Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.rathet, als Rathssecretär, dann aber zehn Jahre als hamburgischer Gesandter rathet, als Rathssecretär, dann aber zehn Jahre als hamburgischer Gesandter <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0354" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/102949"/> <p xml:id="ID_1158" prev="#ID_1157" next="#ID_1159"> rathet, als Rathssecretär, dann aber zehn Jahre als hamburgischer Gesandter<lb/> bei Cromwell fungirt. Er wurde im Jahre 1668 Bürgermeister, ein würdiger,<lb/> staatskluger, gemäßigter und redlicher Herr, wohlerfahren in allen Welt¬<lb/> händeln und im Regiment seiner guten Stadt, ein glücklicher Gatte und Fa¬<lb/> milienvater. Von ihm ist eine Reihe Briefe an einen seiner Söhne erhalten,<lb/> der im Jahr 1680 als Compagnon in ein lissaboner Geschäft trat; und<lb/> diese Briefe sind vortrefflich von einem seiner Nachkommen in diesem Jahre^<lb/> herausgegeben worden: Briefe des hamburgischen Bürgermeisters Johann<lb/> Schulte I^t. an seinen in Lissabon etablirten Sohn Johann Schulte, geschrie¬<lb/> ben in den'Jcchren 1680 —168S. Hamburg, Perthes Besser und Maule. —<lb/> Diese Briefe enthalten eine Menge von belehrenden Einzelheiten. Am interessan¬<lb/> testen aber ist der hübsche Einblick in das Familienleben der damaligen Zeit,<lb/> in das Verhältniß eines Vaters zu seinen Kindern. Große Herzlichkeit und<lb/> Innigkeit der Empfindung von beiden Seiten, aus Seiten des Vaters die<lb/> ruhige Würde und die Weisheit des vielerfahrener Mannes, ein starkes ^Gefühl<lb/> seiner distinguirten Stellung; überall erkennt man ein festes Zusammenhalten<lb/> der Familienmitglieder, welche bei allen unvermeidlichen Zwistigkeiten im In¬<lb/> nern gegen außen einen festgeschlossenen Kreis bilden. Es war damals eine<lb/> Reise'nach Lissabon und eine vieljährige Trennung vom elterlichen Hause für<lb/> den Scheidenden eine gar große Sache. Als der Sohn nach seiner Abreise<lb/> unter Thränen und den frommen Segenswünschen der Eltern und Geschwister<lb/> in Curhaven durch widrige Winde zurückgehalten wird, sendet ihm der Vater<lb/> noch, schnell nach „ein kleines Gebetbuch, nom ein Buch, die lustige Gesell¬<lb/> schaft genannt, und Gottfried Schutzes cdronioa, dann auch eine Schachtel<lb/> mit crsmor wrtku- und eine blaue Kruke mit Tamarinden und eingemachten<lb/> Citronenschalen für das Uebelwerden," der Sohn erinnert sich noch während<lb/> der Fahrt, daß er seinem Bruder drei Mark sechs Schilling schuldig geblieben<lb/> ist, und bittet ängstlich, daß die Mutter ihm die Summe von den acht Thalern ab¬<lb/> ziehen möge, die sie von ihm in Verwahrung hat. Der Vater bemerkt dagegen frei¬<lb/> gebig, die acht Thaler sollten ihm unverkürzt aufgehoben werden, der Sohn wisse<lb/> wohl, daß es seiner Mutter auf drei Mark nicht ankomme. Seit der Sohn<lb/> in Lissabon etablirt ist, gehen regelmäßige Sendungen nach Lissabon, von<lb/> zerbster und Hamburger Bier, geräuchertem Fleisch, Butter, so wie Recepte<lb/> gegen Krankheiten, und was sonst die Sorge der Hausfrau dem entfernten<lb/> Sohne in der Fremde zuwenden möchte, der Sohn dagegen schickt Sinaäpsel<lb/> zurück und Fäßchen mit Wein. Pflichtgetreu erzählt der Vater dem Sohn die<lb/> Veränderungen, welche in der Familie und der Bürgerschaft der guten Stadt<lb/> Hamburg vorgefallen sind, und eifrig ist er bemüht, dem Sohne Austräge<lb/> und Commissionsartikel von seinen Hamburger Freunden zuzuweisen. Bald<lb/> gesteht der Sohn den Eltern aus der Fremde, daß er ein Mädchen in Ham-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0354]
