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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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geschafft, wenn etwas zuviel ist, verkauft werden; die Arbeiten, die gethan und
die verdungen werden sollen, soll er anordnen und aufgeschrieben hinterlassen.
Das Vieh soll er wohl besehen, und eine Versteigerung halten. Oel soll er
verkaufen, wenn es hoch im Preise ist, Korn und Wein, wenn er mehr hat,
als er braucht. Dann soll er verkaufen alte Ochsen, Wolle, Felle, alte
Wagen, alles Geräth, einen alten Knecht, einen kranken Knecht, und wenn
sonst etwas übrig ist. Ein Hauswirth muß immer Lust zum Verkaufen haben,
nicht zum Kaufen."

"Von früher Jugend auf muß der Hauswirth fleißig sein Feld bestellen, das
Bauen muß er lange überlegen; die Bestellung des Feldes muß er nicht überlegen,
sondern schaffen. Wenn seine Jahre bis zum sechSundreißigsten gekommen sind,
dann muß er bauen, so das Feld wohl bestellt ist. Baue so, das zum Hof
nicht das Gut mangelt, noch der Hof zum Gute. Einem Hauswirth frommt
es, wenn sein Hof wohl gebaut ist, Oelboden und Weinkeller und viele
Fasser, daß er gern auf die Theurung warten mag, und eS wird ihm zum
Ruhm wie zum Nutzen gereichen. Damit der Wein gut bereitet werden kann,
muß man gute Keltern haben. Bedenke auch, daß in jedem Jahr große Un¬
wetter kommen und von den Oelbäumen die Frucht abwerfen. Hebet man sie
schnell auf und sind Gesäße bereit, so leidet man von dem Unwetter keinen
Schaden und das Oel wird Heller und besser. Muß aber die Frucht zu lange
aus der Erde liegen, so wird daS Oel ranzig. Aus jeder Frucht kann gutes
und Helles Oel bereitet werden, wenn es zur rechten Zeit geschieht. Gute
Viehställe, gute Krippen: die Sprossen der Raufen müssen einen Fuß lang
voneinander sein. Macht man es so, so wird das Vieh das Heu nicht herab¬
werfen. Ein Wohnhaus erbaue nach Vermögen. Hast du auf einem guten
Besitzthum gut und an guter Stelle gebaut, und dich da wohl befunden, so wirst
du lieber und öfter hinkommen, das Gut wird besser gedeihen, es wird weniger
gefehlt werden, du wirst mehr Nutzen ziehn. Für das Eigenthum ist das Ge¬
sicht des Herrn besser als der Schöpf. Den Nachbarn sei hold. Die Knechte
laß sich nicht vergehn. Wenn die Nachbarschaft dich freundlich ansehn wird,
wirst du leichter deine Erträge verkaufen, leichter deine Arbeiten vermiethen,
leichter fremde miethen. Wenn du bauen wirst, werden sie dir mit Arbeitern,
Thieren, Holz helfen. Thut es Noth, was Gott verhüte, so werden sie dir
beistehen."

Man muß nicht vergessen, daß diese Regeln ihren abgerissenen, spruch¬
artigen Charakter zum Theil dem Umstände verdanken, daß die Schrift durch
Auslassungen und Abkürzungen, auch Anstellungen und Verschiebungen der
einzelnen Theile entstellt ist. Nächst dem Herrn ist die wichtigste Person auf
dem Gut sein Stellvertreter, der Meier. Er hat alles auszuführen, waS der
Herr angeordnet hat, den Bedarf zu kaufen und anzuschaffen, den Knechten


geschafft, wenn etwas zuviel ist, verkauft werden; die Arbeiten, die gethan und
die verdungen werden sollen, soll er anordnen und aufgeschrieben hinterlassen.
Das Vieh soll er wohl besehen, und eine Versteigerung halten. Oel soll er
verkaufen, wenn es hoch im Preise ist, Korn und Wein, wenn er mehr hat,
als er braucht. Dann soll er verkaufen alte Ochsen, Wolle, Felle, alte
Wagen, alles Geräth, einen alten Knecht, einen kranken Knecht, und wenn
sonst etwas übrig ist. Ein Hauswirth muß immer Lust zum Verkaufen haben,
nicht zum Kaufen."

„Von früher Jugend auf muß der Hauswirth fleißig sein Feld bestellen, das
Bauen muß er lange überlegen; die Bestellung des Feldes muß er nicht überlegen,
sondern schaffen. Wenn seine Jahre bis zum sechSundreißigsten gekommen sind,
dann muß er bauen, so das Feld wohl bestellt ist. Baue so, das zum Hof
nicht das Gut mangelt, noch der Hof zum Gute. Einem Hauswirth frommt
es, wenn sein Hof wohl gebaut ist, Oelboden und Weinkeller und viele
Fasser, daß er gern auf die Theurung warten mag, und eS wird ihm zum
Ruhm wie zum Nutzen gereichen. Damit der Wein gut bereitet werden kann,
muß man gute Keltern haben. Bedenke auch, daß in jedem Jahr große Un¬
wetter kommen und von den Oelbäumen die Frucht abwerfen. Hebet man sie
schnell auf und sind Gesäße bereit, so leidet man von dem Unwetter keinen
Schaden und das Oel wird Heller und besser. Muß aber die Frucht zu lange
aus der Erde liegen, so wird daS Oel ranzig. Aus jeder Frucht kann gutes
und Helles Oel bereitet werden, wenn es zur rechten Zeit geschieht. Gute
Viehställe, gute Krippen: die Sprossen der Raufen müssen einen Fuß lang
voneinander sein. Macht man es so, so wird das Vieh das Heu nicht herab¬
werfen. Ein Wohnhaus erbaue nach Vermögen. Hast du auf einem guten
Besitzthum gut und an guter Stelle gebaut, und dich da wohl befunden, so wirst
du lieber und öfter hinkommen, das Gut wird besser gedeihen, es wird weniger
gefehlt werden, du wirst mehr Nutzen ziehn. Für das Eigenthum ist das Ge¬
sicht des Herrn besser als der Schöpf. Den Nachbarn sei hold. Die Knechte
laß sich nicht vergehn. Wenn die Nachbarschaft dich freundlich ansehn wird,
wirst du leichter deine Erträge verkaufen, leichter deine Arbeiten vermiethen,
leichter fremde miethen. Wenn du bauen wirst, werden sie dir mit Arbeitern,
Thieren, Holz helfen. Thut es Noth, was Gott verhüte, so werden sie dir
beistehen."

Man muß nicht vergessen, daß diese Regeln ihren abgerissenen, spruch¬
artigen Charakter zum Theil dem Umstände verdanken, daß die Schrift durch
Auslassungen und Abkürzungen, auch Anstellungen und Verschiebungen der
einzelnen Theile entstellt ist. Nächst dem Herrn ist die wichtigste Person auf
dem Gut sein Stellvertreter, der Meier. Er hat alles auszuführen, waS der
Herr angeordnet hat, den Bedarf zu kaufen und anzuschaffen, den Knechten


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[0144] geschafft, wenn etwas zuviel ist, verkauft werden; die Arbeiten, die gethan und die verdungen werden sollen, soll er anordnen und aufgeschrieben hinterlassen. Das Vieh soll er wohl besehen, und eine Versteigerung halten. Oel soll er verkaufen, wenn es hoch im Preise ist, Korn und Wein, wenn er mehr hat, als er braucht. Dann soll er verkaufen alte Ochsen, Wolle, Felle, alte Wagen, alles Geräth, einen alten Knecht, einen kranken Knecht, und wenn sonst etwas übrig ist. Ein Hauswirth muß immer Lust zum Verkaufen haben, nicht zum Kaufen." „Von früher Jugend auf muß der Hauswirth fleißig sein Feld bestellen, das Bauen muß er lange überlegen; die Bestellung des Feldes muß er nicht überlegen, sondern schaffen. Wenn seine Jahre bis zum sechSundreißigsten gekommen sind, dann muß er bauen, so das Feld wohl bestellt ist. Baue so, das zum Hof nicht das Gut mangelt, noch der Hof zum Gute. Einem Hauswirth frommt es, wenn sein Hof wohl gebaut ist, Oelboden und Weinkeller und viele Fasser, daß er gern auf die Theurung warten mag, und eS wird ihm zum Ruhm wie zum Nutzen gereichen. Damit der Wein gut bereitet werden kann, muß man gute Keltern haben. Bedenke auch, daß in jedem Jahr große Un¬ wetter kommen und von den Oelbäumen die Frucht abwerfen. Hebet man sie schnell auf und sind Gesäße bereit, so leidet man von dem Unwetter keinen Schaden und das Oel wird Heller und besser. Muß aber die Frucht zu lange aus der Erde liegen, so wird daS Oel ranzig. Aus jeder Frucht kann gutes und Helles Oel bereitet werden, wenn es zur rechten Zeit geschieht. Gute Viehställe, gute Krippen: die Sprossen der Raufen müssen einen Fuß lang voneinander sein. Macht man es so, so wird das Vieh das Heu nicht herab¬ werfen. Ein Wohnhaus erbaue nach Vermögen. Hast du auf einem guten Besitzthum gut und an guter Stelle gebaut, und dich da wohl befunden, so wirst du lieber und öfter hinkommen, das Gut wird besser gedeihen, es wird weniger gefehlt werden, du wirst mehr Nutzen ziehn. Für das Eigenthum ist das Ge¬ sicht des Herrn besser als der Schöpf. Den Nachbarn sei hold. Die Knechte laß sich nicht vergehn. Wenn die Nachbarschaft dich freundlich ansehn wird, wirst du leichter deine Erträge verkaufen, leichter deine Arbeiten vermiethen, leichter fremde miethen. Wenn du bauen wirst, werden sie dir mit Arbeitern, Thieren, Holz helfen. Thut es Noth, was Gott verhüte, so werden sie dir beistehen." Man muß nicht vergessen, daß diese Regeln ihren abgerissenen, spruch¬ artigen Charakter zum Theil dem Umstände verdanken, daß die Schrift durch Auslassungen und Abkürzungen, auch Anstellungen und Verschiebungen der einzelnen Theile entstellt ist. Nächst dem Herrn ist die wichtigste Person auf dem Gut sein Stellvertreter, der Meier. Er hat alles auszuführen, waS der Herr angeordnet hat, den Bedarf zu kaufen und anzuschaffen, den Knechten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/144>, abgerufen am 22.07.2024.