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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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Aus der römischen Kaiserzeit.
Der große Grund- und Ski aver hehl ez.

In einer frühern Nummer d. Bl. ist, mit Anknüpfung an den Trimalchio
des Petron, die Carriere und gesellschaftliche Stellung eines reichen Frei¬
gelassenen im Anfange der Kaiserzeit geschildert worden. Indem wir diese
Schilderung fortsetzen, versuchen wir zunächst anschaulich zu machen, in welcher
Art Reichthum damals vorzugsweise angewendet, in welcher Besitzthümer,
Ueberfluß und Verschwendung hauptsächlich zur Schau gestellt wurden.

Vor allem gehörten dazu große.Güter. Schon seit der Zeit der Gracchen
war in Italien die Concentrirung ungeheurer Ländereien in den Händen
weniger Kapitalisten im Zunehmen, der kleine bäuerliche Grundbesitz im Ab¬
nehmen gewesen; dies Uebel und mit ihm die Verödung Italiens ward im
höchsten Grade gefördert durch die Bürgerkriege und deren Folgen, die Pro-
scriptionen und die Militärcolonien. Das von Sulla eingeführte System,
entlassene Veteranen mit Landanweisungen zu belohnen, ward von den Trium-
virn adoptirt.. Abgesehen von der stechen Verhöhnung des Eigenthumsrechtö
(denn den frühern Besitzern wurden ihre Grundstücke in der Regel ohne Ent¬
schädigung genommen) war dies System für den Wohlstand des Landes höchst
unheilvoll. Dem Soldaten konnte das Grundstück, das ihm als Beute zu¬
gefallen war, nicht zur Heimath werden; er war leicht bewogen es loszu¬
schlagen, so wechselte der Boden von neuem seinen Herrn, und der Land-
speculation wurde damit im höchsten Grade Vorschub geleistet. Gütercomplere,
die den Umfang von Provinzen hatten, gab es schon in der letzten Zeit der
Republik; der reiche Crassus besaß vierzehn Millionen (Thaler) in Ländereien,
>n einer Zeit, wo der Boden schon sehr entwerthet war.

"Eine solche Concentrirung des Grundbesitzes," sagt Hock in einer an¬
schaulichen Schilderung des damaligen Italiens, "ist in der Regel für den Er¬
trag desselben weniger vortheilhaft, als die Bewirthschaftung des Bodens im
Kleinern, für Italien ward sie aber ganz eigentlich verderblich. Denn der
größte Theil dieses Landes ist nur für die letztere Art der Bebauung geeignet,
und die veränderte Benutzung des Bodens entsprach nicht den Bedürfnissen


Grenzboten II. >8!>7. 16
Aus der römischen Kaiserzeit.
Der große Grund- und Ski aver hehl ez.

In einer frühern Nummer d. Bl. ist, mit Anknüpfung an den Trimalchio
des Petron, die Carriere und gesellschaftliche Stellung eines reichen Frei¬
gelassenen im Anfange der Kaiserzeit geschildert worden. Indem wir diese
Schilderung fortsetzen, versuchen wir zunächst anschaulich zu machen, in welcher
Art Reichthum damals vorzugsweise angewendet, in welcher Besitzthümer,
Ueberfluß und Verschwendung hauptsächlich zur Schau gestellt wurden.

