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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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nen, da der Unterschied dem Ausländer wol kaum auffallen dürfte. Der Mol¬
dauer und der Walache sind Brüder und daS unbedeutende Flüßchen Milkov,
das die Fürstenthümer trennt, wird hoffentlich bald auch seine geographische
Bedeutung verlieren.

Die Moldau ist ein herrliches Land. Wol ist, wenn man von Galatz
aus dasselbe betritt, die Gegend an der Donau einförmig, schwach bevölkert
und waldarm; je weiter aber der Reisende nach Osten kommt, desto freundlicher
gestaltet sich die Landschaft um ihn her, bis endlich die Karpathen sich am
Horizonte in wunderbarer Pracht erheben. Ganz flach ist in der oberen Mol¬
dau selten ein Punkt zu nennen; die Straßen führen fast durchgehends Hügel¬
auf und hügelab, und oft sind die Anhöhen aus große Strecken mit den
schönsten Buchen- und Eichenforsten gekrönt. Majestätischer aber sind die un¬
absehbaren Nadelwälder in den Karpathen, die dadurch lebhaft an die Schön¬
heiten des Schwarzwaldes erinnern. Wo die Ausfuhr möglich ist, hat die
Art wol hin und wieder gehaust, in den Schluchten aber, wo nur der Fuß
des Jägers sich seine Bahn sucht, steht ein Urwald, wie man ihn wol kaum sonst¬
wo in Europa antreffen kann, von Bären, Wölfen, Ebern, Hirschen und
Rehen bewohnt, und der hoffentlich nicht mehr fernen Zukunft harrend, wo,
von geregelten Zuständen aufgemuntert, die Industrie die verborgenen Schätze
an den Tag fördern wird. Von den Strömen, die, aus dem Hochgebirge
kommend, ihre silberhellen Fluten mit dem träger in seinem Lehmbett fließen¬
den Sereth vereinigen,' ist bis jetzt nur die Bistritza fähig, mit einiger Regel¬
mäßigkeit Mastbäume und Bauholz der Donau, und durch diese dem schwar¬
zen Meere zuzuführen; die Moldova, der Trotusch und andere müssen erst
noch erfahren, was der Mensch in Deutschland thut, um sich die Naturkräfte
dienstbar zu machen.

Doch staunt man über den Waldreichthum auf den Höhen, in deren Schoß
allen Kennzeichen nach auch unberechenbare mineralische Schätze verborgen lie¬
gen müssen, so geht einem das Herz erst recht auf bei dem Anblick der endlosen
Felder, auf denen der Himmel wachsen läßt, was der Mensch nur immer der
Erde anvertrauen will, .und zwar nach einer Bearbeitung, die der deutsche
Landwirth noch gar nicht für eine Feldbestellung würde gelten lassen. D>e
größte Aufmerksamkeit, die man dem Boden beweist, ist, ihn nach zwei-bis drei¬
jähriger Benutzung ein Jahr ausruhen zu lassen und dann womöglich Viel)
auf das Brachfeld zu treiben. Aber auch das kann nur der Gutsbesitzer, dem
große Strecken zu Gebote stehen; der Bauer, der nur sein ein für alle Mal
ihm angewiesenes Stück Ackerfeld hat, benutzt es Jahr aus Jahr ein, ohne
demselben eine Unterstützung an Dünger zukommen zu lassen. Wir können
uns eines Falles im Jahre 1848 erinnern, wo eine Wolke Heuschrecken- ßch
aus ein Weizenfeld niedergelassen hatte, auf welchem die Ernte in wenige"


nen, da der Unterschied dem Ausländer wol kaum auffallen dürfte. Der Mol¬
dauer und der Walache sind Brüder und daS unbedeutende Flüßchen Milkov,
das die Fürstenthümer trennt, wird hoffentlich bald auch seine geographische
Bedeutung verlieren.

Die Moldau ist ein herrliches Land. Wol ist, wenn man von Galatz
aus dasselbe betritt, die Gegend an der Donau einförmig, schwach bevölkert
und waldarm; je weiter aber der Reisende nach Osten kommt, desto freundlicher
gestaltet sich die Landschaft um ihn her, bis endlich die Karpathen sich am
Horizonte in wunderbarer Pracht erheben. Ganz flach ist in der oberen Mol¬
dau selten ein Punkt zu nennen; die Straßen führen fast durchgehends Hügel¬
auf und hügelab, und oft sind die Anhöhen aus große Strecken mit den
schönsten Buchen- und Eichenforsten gekrönt. Majestätischer aber sind die un¬
absehbaren Nadelwälder in den Karpathen, die dadurch lebhaft an die Schön¬
heiten des Schwarzwaldes erinnern. Wo die Ausfuhr möglich ist, hat die
Art wol hin und wieder gehaust, in den Schluchten aber, wo nur der Fuß
des Jägers sich seine Bahn sucht, steht ein Urwald, wie man ihn wol kaum sonst¬
wo in Europa antreffen kann, von Bären, Wölfen, Ebern, Hirschen und
Rehen bewohnt, und der hoffentlich nicht mehr fernen Zukunft harrend, wo,
von geregelten Zuständen aufgemuntert, die Industrie die verborgenen Schätze
an den Tag fördern wird. Von den Strömen, die, aus dem Hochgebirge
kommend, ihre silberhellen Fluten mit dem träger in seinem Lehmbett fließen¬
den Sereth vereinigen,' ist bis jetzt nur die Bistritza fähig, mit einiger Regel¬
mäßigkeit Mastbäume und Bauholz der Donau, und durch diese dem schwar¬
zen Meere zuzuführen; die Moldova, der Trotusch und andere müssen erst
noch erfahren, was der Mensch in Deutschland thut, um sich die Naturkräfte
dienstbar zu machen.

Doch staunt man über den Waldreichthum auf den Höhen, in deren Schoß
allen Kennzeichen nach auch unberechenbare mineralische Schätze verborgen lie¬
gen müssen, so geht einem das Herz erst recht auf bei dem Anblick der endlosen
Felder, auf denen der Himmel wachsen läßt, was der Mensch nur immer der
Erde anvertrauen will, .und zwar nach einer Bearbeitung, die der deutsche
Landwirth noch gar nicht für eine Feldbestellung würde gelten lassen. D>e
größte Aufmerksamkeit, die man dem Boden beweist, ist, ihn nach zwei-bis drei¬
jähriger Benutzung ein Jahr ausruhen zu lassen und dann womöglich Viel)
auf das Brachfeld zu treiben. Aber auch das kann nur der Gutsbesitzer, dem
große Strecken zu Gebote stehen; der Bauer, der nur sein ein für alle Mal
ihm angewiesenes Stück Ackerfeld hat, benutzt es Jahr aus Jahr ein, ohne
demselben eine Unterstützung an Dünger zukommen zu lassen. Wir können
uns eines Falles im Jahre 1848 erinnern, wo eine Wolke Heuschrecken- ßch
aus ein Weizenfeld niedergelassen hatte, auf welchem die Ernte in wenige"


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[0476] nen, da der Unterschied dem Ausländer wol kaum auffallen dürfte. Der Mol¬ dauer und der Walache sind Brüder und daS unbedeutende Flüßchen Milkov, das die Fürstenthümer trennt, wird hoffentlich bald auch seine geographische Bedeutung verlieren. Die Moldau ist ein herrliches Land. Wol ist, wenn man von Galatz aus dasselbe betritt, die Gegend an der Donau einförmig, schwach bevölkert und waldarm; je weiter aber der Reisende nach Osten kommt, desto freundlicher gestaltet sich die Landschaft um ihn her, bis endlich die Karpathen sich am Horizonte in wunderbarer Pracht erheben. Ganz flach ist in der oberen Mol¬ dau selten ein Punkt zu nennen; die Straßen führen fast durchgehends Hügel¬ auf und hügelab, und oft sind die Anhöhen aus große Strecken mit den schönsten Buchen- und Eichenforsten gekrönt. Majestätischer aber sind die un¬ absehbaren Nadelwälder in den Karpathen, die dadurch lebhaft an die Schön¬ heiten des Schwarzwaldes erinnern. Wo die Ausfuhr möglich ist, hat die Art wol hin und wieder gehaust, in den Schluchten aber, wo nur der Fuß des Jägers sich seine Bahn sucht, steht ein Urwald, wie man ihn wol kaum sonst¬ wo in Europa antreffen kann, von Bären, Wölfen, Ebern, Hirschen und Rehen bewohnt, und der hoffentlich nicht mehr fernen Zukunft harrend, wo, von geregelten Zuständen aufgemuntert, die Industrie die verborgenen Schätze an den Tag fördern wird. Von den Strömen, die, aus dem Hochgebirge kommend, ihre silberhellen Fluten mit dem träger in seinem Lehmbett fließen¬ den Sereth vereinigen,' ist bis jetzt nur die Bistritza fähig, mit einiger Regel¬ mäßigkeit Mastbäume und Bauholz der Donau, und durch diese dem schwar¬ zen Meere zuzuführen; die Moldova, der Trotusch und andere müssen erst noch erfahren, was der Mensch in Deutschland thut, um sich die Naturkräfte dienstbar zu machen. Doch staunt man über den Waldreichthum auf den Höhen, in deren Schoß allen Kennzeichen nach auch unberechenbare mineralische Schätze verborgen lie¬ gen müssen, so geht einem das Herz erst recht auf bei dem Anblick der endlosen Felder, auf denen der Himmel wachsen läßt, was der Mensch nur immer der Erde anvertrauen will, .und zwar nach einer Bearbeitung, die der deutsche Landwirth noch gar nicht für eine Feldbestellung würde gelten lassen. D>e größte Aufmerksamkeit, die man dem Boden beweist, ist, ihn nach zwei-bis drei¬ jähriger Benutzung ein Jahr ausruhen zu lassen und dann womöglich Viel) auf das Brachfeld zu treiben. Aber auch das kann nur der Gutsbesitzer, dem große Strecken zu Gebote stehen; der Bauer, der nur sein ein für alle Mal ihm angewiesenes Stück Ackerfeld hat, benutzt es Jahr aus Jahr ein, ohne demselben eine Unterstützung an Dünger zukommen zu lassen. Wir können uns eines Falles im Jahre 1848 erinnern, wo eine Wolke Heuschrecken- ßch aus ein Weizenfeld niedergelassen hatte, auf welchem die Ernte in wenige"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/476>, abgerufen am 27.07.2024.