Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.setzt? nur der Besiegte opfert Theile auf, um den verstümmelten Rest sich zu be¬ In Mützes Zeitschrift sür das Gymnafialwescn, Februarhest 1857, hat der setzt? nur der Besiegte opfert Theile auf, um den verstümmelten Rest sich zu be¬ In Mützes Zeitschrift sür das Gymnafialwescn, Februarhest 1857, hat der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0127" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104328"/> <p xml:id="ID_341" prev="#ID_340"> setzt? nur der Besiegte opfert Theile auf, um den verstümmelten Rest sich zu be¬<lb/> wahren! Möge denn wenigstens die unabhängige deutsche Presse die Pflicht erfüllen,<lb/> die ihr obliegt, für Recht und Wahrheit ihre Stimme erheben, so laut, als sie es<lb/> vermag, mögen die holsteinischen Stände eingedenk sein des verlassenen, auss wider¬<lb/> sinnigste gemißhandelten Schleswigs! Wie es dort steht um Justiz, Verwaltung,<lb/> Kirche und Schule des Volkes, wer wüßte es nicht? es fehlt der parlamentarische<lb/> Ausdruck, dergleichen Unthaten in ihrer ganzen Bloße darzustellen. Nur Eins war<lb/> bisher weniger allgemein bekannt: die Verstümmlung, die Danisirung der höheren<lb/> Bildungsanstalten, die Vernichtung der deutschen Jugendauf den Gym¬<lb/> nasien des Herzogthums Schleswig. —</p><lb/> <p xml:id="ID_342" next="#ID_343"> In Mützes Zeitschrift sür das Gymnafialwescn, Februarhest 1857, hat der<lb/> l>r. Hademanu in Leer über dies Thema werthvolle Aufklärungen gegeben. Das<lb/> Wesentlichste möge hier einen Platz finden. Im Herzogthum Schleswig bestanden<lb/> bis zum Jahre 1848 vier Gelehrtenschulen, in Husum, Schleswig, Flensburg und<lb/> Hadersleben. Die Gelehrtenschule in Husum ist im Jahre 185-1 durch Befehl<lb/> von Kopenhagen gänzlich vernichtet, die einzige, welche das Herzogthum Schleswig<lb/> an der Westküste aufzuweisen hatte, zur Trauer der Bewohner Husums und der<lb/> umliegenden, reichen friesischen und eiderstedtischen Marschen, welche seit der Re¬<lb/> formation die husumer Schule nnter günstigen und ungünstigen Verhältnissen mit<lb/> treuer Liebe gepflegt und kein Opfer für dieselbe gescheut hatten. Grade diese<lb/> Schule, die gleich einer im Verborgenen blühenden Blume, in einem entlegenen<lb/> Winkel des Landes Jahrhunderte lang geblüht hatte, hat den Herzogthümern in<lb/> Schule, Kirche und Universität, in der Rechtswissenschaft und Medicinalwesen eine<lb/> Reihe der tüchtigsten und gelehrtesten Männer herangebildet. Als unzureichender Ersatz<lb/> ist eine höhere Bürgerschule ins Leben getreten, besetzt mit dänischen Lehrern. An<lb/> der Domschule der Stadt Schleswig, wo kein Mensch ein Wort dänisch versteht,<lb/> fungiren seit 1850 Dänen und Danisirte als Lehrer, die durch Mißhandlung der<lb/> deutschen Sprache nicht wenig zur Aufheiterung der Schüler beitragen. Die däni¬<lb/> sche Sprache wird von Prima bis Quinta in je zwei und drei Stunden gelehrt;<lb/> Lesen, Exercitien, Auswendiglernen und mündliche Uebungen suchen die Knaben und<lb/> Jünglinge für die neue Muttersprache heranzubilden; die deutschen Lehrbücher werden<lb/> abgeschafft, dänische dafür eingeführt; alles wird gethan, um falsche Vorstellungen über<lb/> die Geschichte der Herzogthümer und ihr Verhältniß zu Dänemark zu verbreiten.<lb/> An die Stelle größerer Selbstthätigkeit der Schüler tritt geisttödtendes, mechanisches<lb/> Auswendiglernen, wie dies aus allen dänischen Schulen und selbst aus der kopenhagner<lb/> Universität' die Regel bildet; das Schuljahr schließt nach dänischer Einrichtung mit<lb/> dem 22. Juli, das neue beginnt mit dem 22. August; so hofft man durch Ver¬<lb/> legung der Examina, der Ferien u. s. w. Schulen und Schüler aus aller und jeder<lb/> Verbindung mit Holstein zu bringen; consequent folgt hieraus die Nöthigung sür<lb/> die Schleswiger, statt der kieler Universität die kopenhagner zu besuchen, um die<lb/> begonnene innere und äußere Umbildung zum glücklichen Ende in dänischer<lb/> Fa^on zu führen; man überschwemmt endlich Schule und Schüler mit einer Flut<lb/> von dänischen Büchern und verbietet den Eltern, den Kindern irgend eine Hilfe<lb/> bei ihren Arbeiten zu leisten! Schiller und Goethe sind von dem Rector bereits-<lb/> ausgewiesen! Flensburg war bis zum Anfang der iver Jahre durch seine deutsche</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0127]
