Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Als ein weiteres gewaltiges Hilfsmittel der Fabrikindustrie bei der Pro¬
duktion selbst macht sich die Arbeitstheilung geltend, d. h. die Zerlegung
der Verfertigung eines Artikels in eine Anzahl einzelner Verrichtungen, und
deren Vertheilung unter verschiedene Arbeitergruppen. Die Steigerung der
Arbeitsergiebigkeit, der Leistungsfähigkeit der Arbeiter durch diese Maßregel
ist so groß, daß manche Fabrik^weige derselben allein ihre großen Resultate
verdanken. Während im Handwerk meist jeder Arbeiter den betreffenden Ar¬
tikel der Hauptsache nach vollständig und allein fertigt, muß er eine Menge
höchst verschiedenartiger Verrichtungen durchmachen, welche die mannigfaltigsten
Kräfte und Fertigkeiten erfordern, wie man sie selten oder nie gleichmäßig bei
einer einzigen Person vereint findet. Ferner gehören zu jeder dieser verschie¬
denen Verrichtungen besondere Werkzeuge und sonstige Arbeitsanstallen, lind
indem sich jeder einzelne Handwerker ans alle einrichten ausi, braucht er ein
größeres Capital. Viel leichter und billiger haben eS da die Arbeiter in einer
Fabrik, von denen jeder nur grade mit der speciellen Verrichtung beschäftigt
wird, wozu ihn seine Kräfte, Anlagen, Fertigkeiten am meisten befähigen.
Ein jeder arbeitet sich hier in seinem engern Fache ein und lernt den kleinsten
Vortheil benutzen, während eine beträchtliche Zeitersparnis) schon darin liegt,
baß die Einzelnen nicht im steten Wechsel zu unter sich ganz 'verschiedenen
Beschäftigungen übergehen und bei jeder erst die unvermeidlichen Vorkehrungen
treffen müssen, ehe sie nur damit beginnen können. Daß die Arbeit ans diese
Weise besser und rascher, also billiger geliefert werden kann, ist klar, ja manche
Gegenstände des allgemeinsten Verbrauchs lassen sich gar nicht anders her¬
stellen. Das bekannte Beispiel von der S t entr a del fabrikation, die in
ohngefähr 18 bis A0 einzelne Verrichtungen zerfällt, deren jeder sich ver¬
schiedene Personen unterziehen, ist besonders lehrreich. Während hier die etwa
erforderlichen 2V Arbeiter, so vertheilt, an einem Tage circa 2i> Pfund d. i.
ohngefähr 96000 Stück Nadeln mittlerer Größe (eher noch mehr) fertigen
können, so daß aus einen circa 4800 Stück kommen, würde jeder Einzelne
darunter., wenn er für sich allein die Nadeln vollständig fertig machen wollte,
kaum 100 vollenden.

Das Wichtigste endlich unter den Elementen, welche die Fabrikindustrie
in ihren Dienst genommen hat, welches überhaupt erst der neuern Industrie
das unterscheidende Gepräge aufdrückt, sind die außerordentlichen Entdeckungen
dieses Jahrhunderts in den Naturwissenschaften und deren Anwendung auf
gewerbliche Zwecke. Wie die erweiterten Kenntnisse in der Chemie ganz neue,
ebenso leichte als billige Methoden in Zerlegung, Verbindung und Umwand¬
lung der Stoffe Hervorriesen, so lehrten die ungeheuren Fortschritte in der
Physik und Mechanik die Menschenarbeit immer mehr durch Naturkräfte er¬
setzen und verstärken, indem sie namentlich in den Maschinen dem Fabri-


Als ein weiteres gewaltiges Hilfsmittel der Fabrikindustrie bei der Pro¬
duktion selbst macht sich die Arbeitstheilung geltend, d. h. die Zerlegung
der Verfertigung eines Artikels in eine Anzahl einzelner Verrichtungen, und
deren Vertheilung unter verschiedene Arbeitergruppen. Die Steigerung der
Arbeitsergiebigkeit, der Leistungsfähigkeit der Arbeiter durch diese Maßregel
ist so groß, daß manche Fabrik^weige derselben allein ihre großen Resultate
verdanken. Während im Handwerk meist jeder Arbeiter den betreffenden Ar¬
tikel der Hauptsache nach vollständig und allein fertigt, muß er eine Menge
höchst verschiedenartiger Verrichtungen durchmachen, welche die mannigfaltigsten
Kräfte und Fertigkeiten erfordern, wie man sie selten oder nie gleichmäßig bei
einer einzigen Person vereint findet. Ferner gehören zu jeder dieser verschie¬
denen Verrichtungen besondere Werkzeuge und sonstige Arbeitsanstallen, lind
indem sich jeder einzelne Handwerker ans alle einrichten ausi, braucht er ein
größeres Capital. Viel leichter und billiger haben eS da die Arbeiter in einer
Fabrik, von denen jeder nur grade mit der speciellen Verrichtung beschäftigt
wird, wozu ihn seine Kräfte, Anlagen, Fertigkeiten am meisten befähigen.
