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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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sprang, und nicht weniger als vier von unsern Leuten wurden von einem
Eisfeld mitgenommen, und konnten nur durch ihnen zu Hilfe geschickte Mann¬
schaft gerettet werden, nachdem der Sturm zu Ende war."

Am 22. August hatte die Gesellschaft den 78" 51' nördlicher Breite er¬
reicht, eine höhere Entfernung, als durch irgend einen der früheren Entdecker,
mit einziger Ausnahme von Parry aus seiner Fußerpebition nach Spitzbergen,
erreicht worden war. Um diese Zeit singen einige der Leute an sich unzufrieden
zu zeigen. Das rasche Eintreten des Winters, der Mangel an Erholung, und
der langsame Fortschritt der Expedition mußten eine Abspannung hervorbringen.
Ein Mitglied sprach sich für die Rückkehr nach Süden und das Aufgeben deö
Planes während des Winters aus. Man hatte keine Zeit zu halben Ent¬
schlüssen. Dr. Kane rief den Rath der Offiziere zusammen, und hörte ihre
Ansichten ungetheilt an. Einen einzigen ausgenommen, sprachen sie die Ueber¬
zeugung aus, daß ein weiteres Vordringen nach Norden unmöglich sei, und
wiesen auf die Nothwendigkeit hin, den Winter im Süden zuzubringen. Der
Commandirende bestand auf der entgegengesetzten Meinung. Indem er die
Wichtigkeit des Gewinns eines Punktes zeigte, von wo aus die Neise zu
Schlitten sortgesetzt werden könnte, kündigte er sein Porhaben an, gegen die
nördliche Spitze festen Landes in der Bai hinaufzusteuern. Einmal dort angelangt
könnte man den besten Punkt für die Frühlingsoperationen aussuchen, und zugleich
die Brigg in dem möglichst besten Schutzwinkel für den Winter unterbringen.
Seine Kameraden stimmten der Entscheidung mit Freude bei, und man ging
hurtig an die Ausführung. Während der Dauer derselben lief das Schiff
auf den Grund und entrann mit Mühe der Feuersgefahr. Ein plötzlicher
Umschlag warf die Leute aus ihren Lagern, und den Ofen in der Sabine mit
einer vollen Ladung Brennmaterials um. Der Boden fing unmittelbar Feuer,
daS nur mit Hilfe eines dicken Steuermannmantels zurückgehalten wurde, bis
man Wasser brachte, um es zu löschen. Die Pulverkammer war nicht weit
davon, und einige Minuten länger hätten der ganzen Expedition ein schleu¬
niges Ende gemacht.

Gegen den 10. September lief das Schiff in einen geschützten Hafen
zwischen dem Eiland der Bai, in der es eine Zeitlang gelegen, ein und
alsbald waren alle Hände mit der Einrichtung der Winterquartiere beschäftigt.
Von ihrer Lebensweise während der langen Finsterniß eitles arktischen Winters,
gibt der folgende Auszug eine lebhafte Vorstellung:

"Wie bringen wir den Tag, oder vielmehr den Zeitraum von vier und
Zwanzig Stunden -- denn, er ist hier immer entweder voller Tag, oder volle
Niacht^ oder eine Zwielichtsmischung von beiden -- zu?"

"Um 0 Uhr Morgens wird M. Halt) mit allen Leuten gerufen, die
drinnen die Nacht zugebracht haben. Das Deck wird gewaschen, der Eis-


sprang, und nicht weniger als vier von unsern Leuten wurden von einem
Eisfeld mitgenommen, und konnten nur durch ihnen zu Hilfe geschickte Mann¬
schaft gerettet werden, nachdem der Sturm zu Ende war."

Am 22. August hatte die Gesellschaft den 78" 51' nördlicher Breite er¬
reicht, eine höhere Entfernung, als durch irgend einen der früheren Entdecker,
mit einziger Ausnahme von Parry aus seiner Fußerpebition nach Spitzbergen,
erreicht worden war. Um diese Zeit singen einige der Leute an sich unzufrieden
zu zeigen. Das rasche Eintreten des Winters, der Mangel an Erholung, und
der langsame Fortschritt der Expedition mußten eine Abspannung hervorbringen.
Ein Mitglied sprach sich für die Rückkehr nach Süden und das Aufgeben deö
Planes während des Winters aus. Man hatte keine Zeit zu halben Ent¬
schlüssen. Dr. Kane rief den Rath der Offiziere zusammen, und hörte ihre
Ansichten ungetheilt an. Einen einzigen ausgenommen, sprachen sie die Ueber¬
zeugung aus, daß ein weiteres Vordringen nach Norden unmöglich sei, und
wiesen auf die Nothwendigkeit hin, den Winter im Süden zuzubringen. Der
Commandirende bestand auf der entgegengesetzten Meinung. Indem er die
Wichtigkeit des Gewinns eines Punktes zeigte, von wo aus die Neise zu
Schlitten sortgesetzt werden könnte, kündigte er sein Porhaben an, gegen die
nördliche Spitze festen Landes in der Bai hinaufzusteuern. Einmal dort angelangt
könnte man den besten Punkt für die Frühlingsoperationen aussuchen, und zugleich
die Brigg in dem möglichst besten Schutzwinkel für den Winter unterbringen.
Seine Kameraden stimmten der Entscheidung mit Freude bei, und man ging
hurtig an die Ausführung. Während der Dauer derselben lief das Schiff
auf den Grund und entrann mit Mühe der Feuersgefahr. Ein plötzlicher
Umschlag warf die Leute aus ihren Lagern, und den Ofen in der Sabine mit
einer vollen Ladung Brennmaterials um. Der Boden fing unmittelbar Feuer,
daS nur mit Hilfe eines dicken Steuermannmantels zurückgehalten wurde, bis
man Wasser brachte, um es zu löschen. Die Pulverkammer war nicht weit
davon, und einige Minuten länger hätten der ganzen Expedition ein schleu¬
niges Ende gemacht.

Gegen den 10. September lief das Schiff in einen geschützten Hafen
zwischen dem Eiland der Bai, in der es eine Zeitlang gelegen, ein und
alsbald waren alle Hände mit der Einrichtung der Winterquartiere beschäftigt.
Von ihrer Lebensweise während der langen Finsterniß eitles arktischen Winters,
gibt der folgende Auszug eine lebhafte Vorstellung:

„Wie bringen wir den Tag, oder vielmehr den Zeitraum von vier und
Zwanzig Stunden — denn, er ist hier immer entweder voller Tag, oder volle
Niacht^ oder eine Zwielichtsmischung von beiden — zu?"

„Um 0 Uhr Morgens wird M. Halt) mit allen Leuten gerufen, die
drinnen die Nacht zugebracht haben. Das Deck wird gewaschen, der Eis-


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[0495] sprang, und nicht weniger als vier von unsern Leuten wurden von einem Eisfeld mitgenommen, und konnten nur durch ihnen zu Hilfe geschickte Mann¬ schaft gerettet werden, nachdem der Sturm zu Ende war." Am 22. August hatte die Gesellschaft den 78" 51' nördlicher Breite er¬ reicht, eine höhere Entfernung, als durch irgend einen der früheren Entdecker, mit einziger Ausnahme von Parry aus seiner Fußerpebition nach Spitzbergen, erreicht worden war. Um diese Zeit singen einige der Leute an sich unzufrieden zu zeigen. Das rasche Eintreten des Winters, der Mangel an Erholung, und der langsame Fortschritt der Expedition mußten eine Abspannung hervorbringen. Ein Mitglied sprach sich für die Rückkehr nach Süden und das Aufgeben deö Planes während des Winters aus. Man hatte keine Zeit zu halben Ent¬ schlüssen. Dr. Kane rief den Rath der Offiziere zusammen, und hörte ihre Ansichten ungetheilt an. Einen einzigen ausgenommen, sprachen sie die Ueber¬ zeugung aus, daß ein weiteres Vordringen nach Norden unmöglich sei, und wiesen auf die Nothwendigkeit hin, den Winter im Süden zuzubringen. Der Commandirende bestand auf der entgegengesetzten Meinung. Indem er die Wichtigkeit des Gewinns eines Punktes zeigte, von wo aus die Neise zu Schlitten sortgesetzt werden könnte, kündigte er sein Porhaben an, gegen die nördliche Spitze festen Landes in der Bai hinaufzusteuern. Einmal dort angelangt könnte man den besten Punkt für die Frühlingsoperationen aussuchen, und zugleich die Brigg in dem möglichst besten Schutzwinkel für den Winter unterbringen. Seine Kameraden stimmten der Entscheidung mit Freude bei, und man ging hurtig an die Ausführung. Während der Dauer derselben lief das Schiff auf den Grund und entrann mit Mühe der Feuersgefahr. Ein plötzlicher Umschlag warf die Leute aus ihren Lagern, und den Ofen in der Sabine mit einer vollen Ladung Brennmaterials um. Der Boden fing unmittelbar Feuer, daS nur mit Hilfe eines dicken Steuermannmantels zurückgehalten wurde, bis man Wasser brachte, um es zu löschen. Die Pulverkammer war nicht weit davon, und einige Minuten länger hätten der ganzen Expedition ein schleu¬ niges Ende gemacht. Gegen den 10. September lief das Schiff in einen geschützten Hafen zwischen dem Eiland der Bai, in der es eine Zeitlang gelegen, ein und alsbald waren alle Hände mit der Einrichtung der Winterquartiere beschäftigt. Von ihrer Lebensweise während der langen Finsterniß eitles arktischen Winters, gibt der folgende Auszug eine lebhafte Vorstellung: „Wie bringen wir den Tag, oder vielmehr den Zeitraum von vier und Zwanzig Stunden — denn, er ist hier immer entweder voller Tag, oder volle Niacht^ oder eine Zwielichtsmischung von beiden — zu?" „Um 0 Uhr Morgens wird M. Halt) mit allen Leuten gerufen, die drinnen die Nacht zugebracht haben. Das Deck wird gewaschen, der Eis-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/495>, abgerufen am 23.07.2024.