Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.Sache zum vollständigen Verständniß gründlich erörtert sein will, so wollen Daß die Zeit im Nahen sei, wo man die Zweckmäßigkeit der großen Sache zum vollständigen Verständniß gründlich erörtert sein will, so wollen Daß die Zeit im Nahen sei, wo man die Zweckmäßigkeit der großen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0228" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104429"/> <p xml:id="ID_616" prev="#ID_615"> Sache zum vollständigen Verständniß gründlich erörtert sein will, so wollen<lb/> Sie mir gestatten, in einige Details einzugehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_617" next="#ID_618"> Daß die Zeit im Nahen sei, wo man die Zweckmäßigkeit der großen<lb/> Zwei- und Dreidecker ernstlich in Zweifel ziehen werde, war bereits vor dreißig<lb/> Jahren von dem französischen Artillerieoffizier Pairhans geahnt worden. Die<lb/> Gründe, auf die er damals seine Behauptungen stützte, sind dieselben, welche<lb/> heute noch in der Frage vorwiegen. Der Erfinder der Bombenkanonen war<lb/> der jetzt kaum noch zu bestreitenden Ansicht, daß eS sich in den späteren See¬<lb/> kämpfen nicht sowol um die Ueberlegenheit an Geschütz der Zahl<lb/> nach, sondern vorzüglich um die Schwere des Kalibers handeln<lb/> werde. Es komme, so schloß er weiter, darum auch durchaus nicht darauf an,<lb/> Fahrzeuge mit einer möglichst großen Kanonenzahl aufzustellen, welches Princip<lb/> offenbar den Zwei- und Dreideckern zu Grunde liegt, sondern darauf, solche her¬<lb/> zurichten, die (ohne dadurch von ihren nautischen Eigenschaften zu verlieren,)<lb/> Geschütze zu tragen im Stande sind, deren Schußbereich und Zerstörungsgewalt<lb/> verhältnißmäßig am größten ist. „Wenn erwiesen ist," sagte er, „daß eS nur<lb/> einiger wohl gezielter Schüsse mit schweren Bombenkanonen bedürfen wird, um<lb/> ein Linienschiff, und wenn es der sonst mächtigste Dreidecker wäre, zum Sinken<lb/> zu bringen, so muß nothwendig eingestanden werden, daß man, indem man<lb/> fernerhin solche Fahrzeuge mit unermeßlichen Kosten baut, sich einer Ver¬<lb/> schwendung und eines Mißgriffs in Betreff der Mittel für den Zweck schuldig<lb/> macht." Vielfach angefeindet, ist dieses Raisonnement dennoch durchaus<lb/> logisch, und man kann nur staunen, daß es keinen maßgebenderen Einfluß<lb/> auf die seitherigen Reformen im Marinewesen ausgeübt hat. Wenn dafür<lb/> irgend ein Grund eristirt, so kann er eben nur in der Scheu zu suchen sein,<lb/> welche dem Menschen, wo es sich um das Betreten eines neuen Weges han¬<lb/> delt, eigen zu sein und seine Entschließungen zu lähmen pflegt. Man ist<lb/> in solchen Fällen nur zu oft der Meinung, daß auch die klarste theoretische<lb/> Ueberzeugung kein ausreichendes Motiv für die Entschließung sei, und daß<lb/> es nothwendig einer Bewahrheitung und Sanction durch die Praxis bedürfe.<lb/> Leider hat der letzte Krieg eine solche für den Ausspruch des Generals<lb/> Pairhans nicht dicht unter den Augen der französischen und englischen Ad¬<lb/> miräle gegeben, aber im Allgemeinen ist er eine Antwort auf die angeregte<lb/> Frage nicht schuldig geblieben. Die Schlacht von Sinope (1833, November)<lb/> ist nämlich ein schlagendes Beispiel für die Schnelligkeit, mit welcher sich<lb/> große Zerstörungsacte, in denen die Bombenkanone das erste Wort zu reden<lb/> hat, vollziehen. Die türkischen Fregatten sanken infolge von Lecken zwischen<lb/> Wind und Wasser, die ihnen die russischen Hohlgeschosse beigebracht hatten,<lb/> und welche auch jede andere Art von Fahrzeugen zum Untergang geführt haben<lb/> würden. Noch lange nach dem Treffen hatte man Gelegenheit, diese Lenke an</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0228]
Sache zum vollständigen Verständniß gründlich erörtert sein will, so wollen
Sie mir gestatten, in einige Details einzugehen.