rathet, als Rathssecretär, dann aber zehn Jahre als hamburgischer Gesandter
bei Cromwell fungirt. Er wurde im Jahre 1668 Bürgermeister, ein würdiger,
staatskluger, gemäßigter und redlicher Herr, wohlerfahren in allen Welt¬
händeln und im Regiment seiner guten Stadt, ein glücklicher Gatte und Fa¬
milienvater. Von ihm ist eine Reihe Briefe an einen seiner Söhne erhalten,
der im Jahr 1680 als Compagnon in ein lissaboner Geschäft trat; und
diese Briefe sind vortrefflich von einem seiner Nachkommen in diesem Jahre^
herausgegeben worden: Briefe des hamburgischen Bürgermeisters Johann
Schulte I^t. an seinen in Lissabon etablirten Sohn Johann Schulte, geschrie¬
ben in den'Jcchren 1680 —168S. Hamburg, Perthes Besser und Maule. —
Diese Briefe enthalten eine Menge von belehrenden Einzelheiten. Am interessan¬
testen aber ist der hübsche Einblick in das Familienleben der damaligen Zeit,
in das Verhältniß eines Vaters zu seinen Kindern. Große Herzlichkeit und
Innigkeit der Empfindung von beiden Seiten, aus Seiten des Vaters die
ruhige Würde und die Weisheit des vielerfahrener Mannes, ein starkes ^Gefühl
seiner distinguirten Stellung; überall erkennt man ein festes Zusammenhalten
der Familienmitglieder, welche bei allen unvermeidlichen Zwistigkeiten im In¬
nern gegen außen einen festgeschlossenen Kreis bilden. Es war damals eine
Reise'nach Lissabon und eine vieljährige Trennung vom elterlichen Hause für
den Scheidenden eine gar große Sache. Als der Sohn nach seiner Abreise
unter Thränen und den frommen Segenswünschen der Eltern und Geschwister
in Curhaven durch widrige Winde zurückgehalten wird, sendet ihm der Vater
noch, schnell nach „ein kleines Gebetbuch, nom ein Buch, die lustige Gesell¬
schaft genannt, und Gottfried Schutzes cdronioa, dann auch eine Schachtel
mit crsmor wrtku- und eine blaue Kruke mit Tamarinden und eingemachten
Citronenschalen für das Uebelwerden," der Sohn erinnert sich noch während
der Fahrt, daß er seinem Bruder drei Mark sechs Schilling schuldig geblieben
ist, und bittet ängstlich, daß die Mutter ihm die Summe von den acht Thalern ab¬
ziehen möge, die sie von ihm in Verwahrung hat. Der Vater bemerkt dagegen frei¬
gebig, die acht Thaler sollten ihm unverkürzt aufgehoben werden, der Sohn wisse
wohl, daß es seiner Mutter auf drei Mark nicht ankomme. Seit der Sohn
in Lissabon etablirt ist, gehen regelmäßige Sendungen nach Lissabon, von
zerbster und Hamburger Bier, geräuchertem Fleisch, Butter, so wie Recepte
gegen Krankheiten, und was sonst die Sorge der Hausfrau dem entfernten
Sohne in der Fremde zuwenden möchte, der Sohn dagegen schickt Sinaäpsel
zurück und Fäßchen mit Wein. Pflichtgetreu erzählt der Vater dem Sohn die
Veränderungen, welche in der Familie und der Bürgerschaft der guten Stadt
Hamburg vorgefallen sind, und eifrig ist er bemüht, dem Sohne Austräge
und Commissionsartikel von seinen Hamburger Freunden zuzuweisen. Bald
gesteht der Sohn den Eltern aus der Fremde, daß er ein Mädchen in Ham-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |