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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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den jedoch den Communalbeamten allmälig entzogen, und in den Händen von
Commissarien vereint, welche die Negierung ernannte. Dagegen erfreuten sich
die Communalbeamten verschiedener Auszeichnungen, die ihnen zu großer Be¬
friedigung gereichten. Ihre Toga war wie die der römischen Magistrate mit
Purpur gesäumt, und dies Ehrenkleid behielten sie noch auf der Bahre an;
auch sie saßen aus curulischen Stühlen und erschienen unter dem Vortritt von
Lictoren, die zwar nicht Beile, aber Stäbe trugen; mit den Namen der beiden
obersten Beamten wurde wie mit denen der Consuln das laufende Jahr be¬
zeichnet. Die gespreizte Würde dieser kleinen Stadtregenten erschien den Be¬
wohnern der Hauptstadt ungefähr so spaßhaft, wie einem Pariser die Präten-
tionen eines Maire in einer kleinen Provinzialstadt, und sie ermangelten nicht,
sich darüber lustig zu machen. Der Held des bereits angeführten Romans
von Apulejus hält sich auf einer Reise an einem kleinen Ort auf. Er hat
grade auf dem Markt ein Gericht Fische gekauft und bereits bezahlt, aber noch
nicht in Empfang genommen. Da wird er von einem Universitätsbekannten
begrüßt, der sich mit Selbstgefühl als Aedilen zu erkennen gibt. Er erkundigt
sich nach dem Preise des Einkaufs, und da er ihn ungebührlich hoch findet,
fährt er den Verkäufer heftig an, stürzt seinen Fischkorb um, läßt die Fische
von dem Amtsdiener zertreten und entfernt sich dann mit dem Bewußtsein,
seinem Freunde imponirt zu haben: während dieser, der zugleich um sein Geld
uno seine Fische gekommen ist, ihm erstaunt nachsteht.

In den zweiten Stand, die Augustalen, wurden Freigelassene aufgenommen,
und ihm gehört Trimalchio an; ja er durfte sich sogar rühmen, daß er, obwol
abwesend, in den Vorstand der Augustalen gewählt worden war, eine Ehre,
die ihm groß genug erschien, um sie in seiner Grabschrift ausdrücklich zu er¬
wähnen. Auch die Würde der Augustalität war mit Kosten verbunden; denn
nicht nur wurde bei der Aufnahme ein Eintrittsgelv gezahlt, sondern auch
später von den Mitgliedern Gastmahle und Schauspiele veranstaltet.

Außer dieser ihm widerfahrenen Auszeichnung will Trimalchio noch ein
andres denkwürdiges Ereigniß durch sein Grabmonument verewigen: ein Gast¬
mahl, das er der ganzen Stadt gegeben hat. Solche allgemeine Bewirthungen
der Einwohnerschaft durch reiche oder vornehme Personen waren wie in Rom
so auch in den übrigen Städten nichts Seltenes. In der That gab es dazu
so viele Veranlassungen, daß von dem Vermögen der Honoratioren die ge-
sammte Bürgerschaft einen nicht unerheblichen Theil mitgenossen haben muß.
Wenn jemandem auf Beschluß des Gemeinderathö eine Ehrenbildsäule gesetzt,
ein Communalamt, eine Priesterwürde übertragen wurde; wenn er einen zum
Besten der Stadt ausgeführten Bau feierlich einweihte, ein für die Stadt be¬
stimmtes Geschenk aufstellen ließ -- in diesen und manchen andern Fällen
veranstalteten die edeln Geber, um dem Nützlichen das Angenehme hinzu-


den jedoch den Communalbeamten allmälig entzogen, und in den Händen von
Commissarien vereint, welche die Negierung ernannte. Dagegen erfreuten sich
die Communalbeamten verschiedener Auszeichnungen, die ihnen zu großer Be¬
friedigung gereichten. Ihre Toga war wie die der römischen Magistrate mit
Purpur gesäumt, und dies Ehrenkleid behielten sie noch auf der Bahre an;
auch sie saßen aus curulischen Stühlen und erschienen unter dem Vortritt von
Lictoren, die zwar nicht Beile, aber Stäbe trugen; mit den Namen der beiden
obersten Beamten wurde wie mit denen der Consuln das laufende Jahr be¬
zeichnet. Die gespreizte Würde dieser kleinen Stadtregenten erschien den Be¬
wohnern der Hauptstadt ungefähr so spaßhaft, wie einem Pariser die Präten-
tionen eines Maire in einer kleinen Provinzialstadt, und sie ermangelten nicht,
sich darüber lustig zu machen. Der Held des bereits angeführten Romans
von Apulejus hält sich auf einer Reise an einem kleinen Ort auf. Er hat
grade auf dem Markt ein Gericht Fische gekauft und bereits bezahlt, aber noch
nicht in Empfang genommen. Da wird er von einem Universitätsbekannten
begrüßt, der sich mit Selbstgefühl als Aedilen zu erkennen gibt. Er erkundigt
sich nach dem Preise des Einkaufs, und da er ihn ungebührlich hoch findet,
fährt er den Verkäufer heftig an, stürzt seinen Fischkorb um, läßt die Fische
von dem Amtsdiener zertreten und entfernt sich dann mit dem Bewußtsein,
seinem Freunde imponirt zu haben: während dieser, der zugleich um sein Geld
uno seine Fische gekommen ist, ihm erstaunt nachsteht.

In den zweiten Stand, die Augustalen, wurden Freigelassene aufgenommen,
und ihm gehört Trimalchio an; ja er durfte sich sogar rühmen, daß er, obwol
abwesend, in den Vorstand der Augustalen gewählt worden war, eine Ehre,
die ihm groß genug erschien, um sie in seiner Grabschrift ausdrücklich zu er¬
wähnen. Auch die Würde der Augustalität war mit Kosten verbunden; denn
nicht nur wurde bei der Aufnahme ein Eintrittsgelv gezahlt, sondern auch
später von den Mitgliedern Gastmahle und Schauspiele veranstaltet.

Außer dieser ihm widerfahrenen Auszeichnung will Trimalchio noch ein
andres denkwürdiges Ereigniß durch sein Grabmonument verewigen: ein Gast¬
mahl, das er der ganzen Stadt gegeben hat. Solche allgemeine Bewirthungen
der Einwohnerschaft durch reiche oder vornehme Personen waren wie in Rom
so auch in den übrigen Städten nichts Seltenes. In der That gab es dazu
so viele Veranlassungen, daß von dem Vermögen der Honoratioren die ge-
sammte Bürgerschaft einen nicht unerheblichen Theil mitgenossen haben muß.
Wenn jemandem auf Beschluß des Gemeinderathö eine Ehrenbildsäule gesetzt,
ein Communalamt, eine Priesterwürde übertragen wurde; wenn er einen zum
Besten der Stadt ausgeführten Bau feierlich einweihte, ein für die Stadt be¬
stimmtes Geschenk aufstellen ließ — in diesen und manchen andern Fällen
veranstalteten die edeln Geber, um dem Nützlichen das Angenehme hinzu-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/410>, abgerufen am 22.12.2024.