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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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lieben Geschick, und der während dessen unbeschäftigte Verfertiger des Salvator
benutzt die kurze Ferienzeit, um einen Nest Pangialo zu verspeisen, zu dem er
sich in Hoffnung auf eine nahe Salairzahlung aufgeschwungen hat.

Der Käufer des Correggio gehört zu den vorsichtigen Sammlern. An¬
dere gibt es, welche die Bilder einfach mit Bleistift am Rahmen bezeichnen, um
sie durch einen Boten abholen zu lassen, wo dann der Nahmen vertauscht und
eine geringere Copie untergeschoben zu werden pflegt. Noch andere glauben
sich gesichert, 'wenn sie das Bild selbst auf der Rückseite der Leinwand mit
ihrem Siegel petschiren. Hat der Antiquar die Erfahrung gemacht, daß sein
Käufer sich dieser Vorsichtsmaßregel bedient, so trägt er Sorge, ihn nur zu
Bildern zu führen, welche zwei Copien übereinander enthalten, die obere ist
von der vorzüglichsten Arbeit, die untere malte ein Anfänger. Sobald das
Petschaft auf die Rückseite des Bildes (also auf die vorn maskirte Copie) ge¬
drückt worden ist und der Käufer sich entfernte, lost der Antiquar die obere
Leinwand ab und legt sie für einen ähnlichen Scherz zurück. Mit der ge¬
ringeren Copie trollt der Bote davon.

Die italienischen Bankiers sind nicht ohne Kenntniß dieser kleinen Ge¬
schäftskniffe. Man sagt einigen derselben nach, sie drückten ein Auge zu, wenn
ihnen ein solches Bild bei der ihnen übertragenen Spedition durch die Hände
geht; ihr eigenes Interesse ist mit dem der Antiquare nicht selten weit enger
verknüpft, als der arglose Fremde muthmaßt. Viele halten auch unter dem
Scheine geläuterten Geschmacks eigene Gemäldesammlungen, welche nichts
Anderes sind, als Consignationslager der Antiquare, Sammlungen, die sich
unter der Aegide einer weit renommirten Firma natürlich weit besser verkaufen,
als in der verrufenen Höhle eines Antiquars. Wer von italischen Bank¬
geschäft keine Vorstellung hat, bemerkt bei näherer Bekanntschasi mit Staunen,
daß diese glänzenden Comptoirs in vielen Fällen wenig Anders treiben, als
Mosaiken, Cameen, Copien zu besorgen oder zu spediren und dem Fremden
gegen eine winzige Proviston die Accreditive in klingende Münze inuzusetzen;
da sie ihm noch nebenbei durch Einladungen, durch Besorgungen von Ein¬
trittskarten und durch ähnliche Gefälligkeiten zur Hand sind, so begreift sich
leicht, daß ihre Uneigennützigkeit nicht immer und unter allen Umständen im
Feuer der Versuchung Farbe hält.

Hat man nun Empfehlungen an einen solchen vielversuchten Vermittler,
so trifft sichs gewöhnlich, daß derselbe wiederum unter herabgekommenen Künst¬
lern oder sonstigen Kundigen der ewigen Stadt einen Wenigbeschäftigten weiß,
der seine müßige Zeit gern im Interesse des Fremden opfert. Dieser letztere
glaubt mit einem Rath Neifenstein neueren Datums zu thun zu haben und
sucht ihn durch Tafelfreuden und sonstige Gratisgenüsse für die Ausbeutung
seiner Localkenntnisse schadlos zu halten. Mittlerweile aber arbeitet der Cice-


lieben Geschick, und der während dessen unbeschäftigte Verfertiger des Salvator
benutzt die kurze Ferienzeit, um einen Nest Pangialo zu verspeisen, zu dem er
sich in Hoffnung auf eine nahe Salairzahlung aufgeschwungen hat.

Der Käufer des Correggio gehört zu den vorsichtigen Sammlern. An¬
dere gibt es, welche die Bilder einfach mit Bleistift am Rahmen bezeichnen, um
sie durch einen Boten abholen zu lassen, wo dann der Nahmen vertauscht und
eine geringere Copie untergeschoben zu werden pflegt. Noch andere glauben
sich gesichert, 'wenn sie das Bild selbst auf der Rückseite der Leinwand mit
ihrem Siegel petschiren. Hat der Antiquar die Erfahrung gemacht, daß sein
Käufer sich dieser Vorsichtsmaßregel bedient, so trägt er Sorge, ihn nur zu
Bildern zu führen, welche zwei Copien übereinander enthalten, die obere ist
von der vorzüglichsten Arbeit, die untere malte ein Anfänger. Sobald das
Petschaft auf die Rückseite des Bildes (also auf die vorn maskirte Copie) ge¬
drückt worden ist und der Käufer sich entfernte, lost der Antiquar die obere
Leinwand ab und legt sie für einen ähnlichen Scherz zurück. Mit der ge¬
ringeren Copie trollt der Bote davon.

Die italienischen Bankiers sind nicht ohne Kenntniß dieser kleinen Ge¬
schäftskniffe. Man sagt einigen derselben nach, sie drückten ein Auge zu, wenn
ihnen ein solches Bild bei der ihnen übertragenen Spedition durch die Hände
geht; ihr eigenes Interesse ist mit dem der Antiquare nicht selten weit enger
verknüpft, als der arglose Fremde muthmaßt. Viele halten auch unter dem
Scheine geläuterten Geschmacks eigene Gemäldesammlungen, welche nichts
Anderes sind, als Consignationslager der Antiquare, Sammlungen, die sich
unter der Aegide einer weit renommirten Firma natürlich weit besser verkaufen,
als in der verrufenen Höhle eines Antiquars. Wer von italischen Bank¬
geschäft keine Vorstellung hat, bemerkt bei näherer Bekanntschasi mit Staunen,
daß diese glänzenden Comptoirs in vielen Fällen wenig Anders treiben, als
Mosaiken, Cameen, Copien zu besorgen oder zu spediren und dem Fremden
gegen eine winzige Proviston die Accreditive in klingende Münze inuzusetzen;
da sie ihm noch nebenbei durch Einladungen, durch Besorgungen von Ein¬
trittskarten und durch ähnliche Gefälligkeiten zur Hand sind, so begreift sich
leicht, daß ihre Uneigennützigkeit nicht immer und unter allen Umständen im
Feuer der Versuchung Farbe hält.

Hat man nun Empfehlungen an einen solchen vielversuchten Vermittler,
so trifft sichs gewöhnlich, daß derselbe wiederum unter herabgekommenen Künst¬
lern oder sonstigen Kundigen der ewigen Stadt einen Wenigbeschäftigten weiß,
der seine müßige Zeit gern im Interesse des Fremden opfert. Dieser letztere
glaubt mit einem Rath Neifenstein neueren Datums zu thun zu haben und
sucht ihn durch Tafelfreuden und sonstige Gratisgenüsse für die Ausbeutung
seiner Localkenntnisse schadlos zu halten. Mittlerweile aber arbeitet der Cice-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/42>, abgerufen am 22.07.2024.