setzt? nur der Besiegte opfert Theile auf, um den verstümmelten Rest sich zu be¬
wahren! Möge denn wenigstens die unabhängige deutsche Presse die Pflicht erfüllen,
die ihr obliegt, für Recht und Wahrheit ihre Stimme erheben, so laut, als sie es
vermag, mögen die holsteinischen Stände eingedenk sein des verlassenen, auss wider¬
sinnigste gemißhandelten Schleswigs! Wie es dort steht um Justiz, Verwaltung,
Kirche und Schule des Volkes, wer wüßte es nicht? es fehlt der parlamentarische
Ausdruck, dergleichen Unthaten in ihrer ganzen Bloße darzustellen. Nur Eins war
bisher weniger allgemein bekannt: die Verstümmlung, die Danisirung der höheren
Bildungsanstalten, die Vernichtung der deutschen Jugendauf den Gym¬
nasien des Herzogthums Schleswig. —
In Mützes Zeitschrift sür das Gymnafialwescn, Februarhest 1857, hat der
l>r. Hademanu in Leer über dies Thema werthvolle Aufklärungen gegeben. Das
Wesentlichste möge hier einen Platz finden. Im Herzogthum Schleswig bestanden
bis zum Jahre 1848 vier Gelehrtenschulen, in Husum, Schleswig, Flensburg und
Hadersleben. Die Gelehrtenschule in Husum ist im Jahre 185-1 durch Befehl
von Kopenhagen gänzlich vernichtet, die einzige, welche das Herzogthum Schleswig
an der Westküste aufzuweisen hatte, zur Trauer der Bewohner Husums und der
umliegenden, reichen friesischen und eiderstedtischen Marschen, welche seit der Re¬
formation die husumer Schule nnter günstigen und ungünstigen Verhältnissen mit
treuer Liebe gepflegt und kein Opfer für dieselbe gescheut hatten. Grade diese
Schule, die gleich einer im Verborgenen blühenden Blume, in einem entlegenen
Winkel des Landes Jahrhunderte lang geblüht hatte, hat den Herzogthümern in
Schule, Kirche und Universität, in der Rechtswissenschaft und Medicinalwesen eine
Reihe der tüchtigsten und gelehrtesten Männer herangebildet. Als unzureichender Ersatz
ist eine höhere Bürgerschule ins Leben getreten, besetzt mit dänischen Lehrern. An
der Domschule der Stadt Schleswig, wo kein Mensch ein Wort dänisch versteht,
fungiren seit 1850 Dänen und Danisirte als Lehrer, die durch Mißhandlung der
deutschen Sprache nicht wenig zur Aufheiterung der Schüler beitragen. Die däni¬
sche Sprache wird von Prima bis Quinta in je zwei und drei Stunden gelehrt;
Lesen, Exercitien, Auswendiglernen und mündliche Uebungen suchen die Knaben und
Jünglinge für die neue Muttersprache heranzubilden; die deutschen Lehrbücher werden
abgeschafft, dänische dafür eingeführt; alles wird gethan, um falsche Vorstellungen über
die Geschichte der Herzogthümer und ihr Verhältniß zu Dänemark zu verbreiten.
An die Stelle größerer Selbstthätigkeit der Schüler tritt geisttödtendes, mechanisches
Auswendiglernen, wie dies aus allen dänischen Schulen und selbst aus der kopenhagner
Universität' die Regel bildet; das Schuljahr schließt nach dänischer Einrichtung mit
dem 22. Juli, das neue beginnt mit dem 22. August; so hofft man durch Ver¬
legung der Examina, der Ferien u. s. w. Schulen und Schüler aus aller und jeder
Verbindung mit Holstein zu bringen; consequent folgt hieraus die Nöthigung sür
die Schleswiger, statt der kieler Universität die kopenhagner zu besuchen, um die
begonnene innere und äußere Umbildung zum glücklichen Ende in dänischer
Fa^on zu führen; man überschwemmt endlich Schule und Schüler mit einer Flut
von dänischen Büchern und verbietet den Eltern, den Kindern irgend eine Hilfe
bei ihren Arbeiten zu leisten! Schiller und Goethe sind von dem Rector bereits-
ausgewiesen! Flensburg war bis zum Anfang der iver Jahre durch seine deutsche
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