Vor allem gehörten dazu große.Güter. Schon seit der Zeit der Gracchen
war in Italien die Concentrirung ungeheurer Ländereien in den Händen
weniger Kapitalisten im Zunehmen, der kleine bäuerliche Grundbesitz im Ab¬
nehmen gewesen; dies Uebel und mit ihm die Verödung Italiens ward im
höchsten Grade gefördert durch die Bürgerkriege und deren Folgen, die Pro-
scriptionen und die Militärcolonien. Das von Sulla eingeführte System,
entlassene Veteranen mit Landanweisungen zu belohnen, ward von den Trium-
virn adoptirt.. Abgesehen von der stechen Verhöhnung des Eigenthumsrechtö
(denn den frühern Besitzern wurden ihre Grundstücke in der Regel ohne Ent¬
schädigung genommen) war dies System für den Wohlstand des Landes höchst
unheilvoll. Dem Soldaten konnte das Grundstück, das ihm als Beute zu¬
gefallen war, nicht zur Heimath werden; er war leicht bewogen es loszu¬
schlagen, so wechselte der Boden von neuem seinen Herrn, und der Land-
speculation wurde damit im höchsten Grade Vorschub geleistet. Gütercomplere,
die den Umfang von Provinzen hatten, gab es schon in der letzten Zeit der
Republik; der reiche Crassus besaß vierzehn Millionen (Thaler) in Ländereien,
>n einer Zeit, wo der Boden schon sehr entwerthet war.

„Eine solche Concentrirung des Grundbesitzes," sagt Hock in einer an¬
schaulichen Schilderung des damaligen Italiens, „ist in der Regel für den Er¬
trag desselben weniger vortheilhaft, als die Bewirthschaftung des Bodens im
Kleinern, für Italien ward sie aber ganz eigentlich verderblich. Denn der
größte Theil dieses Landes ist nur für die letztere Art der Bebauung geeignet,
und die veränderte Benutzung des Bodens entsprach nicht den Bedürfnissen


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[0129] Aus der römischen Kaiserzeit. Der große Grund- und Ski aver hehl ez. In einer frühern Nummer d. Bl. ist, mit Anknüpfung an den Trimalchio des Petron, die Carriere und gesellschaftliche Stellung eines reichen Frei¬ gelassenen im Anfange der Kaiserzeit geschildert worden. Indem wir diese Schilderung fortsetzen, versuchen wir zunächst anschaulich zu machen, in welcher Art Reichthum damals vorzugsweise angewendet, in welcher Besitzthümer, Ueberfluß und Verschwendung hauptsächlich zur Schau gestellt wurden. Vor allem gehörten dazu große.Güter. Schon seit der Zeit der Gracchen war in Italien die Concentrirung ungeheurer Ländereien in den Händen weniger Kapitalisten im Zunehmen, der kleine bäuerliche Grundbesitz im Ab¬ nehmen gewesen; dies Uebel und mit ihm die Verödung Italiens ward im höchsten Grade gefördert durch die Bürgerkriege und deren Folgen, die Pro- scriptionen und die Militärcolonien. Das von Sulla eingeführte System, entlassene Veteranen mit Landanweisungen zu belohnen, ward von den Trium- virn adoptirt.. Abgesehen von der stechen Verhöhnung des Eigenthumsrechtö (denn den frühern Besitzern wurden ihre Grundstücke in der Regel ohne Ent¬ schädigung genommen) war dies System für den Wohlstand des Landes höchst unheilvoll. Dem Soldaten konnte das Grundstück, das ihm als Beute zu¬ gefallen war, nicht zur Heimath werden; er war leicht bewogen es loszu¬ schlagen, so wechselte der Boden von neuem seinen Herrn, und der Land- speculation wurde damit im höchsten Grade Vorschub geleistet. Gütercomplere, die den Umfang von Provinzen hatten, gab es schon in der letzten Zeit der Republik; der reiche Crassus besaß vierzehn Millionen (Thaler) in Ländereien, >n einer Zeit, wo der Boden schon sehr entwerthet war. „Eine solche Concentrirung des Grundbesitzes," sagt Hock in einer an¬ schaulichen Schilderung des damaligen Italiens, „ist in der Regel für den Er¬ trag desselben weniger vortheilhaft, als die Bewirthschaftung des Bodens im Kleinern, für Italien ward sie aber ganz eigentlich verderblich. Denn der größte Theil dieses Landes ist nur für die letztere Art der Bebauung geeignet, und die veränderte Benutzung des Bodens entsprach nicht den Bedürfnissen Grenzboten II. >8!>7. 16

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/129>, abgerufen am 01.09.2024.