Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.Schwierigkeiten in seiner Stellung zur Königin. Durch Vermittelung ihrer Schwierigkeiten in seiner Stellung zur Königin. Durch Vermittelung ihrer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0504" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103099"/> <p xml:id="ID_1628" prev="#ID_1627" next="#ID_1629"> Schwierigkeiten in seiner Stellung zur Königin. Durch Vermittelung ihrer<lb/> Umgebungen standen Jsabella sowol, als ihr Gemahl in stetem Verkehr mit<lb/> den Chefs der moderirten Emigration in Paris und der Königin Christine.<lb/> Der Palast war dadurch ein Herd von Intriguanten, die, trotz der Ungunst der<lb/> Verhältnisse, weitaussehende Projecte der Contrerevolution schmiedeten. Diese<lb/> still, aber unablässig arbeitenden Feinde in seiner nächsten Nähe wurden dem<lb/> Cabinet endlich unerträglich. Schon bei Gelegenheit der Hindernisse, welche<lb/> der Sanction des Desamortisationsgesetzeö in den Weg gelegt wurden, waren<lb/> verschiedene Persönlichkeiten aus der Nähe der Königin wie des Königs ent¬<lb/> fernt, und sogar zeitweilig in entlegenen Festungen internirt worden. Derar¬<lb/> tige Maßregeln verbreiteten augenblicklich einen heilsamen Schrecken, wirkten<lb/> aber nicht aus die Dauer. Die reaktionären Ränke tauchten von neuem aus<lb/> und erreichten namentlich während des parlamentarischen Interregnums cintzn<lb/> bedrohlichen Grad. Die Straßen der Hauptstadt wurden mit Flugblättern<lb/> überschwemmt, welche sich an die schlimmsten revolutionären Leidenschaften<lb/> wendeten. Die Nachforschung darüber entdeckte Spuren, die in den Palast<lb/> bis zur nächsten Umgebung des Königs führten; einer seiner Hofcavaliere<lb/> wurde dieses Versuchs, das liberale Regime mit den Waffen des Pessimis¬<lb/> mus zu bekämpfen, verdächtig, in das Gefängniß der Staatsverbrecher, den<lb/> Saladero, abgeführt. Die öffentliche Meinung revoltirte sich über solche Ent¬<lb/> hüllungen und das Ministerium wurde ebenso von ihr, als durch sein eigenes<lb/> Interesse aufgefordert, ernstlich gegen die Camarilla einzuschreiten. Es beschloß<lb/> demzufolge, die Besetzung aller Hofchargen, die bis jetzt von der Königin per¬<lb/> sönlich ausgegangen war, unter die Leitung eines von ihm ernannten und<lb/> ihm verantwortlichen Beamten zu stellen. Natürlich stieß diese Neuerung,<lb/> welche einem Systeme entspricht, das in England so alt, als die parlamenta¬<lb/> rische Negierung d. h. älter als anderthalb Jahrhunderte ist, bei Jsabella<lb/> und ihrem Gemahl auf den hartnäckigsten Widerstand. Aber dem Hof gegen¬<lb/> über hielten Espartero und O'Dommel damals noch einträchtig zusammen, ja<lb/> der Graf v. Lucera überbot den Conseilöpräsidenten an rücksichtsloser Energie<lb/> darin. Dem vereinten Willen beider Minister mußte die Königin nachgeben.<lb/> Die Gaceta brachte ein königl. Decret, das den Palast unter die Controle<lb/> der verantwortlichen Rathgeber der Krone stellte, und mit einer langen Ein¬<lb/> leitung versehen war, welche diese Maßregel als eine Erhöhung des König¬<lb/> thums in den Augen der Nation darstellte, weil dieser dadurch die Bürgschaft<lb/> gegeben sei, daß die Gesinnungen des Souveräns mit denen seiner Regierung<lb/> übereinstimmten. Niemand ließ sich natürlich durch derartige Phrasen täuschen,<lb/> und die Königin am wenigsten fand darin eine Milderung des strengen Ge¬<lb/> setzes, unter das sie sich beugen mußte. Die Aenderungen im Hofpersonal<lb/> waren durchgreifend und namentlich wurde der König, den die beiden Mar-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0504]
Schwierigkeiten in seiner Stellung zur Königin. Durch Vermittelung ihrer
Umgebungen standen Jsabella sowol, als ihr Gemahl in stetem Verkehr mit
den Chefs der moderirten Emigration in Paris und der Königin Christine.
Der Palast war dadurch ein Herd von Intriguanten, die, trotz der Ungunst der
Verhältnisse, weitaussehende Projecte der Contrerevolution schmiedeten. Diese
still, aber unablässig arbeitenden Feinde in seiner nächsten Nähe wurden dem
Cabinet endlich unerträglich. Schon bei Gelegenheit der Hindernisse, welche
der Sanction des Desamortisationsgesetzeö in den Weg gelegt wurden, waren
verschiedene Persönlichkeiten aus der Nähe der Königin wie des Königs ent¬
fernt, und sogar zeitweilig in entlegenen Festungen internirt worden. Derar¬
tige Maßregeln verbreiteten augenblicklich einen heilsamen Schrecken, wirkten
aber nicht aus die Dauer. Die reaktionären Ränke tauchten von neuem aus
und erreichten namentlich während des parlamentarischen Interregnums cintzn
bedrohlichen Grad. Die Straßen der Hauptstadt wurden mit Flugblättern
überschwemmt, welche sich an die schlimmsten revolutionären Leidenschaften
wendeten. Die Nachforschung darüber entdeckte Spuren, die in den Palast
bis zur nächsten Umgebung des Königs führten; einer seiner Hofcavaliere
wurde dieses Versuchs, das liberale Regime mit den Waffen des Pessimis¬
mus zu bekämpfen, verdächtig, in das Gefängniß der Staatsverbrecher, den
Saladero, abgeführt. Die öffentliche Meinung revoltirte sich über solche Ent¬
hüllungen und das Ministerium wurde ebenso von ihr, als durch sein eigenes
Interesse aufgefordert, ernstlich gegen die Camarilla einzuschreiten. Es beschloß
demzufolge, die Besetzung aller Hofchargen, die bis jetzt von der Königin per¬
sönlich ausgegangen war, unter die Leitung eines von ihm ernannten und
ihm verantwortlichen Beamten zu stellen. Natürlich stieß diese Neuerung,
welche einem Systeme entspricht, das in England so alt, als die parlamenta¬
rische Negierung d. h. älter als anderthalb Jahrhunderte ist, bei Jsabella
und ihrem Gemahl auf den hartnäckigsten Widerstand. Aber dem Hof gegen¬
über hielten Espartero und O'Dommel damals noch einträchtig zusammen, ja
der Graf v. Lucera überbot den Conseilöpräsidenten an rücksichtsloser Energie
darin. Dem vereinten Willen beider Minister mußte die Königin nachgeben.
Die Gaceta brachte ein königl. Decret, das den Palast unter die Controle
der verantwortlichen Rathgeber der Krone stellte, und mit einer langen Ein¬
leitung versehen war, welche diese Maßregel als eine Erhöhung des König¬
thums in den Augen der Nation darstellte, weil dieser dadurch die Bürgschaft
gegeben sei, daß die Gesinnungen des Souveräns mit denen seiner Regierung
übereinstimmten. Niemand ließ sich natürlich durch derartige Phrasen täuschen,
und die Königin am wenigsten fand darin eine Milderung des strengen Ge¬
setzes, unter das sie sich beugen mußte. Die Aenderungen im Hofpersonal
waren durchgreifend und namentlich wurde der König, den die beiden Mar-
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