mauern durch die Lücken der Laubfülle, die sie im Winde umweht. Neben den
Dörfern weiden Herden grauer Büffel und brauner Schafe oder Ziegen, über
ihnen schweben Taubenschwärme wie Wolken; links wird Altkairo und die
Insel Roda, dann die Hafenstadt Bulak, dann weiter rechts das schöne Gar¬
tenschloß Cchubra mit seinen Alleen und Kiosken, dann im bläulichen Nebel
der Obelisk von Heliopolis sichtbar. Mitten drin der breite, vielgewundene
glänzende Fluß, jenseits desselben über Palmenwäldern ernst in der ernsten
Wüste, unten ebenfalls bläulich, an dem Gipfel schwach geröthet, die drei
großen Pyramiden von Gizeh, höher hinauf am Wasser die von Abusir, Daschur
und Sakkarah, über allem der klare, dunkelblaue Himmel Afrikas -- in der
That ein stolzes, überraschend prächtiges, überwältigendes Gemälde, in das
sich, wenn wir uns umwenden, die Alabastermvschee Mehemed Alis mir
ihren nadelfein emporstrebenden Minarets und ihrer gewaltigen Kuppel würdig
einfügt, während unter unsern Füßen in der Tiefe der freie Platz vor der
Dschcuni Sultan Hassans mit seinem Gewimmel arabischer Trachten, seinen
Gruppen und Züge" von Kameelen, Eseln und Ziegen eine passende Staf¬
fage gibt.

DaS Innere Kairos, das Leben, die Sitte seiner Bewohner und was
sich daran knüpft, schildern wir durch Ausführung der Blätter eines Tage-


herüberstarrt, und den graciösen Palmen und breitwipfeligen, dunkellaubigen
Sykomoren, die hier unten Hunderte von Gärten beschatten, einen ungemein
stattlichen und zugleich anmuthigen Anblick.

Ein bei weitem großartigeres Bild aber breitet sich vor dem aus, der die
Stadt und ihre Umgebung von der Citadelle aus betrachtet. Besonders schön
ist dieses Bild in dem warmen Lichte der Morgenstunden. Unmittelbar unter
sich hat der Beschauer die gelbgrauen Häusermassen der mächtigen Stadt, mit
ihren rosenfarbenen oder weißen Palästen, mit ihren dreihundert Moscheen,
ihren unzähligen bald spitz auslaufenden, bald in eine Zwiebclform endigen¬
den, bald weiß und roth gestreiften, bald einfach sandsteiufarbenen Minarets,
deren Seiten die über den Bergen der Wüste aufgehende Sonne mit ihrer
Glut anhaucht. Rechts stehen, zum Theil in Trümmer gefallen, mit ihren
Kuppeldächern die Grabmoscheen der Mameluckenkönige. Links verläuft sich
die Stadt mit einzelnen kleinen Häusern und Schuppen im Sande. Das.
Ganze faßt, so weit daS Überschwemmungsgebiet des Nil reicht, eine immer¬
grüne Landschaft von Gärten und Getreidefeldern, Palmen, Nilakazien, dun¬
keln Cypressen und lichtgrauen federigen Tamarisken ein, deren Wäldchen von
fern wie aus die Erde gefallene Wolken aussehen. Da und dort erhebt sich
graubraun im Grünen eine kleine Stadt, ein Dorf, oder eine Gruppe von
Windmühlen. Mitten aus Aeckern tauchen grell weiß getünchte Welis, Gräber
von Heiligen auf. Landhäuser von Beis oder Paschas schimmern mit hellen
Mauern durch die Lücken der Laubfülle, die sie im Winde umweht. Neben den
Dörfern weiden Herden grauer Büffel und brauner Schafe oder Ziegen, über
ihnen schweben Taubenschwärme wie Wolken; links wird Altkairo und die
Insel Roda, dann die Hafenstadt Bulak, dann weiter rechts das schöne Gar¬
tenschloß Cchubra mit seinen Alleen und Kiosken, dann im bläulichen Nebel
der Obelisk von Heliopolis sichtbar. Mitten drin der breite, vielgewundene
glänzende Fluß, jenseits desselben über Palmenwäldern ernst in der ernsten
Wüste, unten ebenfalls bläulich, an dem Gipfel schwach geröthet, die drei
großen Pyramiden von Gizeh, höher hinauf am Wasser die von Abusir, Daschur
und Sakkarah, über allem der klare, dunkelblaue Himmel Afrikas — in der
That ein stolzes, überraschend prächtiges, überwältigendes Gemälde, in das
sich, wenn wir uns umwenden, die Alabastermvschee Mehemed Alis mir
ihren nadelfein emporstrebenden Minarets und ihrer gewaltigen Kuppel würdig
einfügt, während unter unsern Füßen in der Tiefe der freie Platz vor der
Dschcuni Sultan Hassans mit seinem Gewimmel arabischer Trachten, seinen
Gruppen und Züge» von Kameelen, Eseln und Ziegen eine passende Staf¬
fage gibt.

