Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.Trompeten wetteiferten mit den Ausrufern; die kleinen Meßner klingelten, als Kaum hat sich der Pulverdampf verzogen, so setzt sich die Prdcesston in Schaut man sich das Innere solch eines Klosters an, so findet man mei¬ Trompeten wetteiferten mit den Ausrufern; die kleinen Meßner klingelten, als Kaum hat sich der Pulverdampf verzogen, so setzt sich die Prdcesston in Schaut man sich das Innere solch eines Klosters an, so findet man mei¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0082" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103749"/> <p xml:id="ID_252" prev="#ID_251"> Trompeten wetteiferten mit den Ausrufern; die kleinen Meßner klingelten, als<lb/> seien Altarglöckchen nicht auch gebrechlich wie alles Irdische. Endlich, da mit<lb/> dem Crescendo Nicht weiter zu reichen war, löste man die etlichen vierzig Böller,<lb/> welche in zwei Reihen vor der Kirche eingegraben waren, und trug mit dieser<lb/> Peletonsalve sowol dem Heiligen wie dem bösen Geist des Gestankes seinen<lb/> Tribut ab. Schon Seume erwähnt dieses Andachtfeueru. Es scheint sich<lb/> wie so vieles andere im letzten halben Jahrhundert nicht verändert zu haben.<lb/> Wenn man bedenkt, daß einst auf diesem selben Grund und Boden ein Vesta-<lb/> tempel stand, daß vor Zeiten „fett von des Opfermahles Schmauß" der Tyrrhener<lb/> bei festlichen Gelegenheiten die elfenbeinerne Flöte blies, so findet man An¬<lb/> knüpfungspunkte, die erklärlich machen, daß man dort noch immer lärmt, wo<lb/> wir, die Nachkommen anderer Götter, uns mit „verschleiertem Haupte" der<lb/> Sammlung befleißige».</p><lb/> <p xml:id="ID_253"> Kaum hat sich der Pulverdampf verzogen, so setzt sich die Prdcesston in<lb/> Bewegung. Die Massaren der Umgegend, welche bei der Entwaffnung von<lb/> ihre Büchsen sofort gegen ein Billiges von den entwaffnenden Soldaten<lb/> wieder einkauften, knallen so lange das Rohr nur halten will. Weißgekleidete<lb/> kleine Mädchen, mit Blumen und mit allen in der ganzen Verwandtschaft nur<lb/> auftreibbaren Uhren geschmückt, stolziren vielbewundert hinterdrein. Man<lb/> schleppt Fahnen, Tücher, Kreuze, den Heiligen In (Mxiö, und was sonst noch<lb/> die Kirche hergibt, uMher und ist sehr guter Dinge, wenn aus .de» Fenstern<lb/> nach Landessitte ganze Wolken von Goldregenblumen auf den bunten Zug<lb/> herabstäuben. Da die milde» Gabe» bei diesem Anlaß am besten dem<lb/> krittelnden Auge Aller Preis gegeben werden können, so wird bei jedem Hause<lb/> angehalten und das dem Kloster Zugedachte gesammelt. Da gibt eS denn<lb/> Geld, Orangen, Simonen, Seidencocons, Wachslichter und was sich nur in<lb/> Truhe und Kasten findet; der Mönch nimmt alles und verhandelt wieder, was<lb/> er nicht selbst verspeisen oder verwenden kaun. — Den Schluß des heiligen<lb/> Festes macht ohne Ausnahme ein Feuerwerk, bei dessen Knattern und Prasseln<lb/> leuchtende Luftballons von Papier in die Nachtluft steigen. Oft sieht man<lb/> sie noch nach Stunden ni'er den Orangenwäldern und über dem Meere schwe¬<lb/> ben und den umliegenden Ortschaften als Boten des beendigten Festes dienen.</p><lb/> <p xml:id="ID_254" next="#ID_255"> Schaut man sich das Innere solch eines Klosters an, so findet man mei¬<lb/> stens zu dem bunten Zifferblatt des äußern Gepränges den Gegensatz, ein<lb/> Räderwerk, nüchtern und grob wie das einer schwarzwälder Uhr. Den<lb/> poetischen Hauch muß der Beschauer selbst hinzuthun, wenn anders nicht Um¬<lb/> gebung und zufällige Beleuchtung einen trügerischen Schimmer auch der hand¬<lb/> werksmäßigsten Kuttengenossenschaft geben. Die Räume des besprochenen Ka-'<lb/> puzinerklosters sind ohne architektonischen Werth und so auch die Bilder ohne<lb/> malerische Bedeutung. F auenabbildungcn waren meistens vermieden, doch</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0082]
Trompeten wetteiferten mit den Ausrufern; die kleinen Meßner klingelten, als
seien Altarglöckchen nicht auch gebrechlich wie alles Irdische. Endlich, da mit
dem Crescendo Nicht weiter zu reichen war, löste man die etlichen vierzig Böller,
welche in zwei Reihen vor der Kirche eingegraben waren, und trug mit dieser
Peletonsalve sowol dem Heiligen wie dem bösen Geist des Gestankes seinen
Tribut ab. Schon Seume erwähnt dieses Andachtfeueru. Es scheint sich
wie so vieles andere im letzten halben Jahrhundert nicht verändert zu haben.
