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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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vier Dampffregatten, welche den Kampf am Morgen eröffneten, angewiesen, sich
den Strandbattericn nicht weiter wie auf 2000 Meeres (2600 Schritt) zu nähern.
ES waren Nadschiffe, die man dazu ausersehen hatte, und als solche
hatten sie Befehl, statt sich in Linie dem Feinde gegenüber zu lege", was sie
uicht durften, weil sie damit ihre Flanken (Radkasten, Räder und Maschine)
Preis gegeben haben würden, mittelst eines Contremarschmanöverö eine Art
Volte zu fahren, welche andauernde Bewegung den Gegner im Besonderen
verhinderte, sichere Richtungen für seine Geschütze zu gewinnen, ohne daß die
einzelnen, von den Dampfern abgegebenen Zielschüsse dadurch viel von ihrer
Präcision verloren hätten. Erst nachdem das Gefecht drei Stunden lang in
dieser Weise geführt worden war, und die Russen eine nicht unerhebliche Ein¬
buße erlitten hatten, kam eine zweite, ebenfalls aus vier Dampffregatten be¬
stehende Flottenabtheilung heran, um die erste zu unterstützen. Da eS an
Raum zu einer Weiterführung deS Kampfes in mobiler Ordnung mangelte,
so legte man sich nunmehr in Linie, indeß so, daß die Naddampfer dem Geg¬
ner zumeist den Stern wiesen. Die Entfernung, aus welcher dieser zweite
Zerstörungsact vom Angreifer durchgeführt' wurde, schwankte zwischen 3000 und
L000 Schritt. Das russische Feuer war auf solcher Distance durchaus ohn¬
mächtig, wogegen die im hohen Bogenschuß entsendeten Hohlgeschosse der Ver¬
bündeten wie ein Hagel auf die russischen Batterien, Schiffe und Magazine
niederfielen. -- Um das Charakteristische dieser Waffenthat vollkommen zu wür¬
digen, hat man einiges Gewicht auf die Frage zu legen, wie die Dispositionen
des Angriffs sich gestaltet haben würden, wenn man, anstatt Naddampffregatten,
vorzugsweise schwere Schraubenschiffe zur Ausführung des Bombardements
verwendet hätte.- In dem, was bei Odessa geschehen, haben wir nämlich bei¬
nahe ausschließlich die Wirkungen der großen Bombenkanonen, mit denen die
Schaufeldampser auf dem Vorder- und Hinterdeck bewaffnet sind, zu erken¬
nen. Von diesen Geschützen führen die Schrauben-Zwei- und Dreidecker nur
zwei bis vier; hätte man daher an die Artillerie'der Linienschiffe appellirt, so
würde, falls sie durch die Tiefenverhältnisse des Fahrwassers überhaupt nicht
verhindert waren, in dem vorliegenden Falle activ zu werden, der An¬
greifer seine Positionen bedeutend näher zu wählen gehabt haben, um den
30- und 32-Pfündern, aus denen die Hauptbewaffnung derselben besteht, ein
angemessenes Feld zu eröffnen. Die hier bekundete Leistungsfähigkeit der Rad¬
dampfer gegen Strandbatterien von verhältnißmäßig schwachem Kaliber und ohne
Pairhanökanonen bestätigte der weitere Verlauf des Kriegs. Wir sehen sie
bei der Landung der verbündeten Armeen in der Kalamitabay alö Eclaireurs
gegen den Strand vorgehen, die russischen Feldbatterien allerwärts vertreiben,
und am Tage der Schlacht an der Alma selbst dem äußersten rechten Flügel
der Franzosen einige nicht unerhebliche Dienste leisten. Linienschiffe waren zu


vier Dampffregatten, welche den Kampf am Morgen eröffneten, angewiesen, sich
den Strandbattericn nicht weiter wie auf 2000 Meeres (2600 Schritt) zu nähern.
ES waren Nadschiffe, die man dazu ausersehen hatte, und als solche
hatten sie Befehl, statt sich in Linie dem Feinde gegenüber zu lege», was sie
uicht durften, weil sie damit ihre Flanken (Radkasten, Räder und Maschine)
Preis gegeben haben würden, mittelst eines Contremarschmanöverö eine Art
Volte zu fahren, welche andauernde Bewegung den Gegner im Besonderen
verhinderte, sichere Richtungen für seine Geschütze zu gewinnen, ohne daß die
einzelnen, von den Dampfern abgegebenen Zielschüsse dadurch viel von ihrer
Präcision verloren hätten. Erst nachdem das Gefecht drei Stunden lang in
dieser Weise geführt worden war, und die Russen eine nicht unerhebliche Ein¬
buße erlitten hatten, kam eine zweite, ebenfalls aus vier Dampffregatten be¬
stehende Flottenabtheilung heran, um die erste zu unterstützen. Da eS an
Raum zu einer Weiterführung deS Kampfes in mobiler Ordnung mangelte,
so legte man sich nunmehr in Linie, indeß so, daß die Naddampfer dem Geg¬
ner zumeist den Stern wiesen. Die Entfernung, aus welcher dieser zweite
Zerstörungsact vom Angreifer durchgeführt' wurde, schwankte zwischen 3000 und
L000 Schritt. Das russische Feuer war auf solcher Distance durchaus ohn¬
mächtig, wogegen die im hohen Bogenschuß entsendeten Hohlgeschosse der Ver¬
bündeten wie ein Hagel auf die russischen Batterien, Schiffe und Magazine
niederfielen. — Um das Charakteristische dieser Waffenthat vollkommen zu wür¬
digen, hat man einiges Gewicht auf die Frage zu legen, wie die Dispositionen
des Angriffs sich gestaltet haben würden, wenn man, anstatt Naddampffregatten,
vorzugsweise schwere Schraubenschiffe zur Ausführung des Bombardements
verwendet hätte.- In dem, was bei Odessa geschehen, haben wir nämlich bei¬
nahe ausschließlich die Wirkungen der großen Bombenkanonen, mit denen die
Schaufeldampser auf dem Vorder- und Hinterdeck bewaffnet sind, zu erken¬
nen. Von diesen Geschützen führen die Schrauben-Zwei- und Dreidecker nur
zwei bis vier; hätte man daher an die Artillerie'der Linienschiffe appellirt, so
würde, falls sie durch die Tiefenverhältnisse des Fahrwassers überhaupt nicht
verhindert waren, in dem vorliegenden Falle activ zu werden, der An¬
greifer seine Positionen bedeutend näher zu wählen gehabt haben, um den
30- und 32-Pfündern, aus denen die Hauptbewaffnung derselben besteht, ein
angemessenes Feld zu eröffnen. Die hier bekundete Leistungsfähigkeit der Rad¬
dampfer gegen Strandbatterien von verhältnißmäßig schwachem Kaliber und ohne
Pairhanökanonen bestätigte der weitere Verlauf des Kriegs. Wir sehen sie
bei der Landung der verbündeten Armeen in der Kalamitabay alö Eclaireurs
gegen den Strand vorgehen, die russischen Feldbatterien allerwärts vertreiben,
und am Tage der Schlacht an der Alma selbst dem äußersten rechten Flügel
der Franzosen einige nicht unerhebliche Dienste leisten. Linienschiffe waren zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/180>, abgerufen am 02.10.2024.