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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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Ich will erwarten, ob der Ballhauswirth zu mir kommt und alsdann
seine Erinnerungen registriren lassen; wahrscheinlich wird er sich so bedingen
und verclausuliren, daß wir nichts damit machen können.

Das Stück von Bretzner ist nach meiner Vorstellungsart so entsetzlich
schlecht, daß ich nichts weiter darüber zu sagen weiß; will man es aber ein¬
lernen, so habe ich nichts dagegen; ich wünsche, daß es die erste Vorstellung
überleben möge.

Möchten Sie sich bei Ihren vielen Geschäften doch immer recht wohl
und vergnügt befinden!


G."

Jena, 6. September 1796.

Wahrend KirmS unter dem 18. September u. a. an Jffland etwas em-
pfindlich schreibt:

"Unser Herzog war so ehrlich und genehmigte Ihre Bedingungen ohne
Einschränkung mit äußerster Güte; seien Sie daher so ehrlich und halten ihn
nicht länger in Ungewißheit, wenn Sie wirklich -- das berliner Engagement
dem hiesigen vorziehen--" schrieb Goethe nach Mannheim:

"Sie können, verehrter Freund, versichert sein, daß ich das Drückende
Ihrer gegenwärtigen Lage völlig mit Ihnen fühle. Ein rechtschaffener Mann,
der Rücksichten als Gatte und Freund zu nehmen hat und der in Begriff steht, einen
Entschluß wegen seines künftigen Lebens zu fassen und zwischen zwei so ver¬
schiedenen Situationen zu wählen, muß, wenn er dabei noch Ihr empfind-
liches und liebevolles Herz hat, sich in einer sehr peinlichen Lage befinden.
Wir sind unter diesen Umständen weit entfernt, lebhafter in Sie zu dringen,
um so mehr als der Termin, den Sie zur Entscheidung der Sache festsetzen,
nicht gar weit entfernt ist. Was wir Ihnen anbieten können und Ihnen so
gern anbieten, wissen Sie so wie unsere übrigen Verhältnisse und Gesinnungen.
Indessen lernen Sie ja auch wol jenes Terrain kennen, und Ihrer Einsicht
entgeht es nicht, was Sie zu wählen haben. Seien Sie versichert, daß der
Wunsch Sie glücklich zu wissen bei uns ebenso lebhaft ist als der Wunsch
Sie zu besitzen und daß, Ihre Wahl falle aus wie sie wolle, Sie sich hier
eine fortdauernde allgemeine Achtung und die Freundschaft derer, die Sie
näher kennen lernten, erhalten werden. Leben Sie recht wohl und erfreuen
Sie mich bald wenigstens mit der Nachricht, daß Ihre Krankheit von keinen
G." Folgen gewesen ist.

Nach noch vielem Hin- und Herschreiben kommt Endlich Jffland am -I I. De¬
cember 1796 mit'der Anzeige an Kirms:

"Ich weiche der Nothwendigkeit. Der König (von Preußen) zahlt meine
Schulden und gibt mir jährlich 300" Thaler. Nur Bedürfniß konnte gegen
mein Herz den Blick von Weimar gewaltsam abwenden. Seien Sie so gütig
Durchlaucht den Herzog und Herrn Geh. R. von Goethe, da Sie von der Wahr-


Ich will erwarten, ob der Ballhauswirth zu mir kommt und alsdann
seine Erinnerungen registriren lassen; wahrscheinlich wird er sich so bedingen
und verclausuliren, daß wir nichts damit machen können.

Das Stück von Bretzner ist nach meiner Vorstellungsart so entsetzlich
schlecht, daß ich nichts weiter darüber zu sagen weiß; will man es aber ein¬
lernen, so habe ich nichts dagegen; ich wünsche, daß es die erste Vorstellung
überleben möge.

Möchten Sie sich bei Ihren vielen Geschäften doch immer recht wohl
und vergnügt befinden!


G."

Jena, 6. September 1796.

Wahrend KirmS unter dem 18. September u. a. an Jffland etwas em-
pfindlich schreibt:

„Unser Herzog war so ehrlich und genehmigte Ihre Bedingungen ohne
Einschränkung mit äußerster Güte; seien Sie daher so ehrlich und halten ihn
nicht länger in Ungewißheit, wenn Sie wirklich — das berliner Engagement
dem hiesigen vorziehen—" schrieb Goethe nach Mannheim:

„Sie können, verehrter Freund, versichert sein, daß ich das Drückende
Ihrer gegenwärtigen Lage völlig mit Ihnen fühle. Ein rechtschaffener Mann,
der Rücksichten als Gatte und Freund zu nehmen hat und der in Begriff steht, einen
Entschluß wegen seines künftigen Lebens zu fassen und zwischen zwei so ver¬
schiedenen Situationen zu wählen, muß, wenn er dabei noch Ihr empfind-
liches und liebevolles Herz hat, sich in einer sehr peinlichen Lage befinden.
Wir sind unter diesen Umständen weit entfernt, lebhafter in Sie zu dringen,
um so mehr als der Termin, den Sie zur Entscheidung der Sache festsetzen,
nicht gar weit entfernt ist. Was wir Ihnen anbieten können und Ihnen so
gern anbieten, wissen Sie so wie unsere übrigen Verhältnisse und Gesinnungen.
Indessen lernen Sie ja auch wol jenes Terrain kennen, und Ihrer Einsicht
entgeht es nicht, was Sie zu wählen haben. Seien Sie versichert, daß der
Wunsch Sie glücklich zu wissen bei uns ebenso lebhaft ist als der Wunsch
Sie zu besitzen und daß, Ihre Wahl falle aus wie sie wolle, Sie sich hier
eine fortdauernde allgemeine Achtung und die Freundschaft derer, die Sie
näher kennen lernten, erhalten werden. Leben Sie recht wohl und erfreuen
Sie mich bald wenigstens mit der Nachricht, daß Ihre Krankheit von keinen
G." Folgen gewesen ist.

Nach noch vielem Hin- und Herschreiben kommt Endlich Jffland am -I I. De¬
cember 1796 mit'der Anzeige an Kirms:

„Ich weiche der Nothwendigkeit. Der König (von Preußen) zahlt meine
Schulden und gibt mir jährlich 300» Thaler. Nur Bedürfniß konnte gegen
mein Herz den Blick von Weimar gewaltsam abwenden. Seien Sie so gütig
Durchlaucht den Herzog und Herrn Geh. R. von Goethe, da Sie von der Wahr-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/196>, abgerufen am 23.07.2024.