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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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Kommenden und von Seiten des Hofes und Publicums wenig Freude ver¬
sprechen müsse". Kann also dieser Kelch vorübergehen, so ist eS sehr glücklich.
Ich wünsche, daß man über die Möglichkeit den Kapellmeister befrage, der
noch gar nicht weiß, was uns bevorsteht.

Noch eine Betrachtung füge ich hinzu, daß man den gleichfalls eingela¬
denen Iffland aus ganz guten Gründen abgelehnt hat; für diesen müßte es
höchst auffallend sein, wenn man zu eben der Zeit einen andern aufnähme.
Es findet sich ja wol eine Auskunft, den Böhmen sowol als den Berliner mit
einer Einladung auf die nächstfolgende Zeit zu beschwichtigen.


G."

Weimar, -19. August -1811.

Serenissimus, bemerkt Kirms, habe hierauf den Antrag des Herrn Swo-
boda ablehnen lassen.

Obgleich nun Karl August meist alles billigte, was seine Hostheatercom-
wisslvii d. h. Goethe that, so war dies doch nicht immer der Fall und eS
kamen auch Schreiben wie nachstehende eigenhändige: An die Hoftheatercom-
mission. Dem Geh. N. von Goethe durch Hofkammerrath Kirms zu behändigen:

"Der geflissentliche Ungehorsam, den der Sänger Morhardt in dieser
Woche bezeigt hat, ist von der Art, daß die Direktion des Hoftheaters in
einem sehr nachtheiligen Lichte in meinen Augen und in denen aller Perso¬
nen, die um die Sache wissen, erscheinen würde, wenn nicht dieser geflissent¬
liche Ungehorsam aufs strengste bestraft würde. Der, Hofkammerrath KirmS,
Ueberbringer dieses, wird dem Seh. N. von Goethe mündlich auseinandersetzen,
wie nothwendig es für die Ehre und für den thätigen Einfluß der Personen,
welchen die Direktion des hiesigen Hoftheaters anvertraut ist, sein muß, den
morhardtschen Fall sehr ernstlich zu nehmen. Ich befehle, daß Morhardt am
künftigen Montag von der Hofschauspielergesellschaft verabschiedet werden soll,
ohne weitere Gage als die der künftigen Woche noch zu erhalten. Die Vor¬
schüsse, welche er aus der Theaterkasse kann erhalten haben, sollen ihm ge¬
schenkt sein, er muß aber binnen dato und den 20. dieses die Stadt verlassen,
von welchem Tage an die Polizei für seine Fortschaffung sorgen wird.

Weimar, -i. November 8.


Karl August."

"Zettel wie der beiliegende bekomme ich und meine Frau durch den Hof¬
kammerrath Kirms zugeschickt; in voriger Woche wurde schon daS Sonnabcnd-
stück mit vieler Mühe verändert; heute, Dienstag Abend, habe ich schon er
fahren müssen, daß Sonnabend 4. Mai das angesetzte Stück ebenfalls nicht
gegeben werden kann, während die Hoftheatercommission schon ehe der Zettel
geschrieben wurde, wissen konnte, daß das unterbrochene Opferfest nicht zu
geben möglich war. Da mir nun dergleichen Unzuverlä'sstgkeiten, wenn sie
nicht durch schnell eintretende Krankheit der Operindividuen veranlaßt werden, sehr
verdrießlich sind, so soll künftighin die Hostheatercommission jeden Sonnabend


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Kommenden und von Seiten des Hofes und Publicums wenig Freude ver¬
sprechen müsse». Kann also dieser Kelch vorübergehen, so ist eS sehr glücklich.
Ich wünsche, daß man über die Möglichkeit den Kapellmeister befrage, der
noch gar nicht weiß, was uns bevorsteht.

Noch eine Betrachtung füge ich hinzu, daß man den gleichfalls eingela¬
denen Iffland aus ganz guten Gründen abgelehnt hat; für diesen müßte es
höchst auffallend sein, wenn man zu eben der Zeit einen andern aufnähme.
Es findet sich ja wol eine Auskunft, den Böhmen sowol als den Berliner mit
einer Einladung auf die nächstfolgende Zeit zu beschwichtigen.


G."

Weimar, -19. August -1811.

Serenissimus, bemerkt Kirms, habe hierauf den Antrag des Herrn Swo-
boda ablehnen lassen.

Obgleich nun Karl August meist alles billigte, was seine Hostheatercom-
wisslvii d. h. Goethe that, so war dies doch nicht immer der Fall und eS
kamen auch Schreiben wie nachstehende eigenhändige: An die Hoftheatercom-
mission. Dem Geh. N. von Goethe durch Hofkammerrath Kirms zu behändigen:

„Der geflissentliche Ungehorsam, den der Sänger Morhardt in dieser
Woche bezeigt hat, ist von der Art, daß die Direktion des Hoftheaters in
einem sehr nachtheiligen Lichte in meinen Augen und in denen aller Perso¬
nen, die um die Sache wissen, erscheinen würde, wenn nicht dieser geflissent¬
liche Ungehorsam aufs strengste bestraft würde. Der, Hofkammerrath KirmS,
Ueberbringer dieses, wird dem Seh. N. von Goethe mündlich auseinandersetzen,
wie nothwendig es für die Ehre und für den thätigen Einfluß der Personen,
welchen die Direktion des hiesigen Hoftheaters anvertraut ist, sein muß, den
morhardtschen Fall sehr ernstlich zu nehmen. Ich befehle, daß Morhardt am
künftigen Montag von der Hofschauspielergesellschaft verabschiedet werden soll,
ohne weitere Gage als die der künftigen Woche noch zu erhalten. Die Vor¬
schüsse, welche er aus der Theaterkasse kann erhalten haben, sollen ihm ge¬
schenkt sein, er muß aber binnen dato und den 20. dieses die Stadt verlassen,
von welchem Tage an die Polizei für seine Fortschaffung sorgen wird.

Weimar, -i. November 8.


Karl August."

„Zettel wie der beiliegende bekomme ich und meine Frau durch den Hof¬
kammerrath Kirms zugeschickt; in voriger Woche wurde schon daS Sonnabcnd-
stück mit vieler Mühe verändert; heute, Dienstag Abend, habe ich schon er
fahren müssen, daß Sonnabend 4. Mai das angesetzte Stück ebenfalls nicht
gegeben werden kann, während die Hoftheatercommission schon ehe der Zettel
geschrieben wurde, wissen konnte, daß das unterbrochene Opferfest nicht zu
geben möglich war. Da mir nun dergleichen Unzuverlä'sstgkeiten, wenn sie
nicht durch schnell eintretende Krankheit der Operindividuen veranlaßt werden, sehr
verdrießlich sind, so soll künftighin die Hostheatercommission jeden Sonnabend


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/235>, abgerufen am 03.07.2024.