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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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indeß kam alles sehr prompt zu Stande und ohne daß der Feind Gelegenheit ge¬
habt hätte, von dem ihm günstigen Moment, wo die verbündeten Fahrzeuge in
der Bewegung waren und den Landbatterien den Bug zuwendeten, mithin
einem mörderischen Enfiladcfeuer ausgesetzt waren, Vortheile zu ziehen. Man
hatte dies den Schraubern zu danken und der Beihilfe der an den Seiten der
Segellinienschiffe angekoppelten Raddampfer.

Aber für die Ohnmacht der Artillerie, mit der die Linienschiffe aus¬
gerüstet waren, gab es kein Aushilfsmittel. Ungeachtet das Feuern
von Mittag bis zum Einbruch der Nacht, über sechs Stunden, gedauert
hatte, war man doch nicht im Stande gewesen, das granitene Mauerwerk
der russischen Forts zu erschüttern. Nur die oberen Brüstungsmauern waren
stark beschädigt und zum Theil heruntergestürzt. Dermaßen wenig befriedigend
mußte der erreichte Erfolg genannt werden, daß man auf eine Weiterführung
des seewärtigen Angriffs für immer verzichtete. Andrerseits ist bemerkenswerth,
daß die russischen Hohlgeschosse nicht den Schaden anrichteten, auf den man
gefaßt gewesen war, vornehmlich nicht, weil es für die Küstenartillerie sehr
schwer war, richtig zu zielen da eine dicke Rauchwolke sich zwischen den Schiffen
und den Forts gelagert hatte und nur von den Mastspitzen einiger der grö߬
ten Schiffe überragt wurde. Nur einige wohltreffende Bomben, unter andern
die zehnzöllige, welche in die Campanje des französischen Admiralschiffs (Ville
de Paris) einschlug und den Admiral nebst seinem Stäbe in die Luft warf,
ließen erkennen, von welchen Gefahren man bedroht gewesen sein würde, wenn ein
scharfer Wind den umhüllenden Dampfmantel gelüftet hätte. Der Angriff vom
17. October lieferte übrigens für den großen Schatz der Kriegserfahrung außer¬
dem manches schätzenswerthe Resultat. Im Besondern lenkte er die Aufmerk¬
samkeit auch auf die großen Wirkungen hin, die man durch Wurffeuer wider
Schiffe erreichen kann. Die französischen und englischen Linienschiffe wurden
ZU mehren Malen, unter steilem Einfallswinkel, von Bomben getroffen, welche
mehre Decke durchbrachen, und unter andern schlug ein derartiges Geschoß bis
in den Maschinenraum des Zweideckers "Charlemagne" und platzte daselbst,
indem eS den Mechanismus zum Theil außer Function setzte. Es war dies
ein Wink, den der Angriff darnach (der Vertheidigung gegenüber) sich zu
Nutzen machte. Außerdem lernte man die Nachtheile der hochmastigen Schiffe
im Gefecht mit Küstenbefestigungen kennen. Indem die obersten Stengen der
Zwei- und Dreidecker noch über die die EöcadreS umhüllende Dampfschicht
hinausragten, wurden dieselben für die russische Artillerie sichere Richtpunkte
und erleichterten in einem verhältnißmäßig bedeutenden Maße das Zielen.

Ich komme nunmehr auf die Besetzung des asowschen Meeres durch die
Flottenabtheilung unter Admiral Lyons zu sprechen. Für uns norddeutsche
hat dies That der britischen Seemacht ein ebesondereö Interesse, indem unsere


indeß kam alles sehr prompt zu Stande und ohne daß der Feind Gelegenheit ge¬
habt hätte, von dem ihm günstigen Moment, wo die verbündeten Fahrzeuge in
der Bewegung waren und den Landbatterien den Bug zuwendeten, mithin
einem mörderischen Enfiladcfeuer ausgesetzt waren, Vortheile zu ziehen. Man
hatte dies den Schraubern zu danken und der Beihilfe der an den Seiten der
Segellinienschiffe angekoppelten Raddampfer.

Aber für die Ohnmacht der Artillerie, mit der die Linienschiffe aus¬
gerüstet waren, gab es kein Aushilfsmittel. Ungeachtet das Feuern
von Mittag bis zum Einbruch der Nacht, über sechs Stunden, gedauert
hatte, war man doch nicht im Stande gewesen, das granitene Mauerwerk
der russischen Forts zu erschüttern. Nur die oberen Brüstungsmauern waren
stark beschädigt und zum Theil heruntergestürzt. Dermaßen wenig befriedigend
mußte der erreichte Erfolg genannt werden, daß man auf eine Weiterführung
des seewärtigen Angriffs für immer verzichtete. Andrerseits ist bemerkenswerth,
daß die russischen Hohlgeschosse nicht den Schaden anrichteten, auf den man
gefaßt gewesen war, vornehmlich nicht, weil es für die Küstenartillerie sehr
schwer war, richtig zu zielen da eine dicke Rauchwolke sich zwischen den Schiffen
und den Forts gelagert hatte und nur von den Mastspitzen einiger der grö߬
ten Schiffe überragt wurde. Nur einige wohltreffende Bomben, unter andern
die zehnzöllige, welche in die Campanje des französischen Admiralschiffs (Ville
de Paris) einschlug und den Admiral nebst seinem Stäbe in die Luft warf,
ließen erkennen, von welchen Gefahren man bedroht gewesen sein würde, wenn ein
scharfer Wind den umhüllenden Dampfmantel gelüftet hätte. Der Angriff vom
17. October lieferte übrigens für den großen Schatz der Kriegserfahrung außer¬
dem manches schätzenswerthe Resultat. Im Besondern lenkte er die Aufmerk¬
samkeit auch auf die großen Wirkungen hin, die man durch Wurffeuer wider
Schiffe erreichen kann. Die französischen und englischen Linienschiffe wurden
ZU mehren Malen, unter steilem Einfallswinkel, von Bomben getroffen, welche
mehre Decke durchbrachen, und unter andern schlug ein derartiges Geschoß bis
in den Maschinenraum des Zweideckers „Charlemagne" und platzte daselbst,
indem eS den Mechanismus zum Theil außer Function setzte. Es war dies
ein Wink, den der Angriff darnach (der Vertheidigung gegenüber) sich zu
Nutzen machte. Außerdem lernte man die Nachtheile der hochmastigen Schiffe
im Gefecht mit Küstenbefestigungen kennen. Indem die obersten Stengen der
Zwei- und Dreidecker noch über die die EöcadreS umhüllende Dampfschicht
hinausragten, wurden dieselben für die russische Artillerie sichere Richtpunkte
und erleichterten in einem verhältnißmäßig bedeutenden Maße das Zielen.

Ich komme nunmehr auf die Besetzung des asowschen Meeres durch die
Flottenabtheilung unter Admiral Lyons zu sprechen. Für uns norddeutsche
hat dies That der britischen Seemacht ein ebesondereö Interesse, indem unsere


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/183>, abgerufen am 25.08.2024.