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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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Jahrhundert eingerichtet, aus sechs Mitgliedern zusammengesetzt ist. Die Mit¬
glieder dieser Körperschaft werden aus den Inhabern der größern Firmen ge¬
wählt, und ihr Auftrag besteht darin, daß sie den Handel und seine Bewe¬
gung zu überwachen, Abhilfe bei Mängeln zu schaffen, Vorschläge bei der
Negierung zu machen und überhaupt als Vermittler zwischen letzterer und der >
Kaufmannschaft zu dienen haben.

Die Hauptgegenstände des Handels sind in Bezug auf die Einfuhr Ge-
traide, Drogucn, Kaffee, Zucker und Baumwolle. Das Getreide kommt
größtentheils aus Südrußland und den Donaufürstenthümern. In Droguen
machen sehr viele größere und kleinere Häuser, und es dürste dieser Artikel
dem triester Handel sein eigenthümliches Colorit geben. Mit Kaffee und Zucker
beschäftigt sich eigentlich nur die alte große Firma Reyer und Schlick in be¬
deutsamen Grade. Die Einfuhr von Baumwolle ist mit der von Hamburg
nicht zu vergleichen. Griechenland liefert vorzüglich Wein, Korinthen und
Felle, Unteritalien Oel und Wein. Die Ausfuhr besteht im Wesentlichen
aus Holz und Manufacturwaaren, die größtentheils transito aus der Schweiz
und dem Zollverein kommen, da die Orientalen, die sie beziehen, in jenen
Ländern ihre eignen Agenten haben. DaS ausgedehnteste Manufacturgeschäft
ist das von Schwachhoser. Von östreichischen Fabrikaten können bis jetzt nur
Glas, brünner Buckskins und einige andere Artikel die Concurrenz mit denen
der Schweiz und des Zollvereins aushalten. Auch schadet ihrem Absatz in
vielen Fällen der Eigensinn der Verfertiger, die trotz der Vorstellungen
des Kaufmanns, daß man den un.d jenen Artikel so und nicht, anders
verlange, von der althergebrachten Manier nicht abgehen. In Wien z. B.
wird ein gewisses Tuch besser fabricirt als in Frankreich, von wo man es
bisher im Oriente bezog. Die Wiener aber legen es im Quadrat zusam¬
men , während die Franzosen es oblong legen. Um keinen Preis nun waren
die Wiener zu bewegen, die einmal im Orient gangbar gewordene Form an¬
zunehmen. Sie blieben bei ihrer alten Weise, und die Folge war, daß ihre
Tücher nur schwer anzubringen waren.

Für den Verkehr mit dem Orient (der mit Frankreich und England so
wie der mit Amerika war bisher verhältnißmäßig nicht sehr bedeutend) nimmt
die Gesellschaft deS östreichischen Lloyd die erste Stelle in Anspruch. Die¬
selbe entstand aus dem Bedürfnisse der hiesigen Seeverslcherungskammern, sür
die Verwaltung ihrer gemeinschaftlichen Interessen ein Organ zu besitzen. Der
jetzige Minister von Brück, damals Secretär der bedeutendsten dieser Kammern,
wachte im Hinblick auf dieses Bedürfniß den Vorschlag, aus Vertretern der
verschiedenen Assecuranzgesellschaften einen Verein zu bilden, welcher durch
Agenturen auf fremden Plätzen Nachrichten von Interesse sür Handel und
Schiffahrt sammeln und Register über die Schiffe führen, namentlich aber alle


Jahrhundert eingerichtet, aus sechs Mitgliedern zusammengesetzt ist. Die Mit¬
glieder dieser Körperschaft werden aus den Inhabern der größern Firmen ge¬
wählt, und ihr Auftrag besteht darin, daß sie den Handel und seine Bewe¬
gung zu überwachen, Abhilfe bei Mängeln zu schaffen, Vorschläge bei der
Negierung zu machen und überhaupt als Vermittler zwischen letzterer und der >
Kaufmannschaft zu dienen haben.

Die Hauptgegenstände des Handels sind in Bezug auf die Einfuhr Ge-
traide, Drogucn, Kaffee, Zucker und Baumwolle. Das Getreide kommt
größtentheils aus Südrußland und den Donaufürstenthümern. In Droguen
machen sehr viele größere und kleinere Häuser, und es dürste dieser Artikel
dem triester Handel sein eigenthümliches Colorit geben. Mit Kaffee und Zucker
beschäftigt sich eigentlich nur die alte große Firma Reyer und Schlick in be¬
deutsamen Grade. Die Einfuhr von Baumwolle ist mit der von Hamburg
nicht zu vergleichen. Griechenland liefert vorzüglich Wein, Korinthen und
Felle, Unteritalien Oel und Wein. Die Ausfuhr besteht im Wesentlichen
aus Holz und Manufacturwaaren, die größtentheils transito aus der Schweiz
und dem Zollverein kommen, da die Orientalen, die sie beziehen, in jenen
Ländern ihre eignen Agenten haben. DaS ausgedehnteste Manufacturgeschäft
ist das von Schwachhoser. Von östreichischen Fabrikaten können bis jetzt nur
Glas, brünner Buckskins und einige andere Artikel die Concurrenz mit denen
der Schweiz und des Zollvereins aushalten. Auch schadet ihrem Absatz in
vielen Fällen der Eigensinn der Verfertiger, die trotz der Vorstellungen
des Kaufmanns, daß man den un.d jenen Artikel so und nicht, anders
verlange, von der althergebrachten Manier nicht abgehen. In Wien z. B.
wird ein gewisses Tuch besser fabricirt als in Frankreich, von wo man es
bisher im Oriente bezog. Die Wiener aber legen es im Quadrat zusam¬
men , während die Franzosen es oblong legen. Um keinen Preis nun waren
die Wiener zu bewegen, die einmal im Orient gangbar gewordene Form an¬
zunehmen. Sie blieben bei ihrer alten Weise, und die Folge war, daß ihre
Tücher nur schwer anzubringen waren.