DaS Innere Kairos, das Leben, die Sitte seiner Bewohner und was
sich daran knüpft, schildern wir durch Ausführung der Blätter eines Tage-


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[0373] herüberstarrt, und den graciösen Palmen und breitwipfeligen, dunkellaubigen Sykomoren, die hier unten Hunderte von Gärten beschatten, einen ungemein stattlichen und zugleich anmuthigen Anblick. Ein bei weitem großartigeres Bild aber breitet sich vor dem aus, der die Stadt und ihre Umgebung von der Citadelle aus betrachtet. Besonders schön ist dieses Bild in dem warmen Lichte der Morgenstunden. Unmittelbar unter sich hat der Beschauer die gelbgrauen Häusermassen der mächtigen Stadt, mit ihren rosenfarbenen oder weißen Palästen, mit ihren dreihundert Moscheen, ihren unzähligen bald spitz auslaufenden, bald in eine Zwiebclform endigen¬ den, bald weiß und roth gestreiften, bald einfach sandsteiufarbenen Minarets, deren Seiten die über den Bergen der Wüste aufgehende Sonne mit ihrer Glut anhaucht. Rechts stehen, zum Theil in Trümmer gefallen, mit ihren Kuppeldächern die Grabmoscheen der Mameluckenkönige. Links verläuft sich die Stadt mit einzelnen kleinen Häusern und Schuppen im Sande. Das. Ganze faßt, so weit daS Überschwemmungsgebiet des Nil reicht, eine immer¬ grüne Landschaft von Gärten und Getreidefeldern, Palmen, Nilakazien, dun¬ keln Cypressen und lichtgrauen federigen Tamarisken ein, deren Wäldchen von fern wie aus die Erde gefallene Wolken aussehen. Da und dort erhebt sich graubraun im Grünen eine kleine Stadt, ein Dorf, oder eine Gruppe von Windmühlen. Mitten aus Aeckern tauchen grell weiß getünchte Welis, Gräber von Heiligen auf. Landhäuser von Beis oder Paschas schimmern mit hellen Mauern durch die Lücken der Laubfülle, die sie im Winde umweht. Neben den Dörfern weiden Herden grauer Büffel und brauner Schafe oder Ziegen, über ihnen schweben Taubenschwärme wie Wolken; links wird Altkairo und die Insel Roda, dann die Hafenstadt Bulak, dann weiter rechts das schöne Gar¬ tenschloß Cchubra mit seinen Alleen und Kiosken, dann im bläulichen Nebel der Obelisk von Heliopolis sichtbar. Mitten drin der breite, vielgewundene glänzende Fluß, jenseits desselben über Palmenwäldern ernst in der ernsten Wüste, unten ebenfalls bläulich, an dem Gipfel schwach geröthet, die drei großen Pyramiden von Gizeh, höher hinauf am Wasser die von Abusir, Daschur und Sakkarah, über allem der klare, dunkelblaue Himmel Afrikas — in der That ein stolzes, überraschend prächtiges, überwältigendes Gemälde, in das sich, wenn wir uns umwenden, die Alabastermvschee Mehemed Alis mir ihren nadelfein emporstrebenden Minarets und ihrer gewaltigen Kuppel würdig einfügt, während unter unsern Füßen in der Tiefe der freie Platz vor der Dschcuni Sultan Hassans mit seinem Gewimmel arabischer Trachten, seinen Gruppen und Züge» von Kameelen, Eseln und Ziegen eine passende Staf¬ fage gibt. DaS Innere Kairos, das Leben, die Sitte seiner Bewohner und was sich daran knüpft, schildern wir durch Ausführung der Blätter eines Tage-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/373>, abgerufen am 12.12.2024.