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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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der Bewegung von 1648 ihren Charakter geben. Aber es lag in dieser auf¬
fallenden Verwandtschaft auch ein Uebelstand. Um jene Figuren mit vollstän¬
diger Anschaulichkeit zu zeichnen, muß man sich wenigstens sür Augenblicke von
ihren Ideen frei machen können, denn so achtbar ihre Haltung war, sie macht
doch mitunter einen komischen Eindruck, und wenn der Geschichtschreiber diese
Nuance nicht herausfindet, so wird sein Bild unvollständig. Die dämonischen
Ueberschreitungen ihres Wesens zeichnet Guizot mit fester Hand; aber er ver¬
fährt dabei zu methodisch, er nimmt ihre Vorstellungen und Ideen zu sehr
aufs Wort. Diese starren Eichenherzen waren voll von Widersprüchen, und
wenn Carlyle mit tiefem philosophischem Blick diese Widersprüche einer gro¬
ßen Natur analysirt, so gibt W. Scott durch einzelne feingewählte Nuancen
ein viel anschaulicheres Bild von Cromwell, als Guizot. Dazu kommt, daß
seine eignen Gewohnheiten ihn mehr befähigen, die parlamentarische Entwick¬
lung zu verfolgen, als die militärischen Thaten seines Helden, und doch ist
der militärische Charakter auch sür das Verständniß seiner bürgerlichen Thätig¬
keit die Hauptsache. Auch hier tritt der Redner und der Professor hervor, und
selbst die Art und Weise, wie er den Begriff der gesetzlichen Entwicklung und
den Begriff der revolutionären Agitation charakterisirt, zeigt, daß er sich nicht
lebhaft genug in die Begebenheiten vertieft. "Mag eS sich um eine Monar¬
chie oder eine Republik, um eine aristokratische oder demokratische Gesellschaft
handeln, der endliche Erfolg geht stets aus den nämlichen Principien, aus den
nämlichen Wegen hervor. Der revolutionäre Geist ist verhängnißvoll für die
Größen, die er hebt, wie für diejenigen, die er stürzt." Das heißt die Er¬
eignisse doch zu sehr aus der Vogelperspective betrachten. Es ist keine staats-
männische, sondern eine rhetorische Wendung. Man wird den Gegensatz zwi¬
schen Guizot und Thiers am besten wahrnehmen, wenn man zwei Aeußerungen
nebeneinander stellt, die anscheinend dasselbe sagen, aber auf eine sehr ver¬
schiedene Weise. Guizot spricht von Clarendon: man habe seinen Sturz
fälschlich einzelnen Fehlern zugeschrieben. "Das heißt die Größe der Ursachen
verkennen, welche über das Schicksal hervorragender Männer entscheiden. Die
Vorsehung, die ihnen eine so schwere Aufgabe auferlegt, behandelt sie nicht
so streng, daß sie ihnen nicht manche Schwächen nachsieht, daß sie sie leicht¬
fertig für ein einzelnes Unrecht oder eine einzelne Thorheit stürzt." Thiers
,berichtet von Napoleon einen sehr schweren Fehler, aus dem dennoch ein gro¬
ßer Gewinn hervorging. I^a etrsäne cM lie entre eux, los evenements Ah ce
Morne est auslauekoi.8 bien etranxel Konvent, ce cM <Z8t Saxe eowbmai,3on
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der Bewegung von 1648 ihren Charakter geben. Aber es lag in dieser auf¬
fallenden Verwandtschaft auch ein Uebelstand. Um jene Figuren mit vollstän¬
diger Anschaulichkeit zu zeichnen, muß man sich wenigstens sür Augenblicke von
ihren Ideen frei machen können, denn so achtbar ihre Haltung war, sie macht
doch mitunter einen komischen Eindruck, und wenn der Geschichtschreiber diese
Nuance nicht herausfindet, so wird sein Bild unvollständig. Die dämonischen
Ueberschreitungen ihres Wesens zeichnet Guizot mit fester Hand; aber er ver¬
fährt dabei zu methodisch, er nimmt ihre Vorstellungen und Ideen zu sehr
aufs Wort. Diese starren Eichenherzen waren voll von Widersprüchen, und
wenn Carlyle mit tiefem philosophischem Blick diese Widersprüche einer gro¬
ßen Natur analysirt, so gibt W. Scott durch einzelne feingewählte Nuancen
ein viel anschaulicheres Bild von Cromwell, als Guizot. Dazu kommt, daß
seine eignen Gewohnheiten ihn mehr befähigen, die parlamentarische Entwick¬
lung zu verfolgen, als die militärischen Thaten seines Helden, und doch ist
der militärische Charakter auch sür das Verständniß seiner bürgerlichen Thätig¬
keit die Hauptsache. Auch hier tritt der Redner und der Professor hervor, und
selbst die Art und Weise, wie er den Begriff der gesetzlichen Entwicklung und
den Begriff der revolutionären Agitation charakterisirt, zeigt, daß er sich nicht
lebhaft genug in die Begebenheiten vertieft. „Mag eS sich um eine Monar¬
chie oder eine Republik, um eine aristokratische oder demokratische Gesellschaft