Für den Verkehr mit dem Orient (der mit Frankreich und England so
wie der mit Amerika war bisher verhältnißmäßig nicht sehr bedeutend) nimmt
die Gesellschaft deS östreichischen Lloyd die erste Stelle in Anspruch. Die¬
selbe entstand aus dem Bedürfnisse der hiesigen Seeverslcherungskammern, sür
die Verwaltung ihrer gemeinschaftlichen Interessen ein Organ zu besitzen. Der
jetzige Minister von Brück, damals Secretär der bedeutendsten dieser Kammern,
wachte im Hinblick auf dieses Bedürfniß den Vorschlag, aus Vertretern der
verschiedenen Assecuranzgesellschaften einen Verein zu bilden, welcher durch
Agenturen auf fremden Plätzen Nachrichten von Interesse sür Handel und
Schiffahrt sammeln und Register über die Schiffe führen, namentlich aber alle


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[0351] Jahrhundert eingerichtet, aus sechs Mitgliedern zusammengesetzt ist. Die Mit¬ glieder dieser Körperschaft werden aus den Inhabern der größern Firmen ge¬ wählt, und ihr Auftrag besteht darin, daß sie den Handel und seine Bewe¬ gung zu überwachen, Abhilfe bei Mängeln zu schaffen, Vorschläge bei der Negierung zu machen und überhaupt als Vermittler zwischen letzterer und der > Kaufmannschaft zu dienen haben. Die Hauptgegenstände des Handels sind in Bezug auf die Einfuhr Ge- traide, Drogucn, Kaffee, Zucker und Baumwolle. Das Getreide kommt größtentheils aus Südrußland und den Donaufürstenthümern. In Droguen machen sehr viele größere und kleinere Häuser, und es dürste dieser Artikel dem triester Handel sein eigenthümliches Colorit geben. Mit Kaffee und Zucker beschäftigt sich eigentlich nur die alte große Firma Reyer und Schlick in be¬ deutsamen Grade. Die Einfuhr von Baumwolle ist mit der von Hamburg nicht zu vergleichen. Griechenland liefert vorzüglich Wein, Korinthen und Felle, Unteritalien Oel und Wein. Die Ausfuhr besteht im Wesentlichen aus Holz und Manufacturwaaren, die größtentheils transito aus der Schweiz und dem Zollverein kommen, da die Orientalen, die sie beziehen, in jenen Ländern ihre eignen Agenten haben. DaS ausgedehnteste Manufacturgeschäft ist das von Schwachhoser. Von östreichischen Fabrikaten können bis jetzt nur Glas, brünner Buckskins und einige andere Artikel die Concurrenz mit denen der Schweiz und des Zollvereins aushalten. Auch schadet ihrem Absatz in vielen Fällen der Eigensinn der Verfertiger, die trotz der Vorstellungen des Kaufmanns, daß man den un.d jenen Artikel so und nicht, anders verlange, von der althergebrachten Manier nicht abgehen. In Wien z. B. wird ein gewisses Tuch besser fabricirt als in Frankreich, von wo man es bisher im Oriente bezog. Die Wiener aber legen es im Quadrat zusam¬ men , während die Franzosen es oblong legen. Um keinen Preis nun waren die Wiener zu bewegen, die einmal im Orient gangbar gewordene Form an¬ zunehmen. Sie blieben bei ihrer alten Weise, und die Folge war, daß ihre Tücher nur schwer anzubringen waren. Für den Verkehr mit dem Orient (der mit Frankreich und England so wie der mit Amerika war bisher verhältnißmäßig nicht sehr bedeutend) nimmt die Gesellschaft deS östreichischen Lloyd die erste Stelle in Anspruch. Die¬ selbe entstand aus dem Bedürfnisse der hiesigen Seeverslcherungskammern, sür die Verwaltung ihrer gemeinschaftlichen Interessen ein Organ zu besitzen. Der jetzige Minister von Brück, damals Secretär der bedeutendsten dieser Kammern, wachte im Hinblick auf dieses Bedürfniß den Vorschlag, aus Vertretern der verschiedenen Assecuranzgesellschaften einen Verein zu bilden, welcher durch Agenturen auf fremden Plätzen Nachrichten von Interesse sür Handel und Schiffahrt sammeln und Register über die Schiffe führen, namentlich aber alle

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/351>, abgerufen am 01.09.2024.