Ein jeder arbeitet sich hier in seinem engern Fache ein und lernt den kleinsten
Vortheil benutzen, während eine beträchtliche Zeitersparnis) schon darin liegt,
baß die Einzelnen nicht im steten Wechsel zu unter sich ganz 'verschiedenen
Beschäftigungen übergehen und bei jeder erst die unvermeidlichen Vorkehrungen
treffen müssen, ehe sie nur damit beginnen können. Daß die Arbeit ans diese
Weise besser und rascher, also billiger geliefert werden kann, ist klar, ja manche
Gegenstände des allgemeinsten Verbrauchs lassen sich gar nicht anders her¬
stellen. Das bekannte Beispiel von der S t entr a del fabrikation, die in
ohngefähr 18 bis A0 einzelne Verrichtungen zerfällt, deren jeder sich ver¬
schiedene Personen unterziehen, ist besonders lehrreich. Während hier die etwa
erforderlichen 2V Arbeiter, so vertheilt, an einem Tage circa 2i> Pfund d. i.
ohngefähr 96000 Stück Nadeln mittlerer Größe (eher noch mehr) fertigen
können, so daß aus einen circa 4800 Stück kommen, würde jeder Einzelne
darunter., wenn er für sich allein die Nadeln vollständig fertig machen wollte,
kaum 100 vollenden.

Das Wichtigste endlich unter den Elementen, welche die Fabrikindustrie
in ihren Dienst genommen hat, welches überhaupt erst der neuern Industrie
das unterscheidende Gepräge aufdrückt, sind die außerordentlichen Entdeckungen
dieses Jahrhunderts in den Naturwissenschaften und deren Anwendung auf
gewerbliche Zwecke. Wie die erweiterten Kenntnisse in der Chemie ganz neue,
ebenso leichte als billige Methoden in Zerlegung, Verbindung und Umwand¬
lung der Stoffe Hervorriesen, so lehrten die ungeheuren Fortschritte in der
Physik und Mechanik die Menschenarbeit immer mehr durch Naturkräfte er¬
setzen und verstärken, indem sie namentlich in den Maschinen dem Fabri-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0222" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104423"/>
            <p xml:id="ID_602"> Als ein weiteres gewaltiges Hilfsmittel der Fabrikindustrie bei der Pro¬<lb/>
duktion selbst macht sich die Arbeitstheilung geltend, d. h. die Zerlegung<lb/>
der Verfertigung eines Artikels in eine Anzahl einzelner Verrichtungen, und<lb/>
deren Vertheilung unter verschiedene Arbeitergruppen. Die Steigerung der<lb/>
Arbeitsergiebigkeit, der Leistungsfähigkeit der Arbeiter durch diese Maßregel<lb/>
ist so groß, daß manche Fabrik^weige derselben allein ihre großen Resultate<lb/>
verdanken. Während im Handwerk meist jeder Arbeiter den betreffenden Ar¬<lb/>
tikel der Hauptsache nach vollständig und allein fertigt, muß er eine Menge<lb/>
höchst verschiedenartiger Verrichtungen durchmachen, welche die mannigfaltigsten<lb/>
Kräfte und Fertigkeiten erfordern, wie man sie selten oder nie gleichmäßig bei<lb/>
einer einzigen Person vereint findet. Ferner gehören zu jeder dieser verschie¬<lb/>
denen Verrichtungen besondere Werkzeuge und sonstige Arbeitsanstallen, lind<lb/>
indem sich jeder einzelne Handwerker ans alle einrichten ausi, braucht er ein<lb/>
größeres Capital. Viel leichter und billiger haben eS da die Arbeiter in einer<lb/>
Fabrik, von denen jeder nur grade mit der speciellen Verrichtung beschäftigt<lb/>
wird, wozu ihn seine Kräfte, Anlagen, Fertigkeiten am meisten befähigen.<lb/>
Ein jeder arbeitet sich hier in seinem engern Fache ein und lernt den kleinsten<lb/>
Vortheil benutzen, während eine beträchtliche Zeitersparnis) schon darin liegt,<lb/>
baß die Einzelnen nicht im steten Wechsel zu unter sich ganz 'verschiedenen<lb/>
Beschäftigungen übergehen und bei jeder erst die unvermeidlichen Vorkehrungen<lb/>
treffen müssen, ehe sie nur damit beginnen können. Daß die Arbeit ans diese<lb/>
Weise besser und rascher, also billiger geliefert werden kann, ist klar, ja manche<lb/>
Gegenstände des allgemeinsten Verbrauchs lassen sich gar nicht anders her¬<lb/>
stellen. Das bekannte Beispiel von der S t entr a del fabrikation, die in<lb/>
ohngefähr 18 bis A0 einzelne Verrichtungen zerfällt, deren jeder sich ver¬<lb/>
schiedene Personen unterziehen, ist besonders lehrreich. Während hier die etwa<lb/>
erforderlichen 2V Arbeiter, so vertheilt, an einem Tage circa 2i&gt; Pfund d. i.<lb/>
ohngefähr 96000 Stück Nadeln mittlerer Größe (eher noch mehr) fertigen<lb/>
