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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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"Satan", ein Gruß oder Lobgesang auf den Propheten gesungen. Er ist
das Zeichen zur Versammlung für die Gemeinde, die sich nun allmälig einstellt.
Jeder zieht an der Pforte seine Schuhe aus, nimmt sie in die Linke und
schreitet mit dem rechten Fuße über die Schwelle. Hat er nicht schon daheim
die vorbereitende Waschung (El Wudu) vorgenommen, so begibt er sich zunächst
nach dem in jeder Moschee befindlichen Wasserbecken, um dieser Vorschrift nach¬
zukommen. Dann sucht er sich auf den Matten, mit welchen der Boden be¬
deckt ist, einen Platz gegenüber der Nische, welche die Richtung nach Mekka
anzeigt, und neben der sich auch die Kanzel erhebt, legt die Schuhe und wenn
er Waffen trägt, auch diese neben sich und spricht darauf, stehend und die
offenen Hände zu beiden Seiten des Gesichts emporhaltend, so daß der Nagel
des Daumens daS Ohrläppchen berührt, leise einige kurze Gebete, die mit
den Worten "Allahn akbar!" (Gott ist sehr groß!) endigen. Hieraus sagt er
die Hände ein wenig unterhalb der Hüften, die linke in der rechten, vor sich
hinhaltend und die Augen aus den Boden heftend, das EingangScapitel deS
Koran und bisweilen noch das hundertundzwölfte her, was gleichfalls mit
leiser Stimme geschieht und woran sich wieder der Ausruf "Allahn akbar!"
schließt. Alsdann neigt er Kopf und Oberkörper, indem er die Hände aus
die Knie legt. In dieser Stellung spricht er dreimal: "Ich preise die Voll¬
kommenheit meines Herrn, deö Großen!" und setzt dann hinzu: "Gott erhöre
den, der ihn lobt. Unser Herr, Lob sei Dirl" Darnach erhebt er sich, spricht
zum dritten Mal: "Allahn akbar!" läßt sich langsam auf die Knie nieder und
wiederholt dieselben Worte noch einmal, worauf er die Hände in einiger Ent¬
fernung rechts und links von den Knien aus die Matte legr und mit der Stirn
den Boden zwischen ihnen berührt. In dieser Lage sagt er dreimal: "Ge¬
priesen sei die Vollkommenheit unseres Herrn, des Allerhöchsten!" Dann rich¬
tet er Kopf und Oberkörper empor, legt, sich auf die Fersen setzend, die Hände
auf die Schenkel und spricht abermals: "Gott ist sehr groß!" Endlich voll¬
endet er das Rekah, wie ein solcher Cyklus von Gebeten und Ausrufungen
heißt, damit, daß er nochmals mit der Stirn den Boden berührt und dazu
dieselben Worte wie vorher spricht. ,

Nachdem die Gemeinde mit dieser Ceremonie zu Ende ist, liest ein Vorleser
von einem erhöhten Platz vor der Nische das achtzehnte Capitel des Koran
vor, das von den Anwesenden auf den Fersen sitzend angehört wird. Hierauf
ertönt von der Galerie des Madneh der Gesang des Adam: "Gott ist sehr
groß! Ich bekenne, daß es keinen Gojt gibt außer Allah. Ich bekenne, daß
Mohammed der Prophet Gottes ist. Kommt zum Gebet! Kommt zum Heil!
Gott ist sehr groß! Es gibt keinen Gott außer Allah." Dann erhebt sich die
Gemeinde und betet zwei Rekah oder wenn sie zu der Sekte der Chanafi gehört,
deren vier, nach deren Beendigung ein Diener der Moschee die Thür zur


„Satan", ein Gruß oder Lobgesang auf den Propheten gesungen. Er ist
das Zeichen zur Versammlung für die Gemeinde, die sich nun allmälig einstellt.
Jeder zieht an der Pforte seine Schuhe aus, nimmt sie in die Linke und
schreitet mit dem rechten Fuße über die Schwelle. Hat er nicht schon daheim
die vorbereitende Waschung (El Wudu) vorgenommen, so begibt er sich zunächst
nach dem in jeder Moschee befindlichen Wasserbecken, um dieser Vorschrift nach¬
zukommen. Dann sucht er sich auf den Matten, mit welchen der Boden be¬
deckt ist, einen Platz gegenüber der Nische, welche die Richtung nach Mekka
anzeigt, und neben der sich auch die Kanzel erhebt, legt die Schuhe und wenn
er Waffen trägt, auch diese neben sich und spricht darauf, stehend und die
offenen Hände zu beiden Seiten des Gesichts emporhaltend, so daß der Nagel
des Daumens daS Ohrläppchen berührt, leise einige kurze Gebete, die mit
den Worten „Allahn akbar!" (Gott ist sehr groß!) endigen. Hieraus sagt er
die Hände ein wenig unterhalb der Hüften, die linke in der rechten, vor sich
hinhaltend und die Augen aus den Boden heftend, das EingangScapitel deS
Koran und bisweilen noch das hundertundzwölfte her, was gleichfalls mit
leiser Stimme geschieht und woran sich wieder der Ausruf „Allahn akbar!"
schließt. Alsdann neigt er Kopf und Oberkörper, indem er die Hände aus
die Knie legt. In dieser Stellung spricht er dreimal: „Ich preise die Voll¬
kommenheit meines Herrn, deö Großen!" und setzt dann hinzu: „Gott erhöre
den, der ihn lobt. Unser Herr, Lob sei Dirl" Darnach erhebt er sich, spricht
zum dritten Mal: „Allahn akbar!" läßt sich langsam auf die Knie nieder und
wiederholt dieselben Worte noch einmal, worauf er die Hände in einiger Ent¬
fernung rechts und links von den Knien aus die Matte legr und mit der Stirn
den Boden zwischen ihnen berührt. In dieser Lage sagt er dreimal: „Ge¬
priesen sei die Vollkommenheit unseres Herrn, des Allerhöchsten!" Dann rich¬
tet er Kopf und Oberkörper empor, legt, sich auf die Fersen setzend, die Hände
auf die Schenkel und spricht abermals: „Gott ist sehr groß!" Endlich voll¬
endet er das Rekah, wie ein solcher Cyklus von Gebeten und Ausrufungen
heißt, damit, daß er nochmals mit der Stirn den Boden berührt und dazu
dieselben Worte wie vorher spricht. ,

Nachdem die Gemeinde mit dieser Ceremonie zu Ende ist, liest ein Vorleser
von einem erhöhten Platz vor der Nische das achtzehnte Capitel des Koran
vor, das von den Anwesenden auf den Fersen sitzend angehört wird. Hierauf
ertönt von der Galerie des Madneh der Gesang des Adam: „Gott ist sehr
groß! Ich bekenne, daß es keinen Gojt gibt außer Allah. Ich bekenne, daß
Mohammed der Prophet Gottes ist. Kommt zum Gebet! Kommt zum Heil!
Gott ist sehr groß! Es gibt keinen Gott außer Allah." Dann erhebt sich die
Gemeinde und betet zwei Rekah oder wenn sie zu der Sekte der Chanafi gehört,
deren vier, nach deren Beendigung ein Diener der Moschee die Thür zur


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/511>, abgerufen am 01.09.2024.