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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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Zweck all dieser Sklaven, zur Unterhaltung der Herrschaft zu diene,,, sie wur¬
den besonders in esgnen oder fremden öffentlichen Schauspielen verwendet,
zum Theil ganz und gar aus Spekulation unterhalten.

Auf die große Anzahl der Sklaven, die in den Geschäften des Her.rü
thätig waren, als Agenten, Kassirer, Verkäufer seiner Producte, Aufseher sei¬
ner Mietshäuser, Commis in seinen Läden und Schenken u. s. w. soll hier
ebensowenig eingegangen werden, als auf die umfangreiche Hierarchie des
ländlichen Personals von dem Intendanten lus zu dem in Ketten arbeitenden
Winzer oder Gräber. Um aber die, Schilderung der im Stadtdienst verwen¬
deten Sklavenfamilie zu vervollständigen, muß hier noch ein Blick auf die
Abtheilung geworfen werden, die zur speciellen Disposition der Dame des
Hauses stand. Man wird nicht erwarten, in den großen Palästen eine Scene
zu finden, wie sie Tibull so reizend in seinen römischen Elegien geschildert hat:
die junge Herrin sitzt spät Abends noch beim Schein der Lampe auf und
horcht den Märchen, die eine alte Dienerin spinnend erzählt, um sie her die
andern Mägde, bereits schlaftrunken über ihser Arbeit nickend. Zwar August,
der mit altbürgerlichcr Einfachheit in seinem Haus.halt Ostentatiott trieb, hielt
Tochter und Enkelinnen zu eigenhändiger Wollarbeit an, bekanntlich mit sehr
geringem Erfolge; auch mochte es hin und wieder in den vornehmen Ständen
Frauen geben, die wie die Matronen der Vorzeit die Arbeiten der Sklavinnen
leiteten, und ihnen mit ihrem eigenen Beispiel .vorangingen, was noch M Zeit¬
alter des Theodosius Symmachus, einer der letzten Heiden, von seiner Tochter,
und der heilige Johannes Chrvsostomus von christlichen Hausfrauen rühmt.
Die Mägde spannen, webten und Nähten, auch in der Kaiserzeit, und ein gro¬
ßer Theil der Stoffe .und Kleidungsstücke wurde immer noch im Hause ver¬
fertigt, aber die Aufmerksamkeit der Damen war meistens den höhern Interessen
der Toilette und Kosmetik zugewendet., die eine Menge von Händen und
Köpfen beschäftigte. Sie hatten ihre Favoritzofen und eine. Menge von Mäd¬
chen, deren jede zu einer andern Handreichung bestimmt war; die eine hielt
der Herrin den Handspiegel vox. (Wandspiegel waren selten, da die Spiegel
überhaupt von Metall waren), eine andre trug den Sonnenschirm, eine-dritte
den Fächer u. s. w. Ferner eine Anzahl von Leibpagen; schon im Anfang
der Kaiserzeit hatten die Damen die sonderbare Liebhaberei, kleine Kinder vom
zartesten Alter um sich zu haben, die im Costüm der Unschuld um ihre Herrin
spielten und sie mit ihrem Geschwätz amüsirten. Doch es würde zu Mit
führen, das Innere des Boudoirs ausführlich zu schildern.

Diese Angaben über den Umfang und die Mannigfaltigkeit der Ski.ave.fl-
sannlie bedürfen einiger Bemerkungen, wenn sie nicht irrig aufgefaßt werden
sollen. Alle angegebenen Classen von Sklaven konnten in einem großen
Hause vereint sein, aber natürlich waren sie es höchst selten, ja möglicherweise


Zweck all dieser Sklaven, zur Unterhaltung der Herrschaft zu diene,,, sie wur¬
den besonders in esgnen oder fremden öffentlichen Schauspielen verwendet,
zum Theil ganz und gar aus Spekulation unterhalten.

Auf die große Anzahl der Sklaven, die in den Geschäften des Her.rü
thätig waren, als Agenten, Kassirer, Verkäufer seiner Producte, Aufseher sei¬
ner Mietshäuser, Commis in seinen Läden und Schenken u. s. w. soll hier
ebensowenig eingegangen werden, als auf die umfangreiche Hierarchie des
ländlichen Personals von dem Intendanten lus zu dem in Ketten arbeitenden
Winzer oder Gräber. Um aber die, Schilderung der im Stadtdienst verwen¬
deten Sklavenfamilie zu vervollständigen, muß hier noch ein Blick auf die
Abtheilung geworfen werden, die zur speciellen Disposition der Dame des
Hauses stand. Man wird nicht erwarten, in den großen Palästen eine Scene
zu finden, wie sie Tibull so reizend in seinen römischen Elegien geschildert hat:
die junge Herrin sitzt spät Abends noch beim Schein der Lampe auf und
horcht den Märchen, die eine alte Dienerin spinnend erzählt, um sie her die
andern Mägde, bereits schlaftrunken über ihser Arbeit nickend. Zwar August,
der mit altbürgerlichcr Einfachheit in seinem Haus.halt Ostentatiott trieb, hielt
Tochter und Enkelinnen zu eigenhändiger Wollarbeit an, bekanntlich mit sehr
geringem Erfolge; auch mochte es hin und wieder in den vornehmen Ständen
Frauen geben, die wie die Matronen der Vorzeit die Arbeiten der Sklavinnen
leiteten, und ihnen mit ihrem eigenen Beispiel .vorangingen, was noch M Zeit¬
alter des Theodosius Symmachus, einer der letzten Heiden, von seiner Tochter,
und der heilige Johannes Chrvsostomus von christlichen Hausfrauen rühmt.
Die Mägde spannen, webten und Nähten, auch in der Kaiserzeit, und ein gro¬
ßer Theil der Stoffe .und Kleidungsstücke wurde immer noch im Hause ver¬
fertigt, aber die Aufmerksamkeit der Damen war meistens den höhern Interessen
der Toilette und Kosmetik zugewendet., die eine Menge von Händen und
Köpfen beschäftigte. Sie hatten ihre Favoritzofen und eine. Menge von Mäd¬
chen, deren jede zu einer andern Handreichung bestimmt war; die eine hielt
der Herrin den Handspiegel vox. (Wandspiegel waren selten, da die Spiegel
überhaupt von Metall waren), eine andre trug den Sonnenschirm, eine-dritte
den Fächer u. s. w. Ferner eine Anzahl von Leibpagen; schon im Anfang
der Kaiserzeit hatten die Damen die sonderbare Liebhaberei, kleine Kinder vom
zartesten Alter um sich zu haben, die im Costüm der Unschuld um ihre Herrin
spielten und sie mit ihrem Geschwätz amüsirten. Doch es würde zu Mit
führen, das Innere des Boudoirs ausführlich zu schildern.

