Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

1842 im August trat endlich die zweite "Elbschiffahrtsrevisionscommisston",
in Dresden zusammen; ihr Hauptwerk ist der im vorigen Artikel näher er¬
wähnte Staatsvertrag von 1844 über den Staber Zoll, sonst hat das Ergebniß
dieser Konferenz wenig den Wünschen des Verkehrs entsprochen. Wenn z. B.
die Recognitionsgebühr in einen Zuschlag zum Waarenzvlle umgewandelt
wurde, so blieb sich die eigentliche Besteuerung ziemlich gleich und hatte nur
für die niedrig tarifirten Artikel einen kleinen Vortheil. Man hätte aus dem
Umstand, daß damals die hamburg-berliner Bahn im Bau begriffen, den trif¬
tigsten Grund zur Herabsetzung der Elbzölle herleiten sollen, da der neue
Schienenweg dieser Wasserstraße eine gefährliche Concurrenz machen mußte,
aber man zog den umgekehrten Weg vor und belastete auch die Eisenbahn
mit schweren Transitzöllen, damit sie nicht im Stande sei, den Elbzöllen Ab¬
bruch zu thun! Unaufhörliche Klagen des Handelsstandes, zahlreiche Denk¬
schriften der Kaufmannschaften von Magdeburg, Hamburg, Berlin, Leipzig !c.
waren die Folge dieses Zustandes, der im Wesentlichen auch nach der dritten
Revisions commission von 18ö0 noch fortdauert, nur einzelne voluminöse
Artikel (toll^ artielös) sind den niedriger tarifirten Waaren beigefügt, und
bei diesen hat sich sofort eine große Zunahme des Verkehrs gezeigt z. B. pas-
sirten Wittenberge 1847 an Farbeholz 56,980 Centner, 1849, nachdem dieser
Artikel herabgesetzt war: 160,097 Centner; Heringe 1847: 10,733 Centner,
1849: 119,974 Centner u. s. w. Andere Erleichterungen, die alle einzeln
aufzuführen zu weitläufig wäre, sollen nicht verkannt werden, im Wesentlichen
aber ist die Belastung der Elbe sowol als der hamburg-berliner Bahn unge¬
bührlich hoch und kann bei der fortschreitenden Concurrenz anderer Wasser-
und Schienenstraßen nicht fortdauern, ohne dem Verkehr die tiefsten Wunden
zu schlagen.

Diejenigen, welche die Flußzölle hauptsächlich im Interesse der Finanzen
der betheiligten Regierungen vertheidigen, heben hervor, daß diese Abgaben
genau genommen in zwei Theile zerfallen.

1) ein Wasserweggeld d. h. eine Abgabe, welche dem Staate einen Ersatz
für den mit der Instandhaltung des Flußbettes, so wie der Unterhaltung der
Ufer und der Leinpfade verbundenen Kostenaufwand gewährt.

2) einen Durchgangszoll.

Was das Wasserweggeld betrifft, so bestreiten wir nicht, daß gegen dasselbe
als ein Analogon des Chausseegeldes, Brückengeldes :c. vom Gesichts¬
punkt einer gerechten Besteurung nichts zu sagen ist, so lange überhaupt noch
Abgaben von den Communicationswegen erhoben werden. Ob letzteres vom
Politisch zweckmäßigen Gesichtspunkte richtig, ist eine andre Frage. Jedenfalls mü߬
ten solche Wasserweggelder genau dem Aufwand entsprechen, welchen die Unter¬
haltungskosten ver betreffenden Schiffahrtsanstalten erfordern. Diese Abgabe


Grenzboten. I. 18ö7. 38

1842 im August trat endlich die zweite „Elbschiffahrtsrevisionscommisston",
in Dresden zusammen; ihr Hauptwerk ist der im vorigen Artikel näher er¬
wähnte Staatsvertrag von 1844 über den Staber Zoll, sonst hat das Ergebniß
dieser Konferenz wenig den Wünschen des Verkehrs entsprochen. Wenn z. B.
die Recognitionsgebühr in einen Zuschlag zum Waarenzvlle umgewandelt
wurde, so blieb sich die eigentliche Besteuerung ziemlich gleich und hatte nur
für die niedrig tarifirten Artikel einen kleinen Vortheil. Man hätte aus dem
Umstand, daß damals die hamburg-berliner Bahn im Bau begriffen, den trif¬
tigsten Grund zur Herabsetzung der Elbzölle herleiten sollen, da der neue
Schienenweg dieser Wasserstraße eine gefährliche Concurrenz machen mußte,
aber man zog den umgekehrten Weg vor und belastete auch die Eisenbahn
mit schweren Transitzöllen, damit sie nicht im Stande sei, den Elbzöllen Ab¬
bruch zu thun! Unaufhörliche Klagen des Handelsstandes, zahlreiche Denk¬
schriften der Kaufmannschaften von Magdeburg, Hamburg, Berlin, Leipzig !c.
waren die Folge dieses Zustandes, der im Wesentlichen auch nach der dritten
Revisions commission von 18ö0 noch fortdauert, nur einzelne voluminöse
Artikel (toll^ artielös) sind den niedriger tarifirten Waaren beigefügt, und
bei diesen hat sich sofort eine große Zunahme des Verkehrs gezeigt z. B. pas-
sirten Wittenberge 1847 an Farbeholz 56,980 Centner, 1849, nachdem dieser
Artikel herabgesetzt war: 160,097 Centner; Heringe 1847: 10,733 Centner,
1849: 119,974 Centner u. s. w. Andere Erleichterungen, die alle einzeln
aufzuführen zu weitläufig wäre, sollen nicht verkannt werden, im Wesentlichen
aber ist die Belastung der Elbe sowol als der hamburg-berliner Bahn unge¬
bührlich hoch und kann bei der fortschreitenden Concurrenz anderer Wasser-
und Schienenstraßen nicht fortdauern, ohne dem Verkehr die tiefsten Wunden
zu schlagen.