Daß die Zeit im Nahen sei, wo man die Zweckmäßigkeit der großen
Zwei- und Dreidecker ernstlich in Zweifel ziehen werde, war bereits vor dreißig
Jahren von dem französischen Artillerieoffizier Pairhans geahnt worden. Die
Gründe, auf die er damals seine Behauptungen stützte, sind dieselben, welche
heute noch in der Frage vorwiegen. Der Erfinder der Bombenkanonen war
der jetzt kaum noch zu bestreitenden Ansicht, daß eS sich in den späteren See¬
kämpfen nicht sowol um die Ueberlegenheit an Geschütz der Zahl
nach, sondern vorzüglich um die Schwere des Kalibers handeln
werde. Es komme, so schloß er weiter, darum auch durchaus nicht darauf an,
Fahrzeuge mit einer möglichst großen Kanonenzahl aufzustellen, welches Princip
offenbar den Zwei- und Dreideckern zu Grunde liegt, sondern darauf, solche her¬
zurichten, die (ohne dadurch von ihren nautischen Eigenschaften zu verlieren,)
Geschütze zu tragen im Stande sind, deren Schußbereich und Zerstörungsgewalt
verhältnißmäßig am größten ist. „Wenn erwiesen ist," sagte er, „daß eS nur
einiger wohl gezielter Schüsse mit schweren Bombenkanonen bedürfen wird, um
ein Linienschiff, und wenn es der sonst mächtigste Dreidecker wäre, zum Sinken
zu bringen, so muß nothwendig eingestanden werden, daß man, indem man
fernerhin solche Fahrzeuge mit unermeßlichen Kosten baut, sich einer Ver¬
schwendung und eines Mißgriffs in Betreff der Mittel für den Zweck schuldig
macht." Vielfach angefeindet, ist dieses Raisonnement dennoch durchaus
logisch, und man kann nur staunen, daß es keinen maßgebenderen Einfluß
auf die seitherigen Reformen im Marinewesen ausgeübt hat. Wenn dafür
irgend ein Grund eristirt, so kann er eben nur in der Scheu zu suchen sein,
welche dem Menschen, wo es sich um das Betreten eines neuen Weges han¬
delt, eigen zu sein und seine Entschließungen zu lähmen pflegt. Man ist
in solchen Fällen nur zu oft der Meinung, daß auch die klarste theoretische
Ueberzeugung kein ausreichendes Motiv für die Entschließung sei, und daß
es nothwendig einer Bewahrheitung und Sanction durch die Praxis bedürfe.
Leider hat der letzte Krieg eine solche für den Ausspruch des Generals
Pairhans nicht dicht unter den Augen der französischen und englischen Ad¬
miräle gegeben, aber im Allgemeinen ist er eine Antwort auf die angeregte
Frage nicht schuldig geblieben. Die Schlacht von Sinope (1833, November)
ist nämlich ein schlagendes Beispiel für die Schnelligkeit, mit welcher sich
große Zerstörungsacte, in denen die Bombenkanone das erste Wort zu reden
hat, vollziehen. Die türkischen Fregatten sanken infolge von Lecken zwischen
Wind und Wasser, die ihnen die russischen Hohlgeschosse beigebracht hatten,
und welche auch jede andere Art von Fahrzeugen zum Untergang geführt haben
würden. Noch lange nach dem Treffen hatte man Gelegenheit, diese Lenke an
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |