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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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Theilen der Stadt.

Während nun das Volk zu diesrn Schaugeprängen seine Opferpfennige
herbeischleppt und seine Arbeitsstunden unterbricht, wird es auf andere, min¬
der unterhaltende Weise zu Leistungen herbeigezogen, welche ihm wiederum die
Lehre von der Besitzentäußerung handgreiflich zu Gemüth führen. Wo Bettel?
klöster sind, sieht man am besten, wies dabei hergeht. In Sorrent z. B. sand¬
ten unsere lieben Nachbarn, die Kapuziner, alle Morgen ihren sammelnden
Bruder auf den Markt. Er hatte einen großen Zwerchsack um die Schultern,
wie ihn die Bettler des Mittelaliers trugen, damit vorn wie hinten hinein¬
gelegt werden könne. Mit den freiwilligen Gaben war es, indessen nichts
und so nahm der braune Bruder denn, was ihm eben dienlich schien, hier eine
Cycuzze, dort einen Galinaccio, eine Handvoll röthlicher Broe,coli, einige Bund
Spargel und was ihm sonst noch für den Gaumen seiner Brüderschaft brauch¬
bar tauchen mochte. Eine sorgliche Hausfrau kann nicht umsichtiger zu Werke
gehen, als der Bruder Mönch bei solchen Gelegenheiten verfuhr, nur daß er noch
den Vortheil hatte, allenthalben schuldig bleiben zu dürfen. Da er nahm und
nicht bettelte, so war im Grunde des heiligen Mendicantcnstifterö ursprüng¬
liche Idee wol nicht mehr richtig durch ihn personificirt, und man hätte
füglich wie das alte Weisthum sagen können: "Dies ist keine Zinssteuer,
sondern eine ordentliche Nauhsteuer." Abgaben anderer Art wurden größten-
theils auf minder eigenmächtige Weise beigetrieben. So gab z. B. das Fest
des Klosterheiligen Anlaß zur Einsammlung von freiwilligen Gaben, -- frei¬
willig, insofern nur der Gewohnheitszwaug und die Öffentlichkeit der Eontrole
die Stattlichkeit der Spende beeinflußten. Tags vorher schon erhoben sich
Triumphbögen von Lorbeer-, Myrthen- und Citronenlaub vor dem schmucken
Kirchlein. Eine Militännusikbande kam aus Neapel herüber und spielte an¬
fangs in der Kirche, dann in den Straßen Polkas, Walzer, auch ganze Abschnitte
verdischer Opern, besonders den Hammer- und Amboßchor aus dem "Findling",
dem Trvvatore. Während draußen gepfiffen und getrommelt wurde, etwa im
Geschmack unserer umherziehenden Bergwerksspielleute, sammelte ein .Kapuziner
in den Häusern, den Teller in der Hand. Dies war das Vorspiel. Tags
darauf wuchsen in des Klosters Nachbarschaft Buden und Zelte aus der Erde.
Man verkaufte Vackwerk, Rosenkränze, Friedl, Granito, Eiswasser und schrie
seine Waare ans, so lange die Sonne am Himmel stand. Neben dieser In¬
dustrie, welche den Meßdienst übertönte, ging die kirchliche Feier. Die
große Trommel erschütterte die Gurten und Kappen des Kirchengewölbes, die


Grenzboten II> 18ü7. 10
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Während nun das Volk zu diesrn Schaugeprängen seine Opferpfennige
herbeischleppt und seine Arbeitsstunden unterbricht, wird es auf andere, min¬
der unterhaltende Weise zu Leistungen herbeigezogen, welche ihm wiederum die
Lehre von der Besitzentäußerung handgreiflich zu Gemüth führen. Wo Bettel?
klöster sind, sieht man am besten, wies dabei hergeht. In Sorrent z. B. sand¬
ten unsere lieben Nachbarn, die Kapuziner, alle Morgen ihren sammelnden
Bruder auf den Markt. Er hatte einen großen Zwerchsack um die Schultern,
wie ihn die Bettler des Mittelaliers trugen, damit vorn wie hinten hinein¬
gelegt werden könne. Mit den freiwilligen Gaben war es, indessen nichts
und so nahm der braune Bruder denn, was ihm eben dienlich schien, hier eine
Cycuzze, dort einen Galinaccio, eine Handvoll röthlicher Broe,coli, einige Bund
Spargel und was ihm sonst noch für den Gaumen seiner Brüderschaft brauch¬
bar tauchen mochte. Eine sorgliche Hausfrau kann nicht umsichtiger zu Werke
gehen, als der Bruder Mönch bei solchen Gelegenheiten verfuhr, nur daß er noch
den Vortheil hatte, allenthalben schuldig bleiben zu dürfen. Da er nahm und
nicht bettelte, so war im Grunde des heiligen Mendicantcnstifterö ursprüng¬
liche Idee wol nicht mehr richtig durch ihn personificirt, und man hätte
füglich wie das alte Weisthum sagen können: „Dies ist keine Zinssteuer,
sondern eine ordentliche Nauhsteuer." Abgaben anderer Art wurden größten-
theils auf minder eigenmächtige Weise beigetrieben. So gab z. B. das Fest
des Klosterheiligen Anlaß zur Einsammlung von freiwilligen Gaben, — frei¬
willig, insofern nur der Gewohnheitszwaug und die Öffentlichkeit der Eontrole
die Stattlichkeit der Spende beeinflußten. Tags vorher schon erhoben sich
Triumphbögen von Lorbeer-, Myrthen- und Citronenlaub vor dem schmucken
Kirchlein. Eine Militännusikbande kam aus Neapel herüber und spielte an¬
fangs in der Kirche, dann in den Straßen Polkas, Walzer, auch ganze Abschnitte
verdischer Opern, besonders den Hammer- und Amboßchor aus dem „Findling",
dem Trvvatore. Während draußen gepfiffen und getrommelt wurde, etwa im
Geschmack unserer umherziehenden Bergwerksspielleute, sammelte ein .Kapuziner
in den Häusern, den Teller in der Hand. Dies war das Vorspiel. Tags
darauf wuchsen in des Klosters Nachbarschaft Buden und Zelte aus der Erde.
Man verkaufte Vackwerk, Rosenkränze, Friedl, Granito, Eiswasser und schrie
seine Waare ans, so lange die Sonne am Himmel stand. Neben dieser In¬
dustrie, welche den Meßdienst übertönte, ging die kirchliche Feier. Die
große Trommel erschütterte die Gurten und Kappen des Kirchengewölbes, die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/81>, abgerufen am 01.09.2024.