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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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Verbindlichkeiten, der Flotte, des Heeres, der Arsenale u. s. w. verknüpft sein
würden, -- ferner mit der furchtbaren Störung, welche die Beziehungen der
zwei getrennten Unionen hinsichtlich ihres gegenseitigen Handels, ihrer Verkehr¬
straßen zu Wasser und zu Lande, ihrer Eisenbahnen, ihrer gemeinsamen indu¬
striellen Einrichtungen u. s. w. erleiden müßten. Wir haben bereits darauf
aufmerksam gemacht, daß der Norden in diesem Kampfe nicht sowol ein ma¬
terielles, als ein moralisches und religiöses Interesse versieht. Um eines sol¬
chen Interesse willen .aber -- obwol es bisweilen einzelne Individuen
zu extremen Handlungen treibt -- begeht keine ganze Nation Selbstmord. Dem
Widerwillen, in den südlichen Schwesterstaaten die Sklaverei eingeführt zu
wissen, und selbst dem Unwillen, sie auf Kansas ausgedehnt zu sehen, wird
der Norden niemals seine Nationalgröße und das Interesse seines unerme߬
lichen Handels und Gewerbfleißes opfern.*) -- Drittens darf man nicht un¬
beachtet lassen, daß der Amerikaner von jeher gewöhnt ist, in allen politischen
Streitigkeiten sich ruhig der Entscheidung der Mehrheit zu unterwerfen, sobald
diese auf gesetzlichem Wege erfolgt ist, -- eine Eigenschaft, wodurch er sich --
wir müssen das ehrlich gestehen -- vor seinen germanischen Stammvettern vor¬
theilhaft auszeichnet. Er ist, so lange diese Entscheidung schwebt, Äußerst thätig
und kämpft aufs eifrigste mit der Feder und der Zunge um den Sieg. Hat
aber dieser sich einmal für die Gegenpartei erklärt, so macht er gute Miene
zum bösen Spiel und tröstet sich mit der Hoffnung auf bessern Erfolg für das
nächste Mal. Dies ist, die Frucht seiner wirklichen Anhänglichkeit an die Ver¬
fassung seines Landes.

Man bemerke serner, daß, wenn auch Kansas ein Sklavenstaat wird und
bleibt, dadurch die politische Macht des Nordens, dem Süden gegenüber," nur
wenig modificirt wird. Kansas würde der sechzehnte Sklavenstaat sein; die
freien Staaten sind jetzt gleichfalls sechzehn an der Zahl. Das einzige poli¬
tische Resultat, in Bezug auf die Vertretung im Congresse, wäre sonach: im
Senate Gleichheit der Anzahl der Senatoren aus den freien und aus den
Sklavenstaaten (da jeder Staat, ohne Rücksicht auf seine Größe ober Bevölke¬
rung, zwei Senatoren zum Congresse sendet); -- im Repräsentantenhause
aber, wo die Bevölkerung den Maßstab der Vertretung bildet, würden einige



*) Das Manifest der "republikanischen Convention in Pittsburg an das Volk der Ver¬
einigten Staaten", vom 22. Februar -I8SS, sagt im Eingang: "Wir erklären erstens unsere
feste und unveränderliche Ergebenheit für die Verfassung der Vereinigten Staaten, für ihre
Zwecke und für die Mittel, die sie zur Erreichung derselben vorschreibt; -- zweitens unsere
unerschütterliche Anhänglichkeit an diese Union amerikanischer Staaten;--wir verehren
sie als erkauft mit dem Blute unserer Väter, als Bedingung unseres Nalionalruhms, als
Schul) und Bürgschaft je"er Freiheit, die sie zu sichern bestimmt ist. Wir wollen sie verthei¬
digen n"d schützen gegen alle ihre Feinde u. s. w. -- Aehuliche Erklärungen enthalten die
Manifeste aller Parteien.

Verbindlichkeiten, der Flotte, des Heeres, der Arsenale u. s. w. verknüpft sein
würden, — ferner mit der furchtbaren Störung, welche die Beziehungen der
zwei getrennten Unionen hinsichtlich ihres gegenseitigen Handels, ihrer Verkehr¬
straßen zu Wasser und zu Lande, ihrer Eisenbahnen, ihrer gemeinsamen indu¬
striellen Einrichtungen u. s. w. erleiden müßten. Wir haben bereits darauf
aufmerksam gemacht, daß der Norden in diesem Kampfe nicht sowol ein ma¬
terielles, als ein moralisches und religiöses Interesse versieht. Um eines sol¬
chen Interesse willen .aber — obwol es bisweilen einzelne Individuen
zu extremen Handlungen treibt — begeht keine ganze Nation Selbstmord. Dem
Widerwillen, in den südlichen Schwesterstaaten die Sklaverei eingeführt zu
wissen, und selbst dem Unwillen, sie auf Kansas ausgedehnt zu sehen, wird
der Norden niemals seine Nationalgröße und das Interesse seines unerme߬
lichen Handels und Gewerbfleißes opfern.*) — Drittens darf man nicht un¬
beachtet lassen, daß der Amerikaner von jeher gewöhnt ist, in allen politischen
Streitigkeiten sich ruhig der Entscheidung der Mehrheit zu unterwerfen, sobald
diese auf gesetzlichem Wege erfolgt ist, — eine Eigenschaft, wodurch er sich —
wir müssen das ehrlich gestehen — vor seinen germanischen Stammvettern vor¬
theilhaft auszeichnet. Er ist, so lange diese Entscheidung schwebt, Äußerst thätig
und kämpft aufs eifrigste mit der Feder und der Zunge um den Sieg. Hat
aber dieser sich einmal für die Gegenpartei erklärt, so macht er gute Miene
zum bösen Spiel und tröstet sich mit der Hoffnung auf bessern Erfolg für das
nächste Mal. Dies ist, die Frucht seiner wirklichen Anhänglichkeit an die Ver¬
fassung seines Landes.

