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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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Diese unleidliche Beschränkung, welche jeden Kaufmann nöthigte, mehr Geld
zu seiner Disposition zu haben, als sein laufender Geschäftsbetrieb erforderte,
doppelt beschwerlich bei den Gelbkrisen, die seit etwa einem Jahr einige Per¬
manenz erlangt zu haben scheinen, ist nach wiederholtem Andrängen endlich
durch Rath- und Bürgerschluß beseitigt worden. Die Kosten der Bankverwal¬
tung müssen die Interessenten selbst tragen, indem sie für jedes aus ihre
Rechnung geführte Folium eine bestimmte Summe zu entrichten haben.

Es ist klar, daß man kaum etwas Verkehrteres thun kann, als durch die
Ähnlichkeit des Namens verlockt die Hamburger Bank mit den Zettel aus¬
gehenden und Wechsel diöcontirenden Banken zu verwechseln. Aber, wirb man
uns fragen, was ist denn der Bortheil einer Bank, die weit entfernt schone
Dividenden auszutheilen, sogar noch erhebliche Kosten verursacht ? Die Sicher-
stellung des Geldvorraths, der Schutz gegen die im Verkehr stets vorgehende
Abreibung und demgemäße Verschlechterung der Münzen kann doch allein
solcher Opfer nicht werth sein. Allerdings ist in neuerer Zeit auch in Ham¬
burg vielfach der Vorwurf gegen die hiesige Girobank ausgesprochen worden,
daß sie in schwierigen Zeilen dem Handel keinerlei Unterstützung zu leisten
wisse. Wir sind indeß ganz entschieden der Ansicht, daß ein solcher Tadel auf
durchaus nicht bewährten Voraussetzungen beruht. Hilfeleistungen jener Art
sind, wie es das Beispiel der englischen Bank lehrt, nur mit einer vollkom¬
menen Beherrschung deS Geldmarkts vereinbar, und wie weiter die Geschichte
aller Banken beweist, grade in schwierigen Zeiten unerreichbar, sofern die
Bank sich selbst und den allgemeinen Credit aufrechthalten will. Die von der
englischen Bank ausgeübte Beherrschung des Geldmarkts hat England wieder¬
holt in die fürchterlichsten Finanzkrisen hineingeführt, und erst schwer erkaufte
Erfahrungen haben dort den Grundsatz erkennen lassen, dem Androhen neuer
Krisen nicht durch vermehrte, sondern durch verminderte Hilfeleistungen zu
begegnen. Eine hiesige bekannte Autorität in Geldsachen, Senator Geffken,
hat unseres Erachtens nach mit vollstem Recht eS ausgesprochen, daß es grade
von großer Bedeutung sei, baß die Hamburger Bank keine Hilfe verspreche,
eben darum auch Keiner von ihr sie erwarte. Diese Unabhängigkeit deö hie¬
sigen Kaufmanns von jeder Bankvorsehung und jeder Bankhilfe mag in vielen
einzelnen Fällen ihre großen Unbequemlichkeiten haben, aber die nothwendigen
Restriktionen der Diskontobanken in schwierigen Zeiten haben solche gewiß
nicht minder. Der Mangel einer Bankherrschaft am hiesigen Platze und die
Gewohnheit mit stets bereiten Silber zu zahlen, macht den hiesigen Geldmarkt
zwar fein fühlender, woher auch die starken DiScontoschwankungen, aber auch
sicherer. Was anderswo erst durch Decrete der Bankverwaltungen dem
Kaufmannspubluum kund gemacht wirb, das fühlt sich hier durch den Ver¬
kehr von selbst heraus, und wie bekannt ist ein steter Wechsel deS Discontos


Diese unleidliche Beschränkung, welche jeden Kaufmann nöthigte, mehr Geld
zu seiner Disposition zu haben, als sein laufender Geschäftsbetrieb erforderte,
doppelt beschwerlich bei den Gelbkrisen, die seit etwa einem Jahr einige Per¬
manenz erlangt zu haben scheinen, ist nach wiederholtem Andrängen endlich
durch Rath- und Bürgerschluß beseitigt worden. Die Kosten der Bankverwal¬
tung müssen die Interessenten selbst tragen, indem sie für jedes aus ihre
Rechnung geführte Folium eine bestimmte Summe zu entrichten haben.

Es ist klar, daß man kaum etwas Verkehrteres thun kann, als durch die
Ähnlichkeit des Namens verlockt die Hamburger Bank mit den Zettel aus¬
gehenden und Wechsel diöcontirenden Banken zu verwechseln. Aber, wirb man
uns fragen, was ist denn der Bortheil einer Bank, die weit entfernt schone
Dividenden auszutheilen, sogar noch erhebliche Kosten verursacht ? Die Sicher-
stellung des Geldvorraths, der Schutz gegen die im Verkehr stets vorgehende
Abreibung und demgemäße Verschlechterung der Münzen kann doch allein
solcher Opfer nicht werth sein. Allerdings ist in neuerer Zeit auch in Ham¬
burg vielfach der Vorwurf gegen die hiesige Girobank ausgesprochen worden,
daß sie in schwierigen Zeilen dem Handel keinerlei Unterstützung zu leisten
wisse. Wir sind indeß ganz entschieden der Ansicht, daß ein solcher Tadel auf
durchaus nicht bewährten Voraussetzungen beruht. Hilfeleistungen jener Art
sind, wie es das Beispiel der englischen Bank lehrt, nur mit einer vollkom¬
menen Beherrschung deS Geldmarkts vereinbar, und wie weiter die Geschichte
aller Banken beweist, grade in schwierigen Zeiten unerreichbar, sofern die
Bank sich selbst und den allgemeinen Credit aufrechthalten will. Die von der
englischen Bank ausgeübte Beherrschung des Geldmarkts hat England wieder¬
holt in die fürchterlichsten Finanzkrisen hineingeführt, und erst schwer erkaufte
Erfahrungen haben dort den Grundsatz erkennen lassen, dem Androhen neuer
Krisen nicht durch vermehrte, sondern durch verminderte Hilfeleistungen zu
begegnen. Eine hiesige bekannte Autorität in Geldsachen, Senator Geffken,
hat unseres Erachtens nach mit vollstem Recht eS ausgesprochen, daß es grade
von großer Bedeutung sei, baß die Hamburger Bank keine Hilfe verspreche,
eben darum auch Keiner von ihr sie erwarte. Diese Unabhängigkeit deö hie¬
sigen Kaufmanns von jeder Bankvorsehung und jeder Bankhilfe mag in vielen
einzelnen Fällen ihre großen Unbequemlichkeiten haben, aber die nothwendigen
Restriktionen der Diskontobanken in schwierigen Zeiten haben solche gewiß
nicht minder. Der Mangel einer Bankherrschaft am hiesigen Platze und die
Gewohnheit mit stets bereiten Silber zu zahlen, macht den hiesigen Geldmarkt
zwar fein fühlender, woher auch die starken DiScontoschwankungen, aber auch
sicherer. Was anderswo erst durch Decrete der Bankverwaltungen dem
Kaufmannspubluum kund gemacht wirb, das fühlt sich hier durch den Ver¬
kehr von selbst heraus, und wie bekannt ist ein steter Wechsel deS Discontos


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/152>, abgerufen am 28.07.2024.