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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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gestellt war, wurden einige aus seiner Dienerschaft als Mitwisser genannt.
Er erwiederte: nie habe er in seinem Hause etwas anders als mit Winken
oder Deuten verfügt: wenn mehres zu bemerken gewesen, habe er seine Befehle
schriftlich ertheilt, um sich nicht durch Sprechen gemein zu machen.

Ein Theil des Glanzes, der diese mächtigen kaiserlichen Freigelassenen
umgab, strahlte natürlich auf den ganzen Stand der Freigelassenen zurück, und
auch seine geringsten Mitglieder werden sich ohne Zweifel nicht wenig damit ge¬
wußt haben, daß vor ihren Kollegen am Hofe der höchste Adel sich bückte, daß
Konsuln es sich zur Ehre schätzten, an ihrer Seite zu gehn. Nun waren grade
unter ihnen manche ungeheuer reich: theils hatten sie im Dienste großer Häuser
mannigfache Gelegenheit gehabt, auf mehr oder minder anständige, Weise Ver¬
mögen zu sammeln, theils hatten sie es durch Speculation und kaufmännische Ge¬
schäfte erworben, von denen ein großer Theil in ihren Händen war. Es braucht
kaum gesagt zu werden, daß sie und ihrem Reichthum ebenso viel Ostentation
trieben, als die kaiserlichen Hausbedienter mit ihrem Einfluß, und ihr Hoch¬
muth war noch viel plumper, beleidigender und unerträglicher. Er ist der
Gegenstand von manchem Spottgedicht Martials, in dessen (zu Ende des ersten
Jahrhunderts verfaßter) Epigrammensammlung sich die Gebrechen der damaligen
socialen Zustände so weit txeu abspiegeln, als der höchst talentvolle, aber
felle und servile Dichter sie zu schildern wagte. Er fragt seinen Zoilus (so
heißt bei ihm der unverschämte, prahlende Parvenu), weshalb er einen Siegel¬
ring trage, der el" ganzes Pfund wiege? Für die Finger seien solche Ringe
zu schwer, wie er sie noch vor kurzem an seinen Beinen getragen. Derselbe
stellt sich sieberkrank, um seineu Gästen seine, aus Aegypten verschriebenen
Polster mit echt purpurnen Ueberzügen und Scharlachdecken zu zeigen; und
der Dichter gibt ihm den Rath, hie Betten mit ihm zu tauschen, wenn er
schnell gesund werden wolle. Am widerwärtigsten und gemeinsten war die Gro߬
thuerei eines Zoilus und seines Gleichen bei ihren Gastmählern, denen Martial
die unsaubersten Kneipen vorzuziehn erklärte, obwol er doch, wie es scheint,
mitunter daran Theil nahm. Der Hausherr lag breit im üppigsten Negligv
auf dem Speisesopha, auf seidne purpurüberzogene Polster gestützt, und stieß
seine Nachbarn rechts und links mit dem Ellbogen. Elfmal stand er während
der Mahlzeit auf, um seinen Anzug zu wechseln. Ein Page hielt hinter ihm
Zahnstocher aus Mastir und rothe Federn, um ihn zu einem unaussprechliche"
Zweck damit im Halse zu kitzeln. Ein Mädchen aus seinem Harem wehte
ihm mit einem grünen Fächer Kühlung zu, eine andre vollzog mit kunstgeübter
Hand die Procedur, die man auf den Südseeinseln Schampu nennt, ein Sklave
scheuchte ihm mit einem Mvrthenzweige die Fliegen, überdies waren andere
Bequemlichkeiten bereit, die auch nicht einmal angedeutet werden können. Die
Schoßhündchen und Lieblmgspagen erhielten aus der Hand ihres Herrn die


gestellt war, wurden einige aus seiner Dienerschaft als Mitwisser genannt.
Er erwiederte: nie habe er in seinem Hause etwas anders als mit Winken
oder Deuten verfügt: wenn mehres zu bemerken gewesen, habe er seine Befehle
schriftlich ertheilt, um sich nicht durch Sprechen gemein zu machen.

Ein Theil des Glanzes, der diese mächtigen kaiserlichen Freigelassenen
umgab, strahlte natürlich auf den ganzen Stand der Freigelassenen zurück, und
auch seine geringsten Mitglieder werden sich ohne Zweifel nicht wenig damit ge¬
wußt haben, daß vor ihren Kollegen am Hofe der höchste Adel sich bückte, daß
Konsuln es sich zur Ehre schätzten, an ihrer Seite zu gehn. Nun waren grade
unter ihnen manche ungeheuer reich: theils hatten sie im Dienste großer Häuser
mannigfache Gelegenheit gehabt, auf mehr oder minder anständige, Weise Ver¬
mögen zu sammeln, theils hatten sie es durch Speculation und kaufmännische Ge¬
schäfte erworben, von denen ein großer Theil in ihren Händen war. Es braucht
kaum gesagt zu werden, daß sie und ihrem Reichthum ebenso viel Ostentation
trieben, als die kaiserlichen Hausbedienter mit ihrem Einfluß, und ihr Hoch¬
muth war noch viel plumper, beleidigender und unerträglicher. Er ist der
Gegenstand von manchem Spottgedicht Martials, in dessen (zu Ende des ersten
Jahrhunderts verfaßter) Epigrammensammlung sich die Gebrechen der damaligen
socialen Zustände so weit txeu abspiegeln, als der höchst talentvolle, aber
felle und servile Dichter sie zu schildern wagte. Er fragt seinen Zoilus (so
heißt bei ihm der unverschämte, prahlende Parvenu), weshalb er einen Siegel¬
ring trage, der el» ganzes Pfund wiege? Für die Finger seien solche Ringe
zu schwer, wie er sie noch vor kurzem an seinen Beinen getragen. Derselbe
stellt sich sieberkrank, um seineu Gästen seine, aus Aegypten verschriebenen
Polster mit echt purpurnen Ueberzügen und Scharlachdecken zu zeigen; und
der Dichter gibt ihm den Rath, hie Betten mit ihm zu tauschen, wenn er
schnell gesund werden wolle. Am widerwärtigsten und gemeinsten war die Gro߬
thuerei eines Zoilus und seines Gleichen bei ihren Gastmählern, denen Martial
die unsaubersten Kneipen vorzuziehn erklärte, obwol er doch, wie es scheint,
mitunter daran Theil nahm. Der Hausherr lag breit im üppigsten Negligv
auf dem Speisesopha, auf seidne purpurüberzogene Polster gestützt, und stieß
seine Nachbarn rechts und links mit dem Ellbogen. Elfmal stand er während
der Mahlzeit auf, um seinen Anzug zu wechseln. Ein Page hielt hinter ihm
Zahnstocher aus Mastir und rothe Federn, um ihn zu einem unaussprechliche»
Zweck damit im Halse zu kitzeln. Ein Mädchen aus seinem Harem wehte
ihm mit einem grünen Fächer Kühlung zu, eine andre vollzog mit kunstgeübter
Hand die Procedur, die man auf den Südseeinseln Schampu nennt, ein Sklave
scheuchte ihm mit einem Mvrthenzweige die Fliegen, überdies waren andere
Bequemlichkeiten bereit, die auch nicht einmal angedeutet werden können. Die
Schoßhündchen und Lieblmgspagen erhielten aus der Hand ihres Herrn die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/394>, abgerufen am 22.12.2024.