Diese Angaben über den Umfang und die Mannigfaltigkeit der Ski.ave.fl-
sannlie bedürfen einiger Bemerkungen, wenn sie nicht irrig aufgefaßt werden
sollen. Alle angegebenen Classen von Sklaven konnten in einem großen
Hause vereint sein, aber natürlich waren sie es höchst selten, ja möglicherweise


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[0144] Zweck all dieser Sklaven, zur Unterhaltung der Herrschaft zu diene,,, sie wur¬ den besonders in esgnen oder fremden öffentlichen Schauspielen verwendet, zum Theil ganz und gar aus Spekulation unterhalten. Auf die große Anzahl der Sklaven, die in den Geschäften des Her.rü thätig waren, als Agenten, Kassirer, Verkäufer seiner Producte, Aufseher sei¬ ner Mietshäuser, Commis in seinen Läden und Schenken u. s. w. soll hier ebensowenig eingegangen werden, als auf die umfangreiche Hierarchie des ländlichen Personals von dem Intendanten lus zu dem in Ketten arbeitenden Winzer oder Gräber. Um aber die, Schilderung der im Stadtdienst verwen¬ deten Sklavenfamilie zu vervollständigen, muß hier noch ein Blick auf die Abtheilung geworfen werden, die zur speciellen Disposition der Dame des Hauses stand. Man wird nicht erwarten, in den großen Palästen eine Scene zu finden, wie sie Tibull so reizend in seinen römischen Elegien geschildert hat: die junge Herrin sitzt spät Abends noch beim Schein der Lampe auf und horcht den Märchen, die eine alte Dienerin spinnend erzählt, um sie her die andern Mägde, bereits schlaftrunken über ihser Arbeit nickend. Zwar August, der mit altbürgerlichcr Einfachheit in seinem Haus.halt Ostentatiott trieb, hielt Tochter und Enkelinnen zu eigenhändiger Wollarbeit an, bekanntlich mit sehr geringem Erfolge; auch mochte es hin und wieder in den vornehmen Ständen Frauen geben, die wie die Matronen der Vorzeit die Arbeiten der Sklavinnen leiteten, und ihnen mit ihrem eigenen Beispiel .vorangingen, was noch M Zeit¬ alter des Theodosius Symmachus, einer der letzten Heiden, von seiner Tochter, und der heilige Johannes Chrvsostomus von christlichen Hausfrauen rühmt. Die Mägde spannen, webten und Nähten, auch in der Kaiserzeit, und ein gro¬ ßer Theil der Stoffe .und Kleidungsstücke wurde immer noch im Hause ver¬ fertigt, aber die Aufmerksamkeit der Damen war meistens den höhern Interessen der Toilette und Kosmetik zugewendet., die eine Menge von Händen und Köpfen beschäftigte. Sie hatten ihre Favoritzofen und eine. Menge von Mäd¬ chen, deren jede zu einer andern Handreichung bestimmt war; die eine hielt der Herrin den Handspiegel vox. (Wandspiegel waren selten, da die Spiegel überhaupt von Metall waren), eine andre trug den Sonnenschirm, eine-dritte den Fächer u. s. w. Ferner eine Anzahl von Leibpagen; schon im Anfang der Kaiserzeit hatten die Damen die sonderbare Liebhaberei, kleine Kinder vom zartesten Alter um sich zu haben, die im Costüm der Unschuld um ihre Herrin spielten und sie mit ihrem Geschwätz amüsirten. Doch es würde zu Mit führen, das Innere des Boudoirs ausführlich zu schildern. Diese Angaben über den Umfang und die Mannigfaltigkeit der Ski.ave.fl- sannlie bedürfen einiger Bemerkungen, wenn sie nicht irrig aufgefaßt werden sollen. Alle angegebenen Classen von Sklaven konnten in einem großen Hause vereint sein, aber natürlich waren sie es höchst selten, ja möglicherweise

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/144>, abgerufen am 01.09.2024.