Man bemerke serner, daß, wenn auch Kansas ein Sklavenstaat wird und
bleibt, dadurch die politische Macht des Nordens, dem Süden gegenüber," nur
wenig modificirt wird. Kansas würde der sechzehnte Sklavenstaat sein; die
freien Staaten sind jetzt gleichfalls sechzehn an der Zahl. Das einzige poli¬
tische Resultat, in Bezug auf die Vertretung im Congresse, wäre sonach: im
Senate Gleichheit der Anzahl der Senatoren aus den freien und aus den
Sklavenstaaten (da jeder Staat, ohne Rücksicht auf seine Größe ober Bevölke¬
rung, zwei Senatoren zum Congresse sendet); — im Repräsentantenhause
aber, wo die Bevölkerung den Maßstab der Vertretung bildet, würden einige



*) Das Manifest der „republikanischen Convention in Pittsburg an das Volk der Ver¬
einigten Staaten", vom 22. Februar -I8SS, sagt im Eingang: „Wir erklären erstens unsere
feste und unveränderliche Ergebenheit für die Verfassung der Vereinigten Staaten, für ihre
Zwecke und für die Mittel, die sie zur Erreichung derselben vorschreibt; — zweitens unsere
unerschütterliche Anhänglichkeit an diese Union amerikanischer Staaten;--wir verehren
sie als erkauft mit dem Blute unserer Väter, als Bedingung unseres Nalionalruhms, als
Schul) und Bürgschaft je»er Freiheit, die sie zu sichern bestimmt ist. Wir wollen sie verthei¬
digen n»d schützen gegen alle ihre Feinde u. s. w. — Aehuliche Erklärungen enthalten die
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[0426] Verbindlichkeiten, der Flotte, des Heeres, der Arsenale u. s. w. verknüpft sein würden, — ferner mit der furchtbaren Störung, welche die Beziehungen der zwei getrennten Unionen hinsichtlich ihres gegenseitigen Handels, ihrer Verkehr¬ straßen zu Wasser und zu Lande, ihrer Eisenbahnen, ihrer gemeinsamen indu¬ striellen Einrichtungen u. s. w. erleiden müßten. Wir haben bereits darauf aufmerksam gemacht, daß der Norden in diesem Kampfe nicht sowol ein ma¬ terielles, als ein moralisches und religiöses Interesse versieht. Um eines sol¬ chen Interesse willen .aber — obwol es bisweilen einzelne Individuen zu extremen Handlungen treibt — begeht keine ganze Nation Selbstmord. Dem Widerwillen, in den südlichen Schwesterstaaten die Sklaverei eingeführt zu wissen, und selbst dem Unwillen, sie auf Kansas ausgedehnt zu sehen, wird der Norden niemals seine Nationalgröße und das Interesse seines unerme߬ lichen Handels und Gewerbfleißes opfern.*) — Drittens darf man nicht un¬ beachtet lassen, daß der Amerikaner von jeher gewöhnt ist, in allen politischen Streitigkeiten sich ruhig der Entscheidung der Mehrheit zu unterwerfen, sobald diese auf gesetzlichem Wege erfolgt ist, — eine Eigenschaft, wodurch er sich — wir müssen das ehrlich gestehen — vor seinen germanischen Stammvettern vor¬ theilhaft auszeichnet. Er ist, so lange diese Entscheidung schwebt, Äußerst thätig und kämpft aufs eifrigste mit der Feder und der Zunge um den Sieg. Hat aber dieser sich einmal für die Gegenpartei erklärt, so macht er gute Miene zum bösen Spiel und tröstet sich mit der Hoffnung auf bessern Erfolg für das nächste Mal. Dies ist, die Frucht seiner wirklichen Anhänglichkeit an die Ver¬ fassung seines Landes. Man bemerke serner, daß, wenn auch Kansas ein Sklavenstaat wird und bleibt, dadurch die politische Macht des Nordens, dem Süden gegenüber," nur wenig modificirt wird. Kansas würde der sechzehnte Sklavenstaat sein; die freien Staaten sind jetzt gleichfalls sechzehn an der Zahl. Das einzige poli¬ tische Resultat, in Bezug auf die Vertretung im Congresse, wäre sonach: im Senate Gleichheit der Anzahl der Senatoren aus den freien und aus den Sklavenstaaten (da jeder Staat, ohne Rücksicht auf seine Größe ober Bevölke¬ rung, zwei Senatoren zum Congresse sendet); — im Repräsentantenhause aber, wo die Bevölkerung den Maßstab der Vertretung bildet, würden einige *) Das Manifest der „republikanischen Convention in Pittsburg an das Volk der Ver¬ einigten Staaten", vom 22. Februar -I8SS, sagt im Eingang: „Wir erklären erstens unsere feste und unveränderliche Ergebenheit für die Verfassung der Vereinigten Staaten, für ihre Zwecke und für die Mittel, die sie zur Erreichung derselben vorschreibt; — zweitens unsere unerschütterliche Anhänglichkeit an diese Union amerikanischer Staaten;--wir verehren sie als erkauft mit dem Blute unserer Väter, als Bedingung unseres Nalionalruhms, als Schul) und Bürgschaft je»er Freiheit, die sie zu sichern bestimmt ist. Wir wollen sie verthei¬ digen n»d schützen gegen alle ihre Feinde u. s. w. — Aehuliche Erklärungen enthalten die Manifeste aller Parteien.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/426>, abgerufen am 23.07.2024.