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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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die Elbschiffahrtsacte in Dresden zu Stande, die Zollstätten zwischen Metrik
und. Hamburg wurden auf 14 reducirt und der Normalzollsatz von 36 Sgr. 6 Pf.
auf 27 gGr. 6 Pf. herabgesetzt, freilich eine sehr unbedeutende Erleichterung.
Ehe wir indessen das Schicksal dieser Zölle weiter verfolgen, wollen wir uns
nach dem Grundsatz g, loof prweipium auch beim Uebel zu einem Elbzvlle
wenden, den der Staat, der ihn erhob, nicht als einen Flußzoll gelten lassen
wollte und der daher auch nicht in der Acte von 1821 berührt ist, wir meinen
den Staber oder brunshauser Zoll. Ein geschichtlicher Rückblick wird hier von
Interesse sein. Bekanntlich verlieh die Freigebigkeit der deutschen Kaiser, je
geringer der Bestand der Reichsländereien ward, desto mehr gewinnbringende
Rechte an einzelne Stände des Reichs, die indeß meist zur Hemmung des
Verkehrs beitrugen; so entstanden die zahllosen Markt- und Stapelrechte, so wie
namentlich die Durchfuhrzölle. Im Jahre 1038 ward dem Erzbischof von
Hamburg das Privilegium eines Marktrechts zu Stade gegeben, hauptsächlich
um von dessen Ertrag den Hamburger Dom wieder zu erbauen, den die benach¬
barten heidnischen Stämme zerstört hatten. Als später der Sitz des Erzbischofs
nach Bremen verlegt ward, wurde dies Marktprivileg in das Recht verwandelt,
einen Zoll von allen Gütern, welche die Elbe heraufkamen, zu erheben, nur
den Hamburger Bürgern ward durch das Privilegium Fridericianum 1189
Freiheit von dieser Abgabe gewährt, "so daß sie mit ihren Schiffen, ihren
Waaren-und Leuten vom Meere bis zur genannten Stadt Hamburg frei seien
von allem Zoll und Umgeld, von aller Abgabe bei der Aus- und Rückfahrt.
Wenn sie aber Eigenthum von Fremden hinaufführen, sollen sie einen passenden
Botennach Stade schicken, der auf Eidschwur den Zoll bezahle nach der Quan¬
tität der Güter." -- So lange die Hansa blühte, wagte der Erzbischof nicht
sein Recht ungebührlich auszubeuten, aber als sie sich ihrem Untergang zu¬
neigte, begann eine Reihe der willkürlichsten Plackereien, die den Handel
höchlichst benachtheiligten, erst der westphälische Friede gewährte dem einiger¬
maßen Abhilfe. Zwar hätte man wol die Ansicht geltend machen können, daß,
da die Kathedrale von Hamburg seit langer Zeit wieder erbaut, und das ganze
Land nicht mehr unter erzbischöflichen Regiment stehe, der Zoll wegfallen
müsse, aber daran war unter den damaligen Wirren nicht zu denken, man
mußte sich freuen, von Schweden, in dessen Besitz damals Stade kam, einen
Vertrag zu erhalten, der der Willkür eine Grenze setzte, den Zoll auf ^ Pr.
vom Werth der Waare begrenzte und das Hamburger Privileg anerkannte.
Schweden hielt die Stipulationen des Vertrages treu, als es aber infolge des
letzten unglücklichen Krieges Karls XII. seine Elbbesttzungen an Kurhannover
verlor, ward der Vertrag sofort verletzt, Hannover erhob Zölle nach Belieben
und durch das ganze vorige Jahrhundert geht eine Reihe von Klagen deS
deutschen sowol, als des auswärtigen Handels über die Willkürlichkeiten und


die Elbschiffahrtsacte in Dresden zu Stande, die Zollstätten zwischen Metrik
und. Hamburg wurden auf 14 reducirt und der Normalzollsatz von 36 Sgr. 6 Pf.
auf 27 gGr. 6 Pf. herabgesetzt, freilich eine sehr unbedeutende Erleichterung.
Ehe wir indessen das Schicksal dieser Zölle weiter verfolgen, wollen wir uns
nach dem Grundsatz g, loof prweipium auch beim Uebel zu einem Elbzvlle
wenden, den der Staat, der ihn erhob, nicht als einen Flußzoll gelten lassen
wollte und der daher auch nicht in der Acte von 1821 berührt ist, wir meinen
den Staber oder brunshauser Zoll. Ein geschichtlicher Rückblick wird hier von
Interesse sein. Bekanntlich verlieh die Freigebigkeit der deutschen Kaiser, je
geringer der Bestand der Reichsländereien ward, desto mehr gewinnbringende
Rechte an einzelne Stände des Reichs, die indeß meist zur Hemmung des
Verkehrs beitrugen; so entstanden die zahllosen Markt- und Stapelrechte, so wie
namentlich die Durchfuhrzölle. Im Jahre 1038 ward dem Erzbischof von
Hamburg das Privilegium eines Marktrechts zu Stade gegeben, hauptsächlich
um von dessen Ertrag den Hamburger Dom wieder zu erbauen, den die benach¬
barten heidnischen Stämme zerstört hatten. Als später der Sitz des Erzbischofs
nach Bremen verlegt ward, wurde dies Marktprivileg in das Recht verwandelt,
einen Zoll von allen Gütern, welche die Elbe heraufkamen, zu erheben, nur
den Hamburger Bürgern ward durch das Privilegium Fridericianum 1189
Freiheit von dieser Abgabe gewährt, „so daß sie mit ihren Schiffen, ihren
Waaren-und Leuten vom Meere bis zur genannten Stadt Hamburg frei seien
von allem Zoll und Umgeld, von aller Abgabe bei der Aus- und Rückfahrt.
Wenn sie aber Eigenthum von Fremden hinaufführen, sollen sie einen passenden
Botennach Stade schicken, der auf Eidschwur den Zoll bezahle nach der Quan¬
tität der Güter." — So lange die Hansa blühte, wagte der Erzbischof nicht
sein Recht ungebührlich auszubeuten, aber als sie sich ihrem Untergang zu¬
neigte, begann eine Reihe der willkürlichsten Plackereien, die den Handel
höchlichst benachtheiligten, erst der westphälische Friede gewährte dem einiger¬
maßen Abhilfe. Zwar hätte man wol die Ansicht geltend machen können, daß,
da die Kathedrale von Hamburg seit langer Zeit wieder erbaut, und das ganze
Land nicht mehr unter erzbischöflichen Regiment stehe, der Zoll wegfallen
müsse, aber daran war unter den damaligen Wirren nicht zu denken, man
mußte sich freuen, von Schweden, in dessen Besitz damals Stade kam, einen
Vertrag zu erhalten, der der Willkür eine Grenze setzte, den Zoll auf ^ Pr.
vom Werth der Waare begrenzte und das Hamburger Privileg anerkannte.
Schweden hielt die Stipulationen des Vertrages treu, als es aber infolge des
letzten unglücklichen Krieges Karls XII. seine Elbbesttzungen an Kurhannover
verlor, ward der Vertrag sofort verletzt, Hannover erhob Zölle nach Belieben
und durch das ganze vorige Jahrhundert geht eine Reihe von Klagen deS
deutschen sowol, als des auswärtigen Handels über die Willkürlichkeiten und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/250>, abgerufen am 22.07.2024.