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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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tummelt er das südliche Hohe Roß und wiederholt mit fast unbegreiflicher
Unverschämtheit die alten Beschuldigungen, daß der Norden der angreifende
Theil sei, u. s. w. Hoffentlich findet dieser talentlose und verächtliche Draht¬
zieher kein Seitenstück mehr in der Geschichte der Ver. Staaten. - Einen
kleinen Trost gewährt die aus der Botschaft hervorgehende Thatsache, daß
die Jahreseinnahme der Union ihre Ausgabe um mehr als zwanzig Mil¬
lionen Dollars übersteigt. —"

Die ausfallende Parteilichkeit der Botschaft veranlaßte, wie natürlich, sogleich
energische Protestationen von Seiten der zur Freibodenpartei gehörenden Mitglieder
des Kongresses, so wie heftige Angriffe gegen das Princip der Ncbraskabill' (die
Squattcrsouveränetät), über deren Bedeutung und Werth die demokratische Par¬
tei selbst keineswegs einig zu sein scheint. Sonst ist bis jetzt im Congresse nichts
Bedeutendes in Betreff der Sklavenfrage vorgekommen.

Am 10. December machte in einer großen Convention zu Savannah (Gevr-
M) der exaltirteste Theil der Sklavenpartci den Versuch, einen Vorschlag zur Wie¬
dereröffnung der Sklaven e in fuhr (die seit 1808 verboten ist) durchzusetzen.
Allein die Sklavenhalter selbst verwarfen ihn mit großer Stimmenmehrheit. Es ist
augenscheinlich, daß ihre Leidenschaftlichkeit sich allmälig vermindert, seit sie, in
der Präsidentenwahl den Sieg davon getragen, und daß der „8»>ier sveoncl Uiouxlii,"
bei ihnen zu wirken beginnt. Der Gedanke an Erneuerung der Sklavcneinfuhr
ist um so unsinniger, da ans jeden Fall die großen europäischen Seemächte sie
nicht dulden würden, nach allbekannten Verhältnissen und Verträgen.

Während so die Parteien über die große Eiterbeule discutiren. droht sie auf¬
zubrechen. In mehren Sklavenstaaten hat mau deutliche Spuren einer weitver¬
zweigten Negervcrschwöruug entdeckt, denn trotz der Unwissenheit der Sklaven ist
manches Von dem, was über sie verhandelt wurde, zu ihnen durchgedrungen und
hat sie furchtbar aufgeregt. Die größte Angst herrscht uuter den Weißen (die
unvermeidliche Strafe dieses sündlichen Verhältnisses) und ungewöhnliche Vor¬
sichtsmaßregeln sind im Gange: schärfere Aussicht über die Sklaven, größere
Strenge gegen sie, nächtliche Patrouillen, um ihre Verbindung mit benachbarten
Plantagen zu hindern und ihre Boten aufzufangen u. f. w. Die Negerverschwö¬
rung schnitt ihren Hauptherd im mittleren Theile des Staates Tennessee zu ha¬
ben, wo an den Flüssen Cumberland und Tennessee 8000—10,000 Sklaven als
Arbeiter bei Eisenwerken verwendet werden. Ihre Verbindung ist dort leicht, da
sie in größerer Zahl zusammen arbeiten, um Kohlen zu brennen, Erze zu graben
und die Schmelzofen zu besorgen, alles unter der Aussicht weniger Weißen. Auch
ist jene Gegend überhaupt nur spärlich von Weißen bevölkert. Bei Dover, am
Cumberlandfluß, wurden elf Neger als Rädelsführer ergriffen und ohne Weiteres
aufgeknüpft. Unter den Verhafteten war ein Mann, der seit Monaten mit den
Negern arbeitete und stets selbst für einen Neger gegolten hatte. Man entdeckte
aber, daß er ein Weißer war, der sich verkleidet und sein Gesicht geschwärzt, hatte.
Da man ihn für einen Hauptanstiftcr der Verschwörung hielt, so wurde er von
der aufgeregten Menge zu neunhundert Peitschenhieben verurtheilt, gab aber
nnter dieser schrecklichen Mißhandlung den Geist auf, lange bevor die Zahl der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/127>, abgerufen am 30.12.2024.