können, so daß aus einen circa 4800 Stück kommen, würde jeder Einzelne<lb/>
darunter., wenn er für sich allein die Nadeln vollständig fertig machen wollte,<lb/>
kaum 100 vollenden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_603" next="#ID_604"> Das Wichtigste endlich unter den Elementen, welche die Fabrikindustrie<lb/>
in ihren Dienst genommen hat, welches überhaupt erst der neuern Industrie<lb/>
das unterscheidende Gepräge aufdrückt, sind die außerordentlichen Entdeckungen<lb/>
dieses Jahrhunderts in den Naturwissenschaften und deren Anwendung auf<lb/>
gewerbliche Zwecke. Wie die erweiterten Kenntnisse in der Chemie ganz neue,<lb/>
ebenso leichte als billige Methoden in Zerlegung, Verbindung und Umwand¬<lb/>
lung der Stoffe Hervorriesen, so lehrten die ungeheuren Fortschritte in der<lb/>
Physik und Mechanik die Menschenarbeit immer mehr durch Naturkräfte er¬<lb/>
setzen und verstärken, indem sie namentlich in den Maschinen dem Fabri-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0222] Als ein weiteres gewaltiges Hilfsmittel der Fabrikindustrie bei der Pro¬ duktion selbst macht sich die Arbeitstheilung geltend, d. h. die Zerlegung der Verfertigung eines Artikels in eine Anzahl einzelner Verrichtungen, und deren Vertheilung unter verschiedene Arbeitergruppen. Die Steigerung der Arbeitsergiebigkeit, der Leistungsfähigkeit der Arbeiter durch diese Maßregel ist so groß, daß manche Fabrik^weige derselben allein ihre großen Resultate verdanken. Während im Handwerk meist jeder Arbeiter den betreffenden Ar¬ tikel der Hauptsache nach vollständig und allein fertigt, muß er eine Menge höchst verschiedenartiger Verrichtungen durchmachen, welche die mannigfaltigsten Kräfte und Fertigkeiten erfordern, wie man sie selten oder nie gleichmäßig bei einer einzigen Person vereint findet. Ferner gehören zu jeder dieser verschie¬ denen Verrichtungen besondere Werkzeuge und sonstige Arbeitsanstallen, lind indem sich jeder einzelne Handwerker ans alle einrichten ausi, braucht er ein größeres Capital. Viel leichter und billiger haben eS da die Arbeiter in einer Fabrik, von denen jeder nur grade mit der speciellen Verrichtung beschäftigt wird, wozu ihn seine Kräfte, Anlagen, Fertigkeiten am meisten befähigen. Ein jeder arbeitet sich hier in seinem engern Fache ein und lernt den kleinsten Vortheil benutzen, während eine beträchtliche Zeitersparnis) schon darin liegt, baß die Einzelnen nicht im steten Wechsel zu unter sich ganz 'verschiedenen Beschäftigungen übergehen und bei jeder erst die unvermeidlichen Vorkehrungen treffen müssen, ehe sie nur damit beginnen können. Daß die Arbeit ans diese Weise besser und rascher, also billiger geliefert werden kann, ist klar, ja manche Gegenstände des allgemeinsten Verbrauchs lassen sich gar nicht anders her¬ stellen. Das bekannte Beispiel von der S t entr a del fabrikation, die in ohngefähr 18 bis A0 einzelne Verrichtungen zerfällt, deren jeder sich ver¬ schiedene Personen unterziehen, ist besonders lehrreich. Während hier die etwa erforderlichen 2V Arbeiter, so vertheilt, an einem Tage circa 2i> Pfund d. i. ohngefähr 96000 Stück Nadeln mittlerer Größe (eher noch mehr) fertigen können, so daß aus einen circa 4800 Stück kommen, würde jeder Einzelne darunter., wenn er für sich allein die Nadeln vollständig fertig machen wollte, kaum 100 vollenden. Das Wichtigste endlich unter den Elementen, welche die Fabrikindustrie in ihren Dienst genommen hat, welches überhaupt erst der neuern Industrie das unterscheidende Gepräge aufdrückt, sind die außerordentlichen Entdeckungen dieses Jahrhunderts in den Naturwissenschaften und deren Anwendung auf gewerbliche Zwecke. Wie die erweiterten Kenntnisse in der Chemie ganz neue, ebenso leichte als billige Methoden in Zerlegung, Verbindung und Umwand¬ lung der Stoffe Hervorriesen, so lehrten die ungeheuren Fortschritte in der Physik und Mechanik die Menschenarbeit immer mehr durch Naturkräfte er¬ setzen und verstärken, indem sie namentlich in den Maschinen dem Fabri-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/222
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/222>, abgerufen am 28.09.2024.