Wenn man bedenkt, daß einst auf diesem selben Grund und Boden ein Vesta-
tempel stand, daß vor Zeiten „fett von des Opfermahles Schmauß" der Tyrrhener
bei festlichen Gelegenheiten die elfenbeinerne Flöte blies, so findet man An¬
knüpfungspunkte, die erklärlich machen, daß man dort noch immer lärmt, wo
wir, die Nachkommen anderer Götter, uns mit „verschleiertem Haupte" der
Sammlung befleißige».
Kaum hat sich der Pulverdampf verzogen, so setzt sich die Prdcesston in
Bewegung. Die Massaren der Umgegend, welche bei der Entwaffnung von
ihre Büchsen sofort gegen ein Billiges von den entwaffnenden Soldaten
wieder einkauften, knallen so lange das Rohr nur halten will. Weißgekleidete
kleine Mädchen, mit Blumen und mit allen in der ganzen Verwandtschaft nur
auftreibbaren Uhren geschmückt, stolziren vielbewundert hinterdrein. Man
schleppt Fahnen, Tücher, Kreuze, den Heiligen In (Mxiö, und was sonst noch
die Kirche hergibt, uMher und ist sehr guter Dinge, wenn aus .de» Fenstern
nach Landessitte ganze Wolken von Goldregenblumen auf den bunten Zug
herabstäuben. Da die milde» Gabe» bei diesem Anlaß am besten dem
krittelnden Auge Aller Preis gegeben werden können, so wird bei jedem Hause
angehalten und das dem Kloster Zugedachte gesammelt. Da gibt eS denn
Geld, Orangen, Simonen, Seidencocons, Wachslichter und was sich nur in
Truhe und Kasten findet; der Mönch nimmt alles und verhandelt wieder, was
er nicht selbst verspeisen oder verwenden kaun. — Den Schluß des heiligen
Festes macht ohne Ausnahme ein Feuerwerk, bei dessen Knattern und Prasseln
leuchtende Luftballons von Papier in die Nachtluft steigen. Oft sieht man
sie noch nach Stunden ni'er den Orangenwäldern und über dem Meere schwe¬
ben und den umliegenden Ortschaften als Boten des beendigten Festes dienen.
Schaut man sich das Innere solch eines Klosters an, so findet man mei¬
stens zu dem bunten Zifferblatt des äußern Gepränges den Gegensatz, ein
Räderwerk, nüchtern und grob wie das einer schwarzwälder Uhr. Den
poetischen Hauch muß der Beschauer selbst hinzuthun, wenn anders nicht Um¬
gebung und zufällige Beleuchtung einen trügerischen Schimmer auch der hand¬
werksmäßigsten Kuttengenossenschaft geben. Die Räume des besprochenen Ka-'
puzinerklosters sind ohne architektonischen Werth und so auch die Bilder ohne
malerische Bedeutung. F auenabbildungcn waren meistens vermieden, doch
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