Diejenigen, welche die Flußzölle hauptsächlich im Interesse der Finanzen
der betheiligten Regierungen vertheidigen, heben hervor, daß diese Abgaben
genau genommen in zwei Theile zerfallen.

1) ein Wasserweggeld d. h. eine Abgabe, welche dem Staate einen Ersatz
für den mit der Instandhaltung des Flußbettes, so wie der Unterhaltung der
Ufer und der Leinpfade verbundenen Kostenaufwand gewährt.

2) einen Durchgangszoll.

Was das Wasserweggeld betrifft, so bestreiten wir nicht, daß gegen dasselbe
als ein Analogon des Chausseegeldes, Brückengeldes :c. vom Gesichts¬
punkt einer gerechten Besteurung nichts zu sagen ist, so lange überhaupt noch
Abgaben von den Communicationswegen erhoben werden. Ob letzteres vom
Politisch zweckmäßigen Gesichtspunkte richtig, ist eine andre Frage. Jedenfalls mü߬
ten solche Wasserweggelder genau dem Aufwand entsprechen, welchen die Unter¬
haltungskosten ver betreffenden Schiffahrtsanstalten erfordern. Diese Abgabe


Grenzboten. I. 18ö7. 38
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0305" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103438"/>
            <p xml:id="ID_1086"> 1842 im August trat endlich die zweite &#x201E;Elbschiffahrtsrevisionscommisston",<lb/>
in Dresden zusammen; ihr Hauptwerk ist der im vorigen Artikel näher er¬<lb/>
wähnte Staatsvertrag von 1844 über den Staber Zoll, sonst hat das Ergebniß<lb/>
dieser Konferenz wenig den Wünschen des Verkehrs entsprochen. Wenn z. B.<lb/>
die Recognitionsgebühr in einen Zuschlag zum Waarenzvlle umgewandelt<lb/>
wurde, so blieb sich die eigentliche Besteuerung ziemlich gleich und hatte nur<lb/>
für die niedrig tarifirten Artikel einen kleinen Vortheil. Man hätte aus dem<lb/>
Umstand, daß damals die hamburg-berliner Bahn im Bau begriffen, den trif¬<lb/>
tigsten Grund zur Herabsetzung der Elbzölle herleiten sollen, da der neue<lb/>
Schienenweg dieser Wasserstraße eine gefährliche Concurrenz machen mußte,<lb/>
aber man zog den umgekehrten Weg vor und belastete auch die Eisenbahn<lb/>
mit schweren Transitzöllen, damit sie nicht im Stande sei, den Elbzöllen Ab¬<lb/>
bruch zu thun! Unaufhörliche Klagen des Handelsstandes, zahlreiche Denk¬<lb/>
schriften der Kaufmannschaften von Magdeburg, Hamburg, Berlin, Leipzig !c.<lb/>
waren die Folge dieses Zustandes, der im Wesentlichen auch nach der dritten<lb/>
Revisions commission von 18ö0 noch fortdauert, nur einzelne voluminöse<lb/>
Artikel (toll^ artielös) sind den niedriger tarifirten Waaren beigefügt, und<lb/>
bei diesen hat sich sofort eine große Zunahme des Verkehrs gezeigt z. B. pas-<lb/>
sirten Wittenberge 1847 an Farbeholz 56,980 Centner, 1849, nachdem dieser<lb/>
Artikel herabgesetzt war: 160,097 Centner; Heringe 1847: 10,733 Centner,<lb/>
1849: 119,974 Centner u. s. w. Andere Erleichterungen, die alle einzeln<lb/>
aufzuführen zu weitläufig wäre, sollen nicht verkannt werden, im Wesentlichen<lb/>
aber ist die Belastung der Elbe sowol als der hamburg-berliner Bahn unge¬<lb/>
bührlich hoch und kann bei der fortschreitenden Concurrenz anderer Wasser-<lb/>
und Schienenstraßen nicht fortdauern, ohne dem Verkehr die tiefsten Wunden<lb/>
zu schlagen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1087"> Diejenigen, welche die Flußzölle hauptsächlich im Interesse der Finanzen<lb/>
der betheiligten Regierungen vertheidigen, heben hervor, daß diese Abgaben<lb/>
genau genommen in zwei Theile zerfallen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1088"> 1) ein Wasserweggeld d. h. eine Abgabe, welche dem Staate einen Ersatz<lb/>
für den mit der Instandhaltung des Flußbettes, so wie der Unterhaltung der<lb/>