handeln, der endliche Erfolg geht stets aus den nämlichen Principien, aus den
nämlichen Wegen hervor. Der revolutionäre Geist ist verhängnißvoll für die
Größen, die er hebt, wie für diejenigen, die er stürzt." Das heißt die Er¬
eignisse doch zu sehr aus der Vogelperspective betrachten. Es ist keine staats-
männische, sondern eine rhetorische Wendung. Man wird den Gegensatz zwi¬
schen Guizot und Thiers am besten wahrnehmen, wenn man zwei Aeußerungen
nebeneinander stellt, die anscheinend dasselbe sagen, aber auf eine sehr ver¬
schiedene Weise. Guizot spricht von Clarendon: man habe seinen Sturz
fälschlich einzelnen Fehlern zugeschrieben. „Das heißt die Größe der Ursachen
verkennen, welche über das Schicksal hervorragender Männer entscheiden. Die
Vorsehung, die ihnen eine so schwere Aufgabe auferlegt, behandelt sie nicht
so streng, daß sie ihnen nicht manche Schwächen nachsieht, daß sie sie leicht¬
fertig für ein einzelnes Unrecht oder eine einzelne Thorheit stürzt." Thiers
,berichtet von Napoleon einen sehr schweren Fehler, aus dem dennoch ein gro¬
ßer Gewinn hervorging. I^a etrsäne cM lie entre eux, los evenements Ah ce
Morne est auslauekoi.8 bien etranxel Konvent, ce cM <Z8t Saxe eowbmai,3on
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[0383] der Bewegung von 1648 ihren Charakter geben. Aber es lag in dieser auf¬ fallenden Verwandtschaft auch ein Uebelstand. Um jene Figuren mit vollstän¬ diger Anschaulichkeit zu zeichnen, muß man sich wenigstens sür Augenblicke von ihren Ideen frei machen können, denn so achtbar ihre Haltung war, sie macht doch mitunter einen komischen Eindruck, und wenn der Geschichtschreiber diese Nuance nicht herausfindet, so wird sein Bild unvollständig. Die dämonischen Ueberschreitungen ihres Wesens zeichnet Guizot mit fester Hand; aber er ver¬ fährt dabei zu methodisch, er nimmt ihre Vorstellungen und Ideen zu sehr aufs Wort. Diese starren Eichenherzen waren voll von Widersprüchen, und wenn Carlyle mit tiefem philosophischem Blick diese Widersprüche einer gro¬ ßen Natur analysirt, so gibt W. Scott durch einzelne feingewählte Nuancen ein viel anschaulicheres Bild von Cromwell, als Guizot. Dazu kommt, daß seine eignen Gewohnheiten ihn mehr befähigen, die parlamentarische Entwick¬ lung zu verfolgen, als die militärischen Thaten seines Helden, und doch ist der militärische Charakter auch sür das Verständniß seiner bürgerlichen Thätig¬ keit die Hauptsache. Auch hier tritt der Redner und der Professor hervor, und selbst die Art und Weise, wie er den Begriff der gesetzlichen Entwicklung und den Begriff der revolutionären Agitation charakterisirt, zeigt, daß er sich nicht lebhaft genug in die Begebenheiten vertieft. „Mag eS sich um eine Monar¬ chie oder eine Republik, um eine aristokratische oder demokratische Gesellschaft handeln, der endliche Erfolg geht stets aus den nämlichen Principien, aus den nämlichen Wegen hervor. Der revolutionäre Geist ist verhängnißvoll für die Größen, die er hebt, wie für diejenigen, die er stürzt." Das heißt die Er¬ eignisse doch zu sehr aus der Vogelperspective betrachten. Es ist keine staats- männische, sondern eine rhetorische Wendung. Man wird den Gegensatz zwi¬ schen Guizot und Thiers am besten wahrnehmen, wenn man zwei Aeußerungen nebeneinander stellt, die anscheinend dasselbe sagen, aber auf eine sehr ver¬ schiedene Weise. Guizot spricht von Clarendon: man habe seinen Sturz fälschlich einzelnen Fehlern zugeschrieben. „Das heißt die Größe der Ursachen verkennen, welche über das Schicksal hervorragender Männer entscheiden. Die Vorsehung, die ihnen eine so schwere Aufgabe auferlegt, behandelt sie nicht so streng, daß sie ihnen nicht manche Schwächen nachsieht, daß sie sie leicht¬ fertig für ein einzelnes Unrecht oder eine einzelne Thorheit stürzt." Thiers ,berichtet von Napoleon einen sehr schweren Fehler, aus dem dennoch ein gro¬ ßer Gewinn hervorging. I^a etrsäne cM lie entre eux, los evenements Ah ce Morne est auslauekoi.8 bien etranxel Konvent, ce cM <Z8t Saxe eowbmai,3on üetiouk, es (M est laute reussit. de n'est pg,s un molle' wutetms pour <Zv- elarer Wut« pinäerree vawe, et pour lui pret'erer les impulsions ein, caprice nulli8 le Gouvernement als8 emoires. Mu, it taut Wu)our8 »röterer le ealoul ^ l'öntrsmkmönt clans la eoncluite ac8 akkÄN'ö8; mais on ne peut s'empeoker

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/383>, abgerufen am 23.07.2024.