Ufer und der Leinpfade verbundenen Kostenaufwand gewährt.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1089"> 2) einen Durchgangszoll.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1090" next="#ID_1091"> Was das Wasserweggeld betrifft, so bestreiten wir nicht, daß gegen dasselbe<lb/>
als ein Analogon des Chausseegeldes, Brückengeldes :c. vom Gesichts¬<lb/>
punkt einer gerechten Besteurung nichts zu sagen ist, so lange überhaupt noch<lb/>
Abgaben von den Communicationswegen erhoben werden. Ob letzteres vom<lb/>
Politisch zweckmäßigen Gesichtspunkte richtig, ist eine andre Frage. Jedenfalls mü߬<lb/>
ten solche Wasserweggelder genau dem Aufwand entsprechen, welchen die Unter¬<lb/>
haltungskosten ver betreffenden Schiffahrtsanstalten erfordern. Diese Abgabe</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. I. 18ö7. 38</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0305] 1842 im August trat endlich die zweite „Elbschiffahrtsrevisionscommisston", in Dresden zusammen; ihr Hauptwerk ist der im vorigen Artikel näher er¬ wähnte Staatsvertrag von 1844 über den Staber Zoll, sonst hat das Ergebniß dieser Konferenz wenig den Wünschen des Verkehrs entsprochen. Wenn z. B. die Recognitionsgebühr in einen Zuschlag zum Waarenzvlle umgewandelt wurde, so blieb sich die eigentliche Besteuerung ziemlich gleich und hatte nur für die niedrig tarifirten Artikel einen kleinen Vortheil. Man hätte aus dem Umstand, daß damals die hamburg-berliner Bahn im Bau begriffen, den trif¬ tigsten Grund zur Herabsetzung der Elbzölle herleiten sollen, da der neue Schienenweg dieser Wasserstraße eine gefährliche Concurrenz machen mußte, aber man zog den umgekehrten Weg vor und belastete auch die Eisenbahn mit schweren Transitzöllen, damit sie nicht im Stande sei, den Elbzöllen Ab¬ bruch zu thun! Unaufhörliche Klagen des Handelsstandes, zahlreiche Denk¬ schriften der Kaufmannschaften von Magdeburg, Hamburg, Berlin, Leipzig !c. waren die Folge dieses Zustandes, der im Wesentlichen auch nach der dritten Revisions commission von 18ö0 noch fortdauert, nur einzelne voluminöse Artikel (toll^ artielös) sind den niedriger tarifirten Waaren beigefügt, und bei diesen hat sich sofort eine große Zunahme des Verkehrs gezeigt z. B. pas- sirten Wittenberge 1847 an Farbeholz 56,980 Centner, 1849, nachdem dieser Artikel herabgesetzt war: 160,097 Centner; Heringe 1847: 10,733 Centner, 1849: 119,974 Centner u. s. w. Andere Erleichterungen, die alle einzeln aufzuführen zu weitläufig wäre, sollen nicht verkannt werden, im Wesentlichen aber ist die Belastung der Elbe sowol als der hamburg-berliner Bahn unge¬ bührlich hoch und kann bei der fortschreitenden Concurrenz anderer Wasser- und Schienenstraßen nicht fortdauern, ohne dem Verkehr die tiefsten Wunden zu schlagen. Diejenigen, welche die Flußzölle hauptsächlich im Interesse der Finanzen der betheiligten Regierungen vertheidigen, heben hervor, daß diese Abgaben genau genommen in zwei Theile zerfallen. 1) ein Wasserweggeld d. h. eine Abgabe, welche dem Staate einen Ersatz für den mit der Instandhaltung des Flußbettes, so wie der Unterhaltung der Ufer und der Leinpfade verbundenen Kostenaufwand gewährt. 2) einen Durchgangszoll. Was das Wasserweggeld betrifft, so bestreiten wir nicht, daß gegen dasselbe als ein Analogon des Chausseegeldes, Brückengeldes :c. vom Gesichts¬ punkt einer gerechten Besteurung nichts zu sagen ist, so lange überhaupt noch Abgaben von den Communicationswegen erhoben werden. Ob letzteres vom Politisch zweckmäßigen Gesichtspunkte richtig, ist eine andre Frage. Jedenfalls mü߬ ten solche Wasserweggelder genau dem Aufwand entsprechen, welchen die Unter¬ haltungskosten ver betreffenden Schiffahrtsanstalten erfordern. Diese Abgabe Grenzboten. I. 18ö7. 38

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/305
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/305>, abgerufen am 22.07.2024.